Robert Habecks größter Fehler war "keinesfalls das Heizungsgesetz"
Robert Habeck teilt zum Abschied noch mal so richtig aus. Rechtzeitig, bevor sich seine Wähler fragen, für welche Leistungen er im Bundestag denn seine Abgeordnetendiäten bekommt, wo es ihn erklärtermaßen an mehrere Universitäten zieht, kündigt er seinen Abschied aus dem deutschen Parlament an. Sein Mandat gibt er zum 1. September zurück. In einem Interview mit der "Tageszeitung" ("taz") teilt er gegen seine politischen Gegner und Nachfolger aus.

Grüner Ex-Vizekanzler Robert Habeck verlässt den Bundestag
CSU-Chef Markus Söder und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) wirft Habeck Kulturkampfinszenierungen als Ablenkungsmanöver vor. "Die realen Probleme bleiben unbearbeitet", das sei der Zweck dieses Vorgehens, wird der ehemalige Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat der Grünen zitiert, die bei der jüngsten Bundestagswahl 11,6 Prozent der Wählerstimmen holten.
"Natürlich hat Habeck in seiner Regierungszeit Fehler gemacht, sogar schwere"
Besonders stören Habeck dabei Videos und Selfies mit Fleisch- und Wurstwaren, die Söder nicht müde wird zu posten, auf Instagram unter dem Hashtag #söderisst. Habeck nannte dies ein "fetischhaftes Wurstgefresse".
Der Abgang des prominenten Grünen aus der Politik und sein Abschied aus dem Parlament finden in der Presse eine Menge Widerhall. Hier ein paar Beispiele.
"Süddeutsche Zeitung": "Habecks größter Fehler war keinesfalls das Heizungsgesetz – schon deshalb nicht, weil monatelang eine Fassung beschimpft wurde, die längst kassiert war. Was schließlich kam, war ein staatlicher Anreiz, Gasthermen durch Wärmepumpen zu ersetzen. Habeck hat sich ernsthaft an die Energiewende gewagt. Dadurch hat er sich ums Land verdient gemacht. Dies unterscheidet ihn von denen, die 'fetischhaftes Wurstgefresse' bereits für Politik halten. Sein größter Fehler, das war seine Vornehmheit. Die Angriffe auf sich ließ er viel zu lange unpariert – bis die Grünen in einer Ecke waren, aus der sie keinen Ausweg mehr fanden."

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"Südwestpresse": "Es ist löblich, dass er damit auch im letzten Schritt Verantwortung für das Wahlergebnis übernimmt. Selten genug im aktuellen politischen Klima. Doch auch wenn Habeck seinen Wahlkampf mit Blick auf die politische Mitte und ehemalige Merkel-Wähler führen durfte, sollten die Grünen aus dem Scheitern nicht die falschen Schlüsse ziehen. Habeck hatte als Vizekanzler zu wenig Unterstützung aus seiner Fraktion, immer wieder wurden die komplizierten Kompromisse auch von den Grünen torpediert.
Zu einem Gewinner wurde Habeck ironischerweise in den Koalitionsverhandlungen – ohne dass er sich davon etwas kaufen konnte. Er wurde im Wahlkampf für seine Forderung nach einem Sondervermögen für die Infrastruktur abgekanzelt – Schwarz-Rot hat dann einfach eine Null an Habecks 50 Milliarden Euro drangehängt. So hart kann Politik sein – vielleicht zu hart für einen sensiblen Geist wie Robert Habeck."
NDR-Info: "Robert Habeck war ein Politiker, der Fehler zugeben konnte. Aber er ist kein Mann der zweiten Reihe. Deshalb verlässt er nun den Bundestag."
"Die Zeit": "Natürlich hat Habeck in seiner Regierungszeit Fehler gemacht, sogar schwere, vom Wärmepumpen-Desaster über die Einstellung der Förderung von E-Autos bis zu dem einen oder anderen Auftritt, bei dem er die Grenze überschritt zwischen seiner Fähigkeit, Politik anders zu kommunizieren als andere, und allzu großer Selbstverliebtheit – gewohnt lässig selbstredend. Seine größte Leistung wiegt dies aber mehr als auf.

FRIED - BLICK AUS BERLIN Tschüss, Herr Habeck – es war nicht immer leicht
Nach dem Stopp der Gaslieferungen aus Russland infolge des Einmarsches von Putins Truppen in die Ukraine hat der Wirtschafts- und Klimaminister Habeck urgrüne Überzeugungen über Bord geworfen und so pragmatisch-ideologiefern gehandelt, dass der von vielen befürchtete Kältewinter 2022/23 ausblieb."
"Berliner Morgenpost": "Habeck als nachdenklicher Erklärer von Regierungshandeln, der mit seinen Videos dem spröden und verschlossenen Scholz Konkurrenz machte. Viele Menschen begeisterte Habeck damit – anderen ging er mit seinem öffentlichen Zagen gehörig auf den Keks."
"Tagesschau.de": "Der, der mit dem Slogan 'Ein Mensch. Ein Wort' angetreten war, zieht sich nun zurück – nicht ohne auszuteilen. Im Interview mit der taz kritisierte Habeck indirekt die aktuelle schwarz-rote Bundesregierung. Es dominierten Symboldebatten und Kulturkampf, während wichtige soziale und wirtschaftliche Probleme kaum gelöst würden. Außerdem findet er, dass Bundestagspräsidentin Julia Klöckner Konflikte nicht zusammenführe, was Polarisierung fördere. Stichwort: die Diskussion um die Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude."
Quellen: "Süddeutsche.de", "Die Zeit", "Tagesschau.de", MDR.de, NDR, Bundeswahlleiterin.de, "Taz.de"
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