„Ich will nicht wie ein Gespenst über die Flure laufen“ – Habeck verlässt den Bundestag
Grünen-Politiker Robert Habeck will in Kürze sein Bundestagsmandat niederlegen. Der „taz“ sagte Habeck: „Ich habe an diesem Montag dem Bundestagspräsidium mitgeteilt, dass ich zum 1. September mein Bundestagsmandat zurückgeben werde.“ Er müsse zunächst „Abstand zu dem zu engen Korsett des Berliner Politikbetriebs gewinnen“, so Habeck. „Ich will weder ein höhnisch-zynischer Kommentator sein, noch will ich wie ein Gespenst über die Flure laufen und sagen: Früher war ich mal Vizekanzler, erinnert ihr euch?“ Den Politiker zieht es ins Ausland.
Habeck hatte nach der Bundestagswahl im Februar, in die er als Kanzlerkandidat seiner Partei gegangen war, angegeben, keine Führungsposition in seiner Partei mehr wahrnehmen zu wollen. „Dieses Ergebnis entspricht nicht meinen Erwartungen“, sagte Habeck. Die Grünen hatten mit 11,6 Prozent einen herben Rückschlag einstecken müssen. Die Partei werde sich neu aufstellen. „Ich werde keine führende Rolle in den Personaltableaus der Grünen mehr beanspruchen oder anstreben.“
Nachdem Habeck ursprünglich angedeutet hatte, sich aus der Führung seiner Partei zurückzuziehen, hatten fast eine halbe Million Menschen versucht, ihn in einer Petition zum Bleiben zu bewegen. „Wegen der Petition habe ich mir Zeit zum Überlegen genommen“, sagte Habeck. „Dafür bin ich wirklich dankbar.“
Es habe einen Moment gegeben, in dem sich sein Rückzug „quasi entschieden“ habe: „Als Friedrich Merz seine Regierungserklärung vor den Sommerferien gehalten hat, da hat er quasi meine Wahlkampfrede gehalten.“ Merz habe etwa dafür plädiert, die Schuldenbremse zu lockern, um Verteidigung und Infrastruktur zu finanzieren. Er selbst, so Habeck, habe im Plenum gesessen, geklatscht und gelacht. Das sei jedoch „auch ein Auslachen“ gewesen, und Auslachen sei „keine Lösung“.
Habeck diagnostizierte der neuen Bundesregierung eine Politik, die in dieser Form dazu führen werde, dass Union und SPD nach dieser Legislaturperiode keine Mehrheit mehr hätten. Und: „Politisch gewollte demokratische Alternativen sind nicht im Angebot. Schwarz-Grün ist von der Union – Merz, Söder, Spahn, Klöckner – verächtlich gemacht und zerstört worden. Und die sind ja alle politisch befördert worden, haben also noch mehr zu sagen in der Union. Da muss ein neuer Ansatz gefunden werden.“
Die Bundesregierung bilde „jeweils die parteipolitischen oder die sie tragenden Lobbygruppen ab“, so Habeck. „Am deutlichsten zu sehen ist das bei Klöckner oder bei Spahn.“ Und auch CSU-Chef Markus Söder gab er bei einer Frage nach kulturkämpferischen Verhaltensweisen noch eine rhetorische Ohrfeige mit: „Dieses fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder ist ja keine Politik.“
Sein Bundestagsmandat habe er am Ende auch nicht bei Julia Klöckner zurückgegeben, der Bundestagspräsidentin, sondern bei ihrem Vize – und Habecks Grünen-Parteifreund – Omid Nouripour. Klöckner, so Habeck, sei „noch nie in der Lage“ gewesen, „Dinge zusammenzuführen“: „Sie hat immer nur polarisiert, polemisiert und gespalten. Insofern war von Anfang an klar, dass sie eine Fehlbesetzung ist. Inzwischen sagen selbst Leute aus der Union, dass Merz sie nur zur Präsidentin gemacht hat, um sie von einem Ministerposten fernzuhalten, auf dem sie noch mehr Schaden anrichtet.“
Sein Rückzug aus dem Bundestag sei „kein Rückzug aus dem politischen Diskurs“ oder von seiner Partei, stellte Habeck in der „taz“ weiter klar. „Wenn ich glaube, Interessantes beitragen zu können, werde ich das sagen“, kündigte er an. Zunächst wolle er aber „an verschiedenen ausländischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen forschen, lehren und lernen“. Er plane „eine neue Geschichte“. Das sei aber keine Flucht aus Deutschland, sondern „eine Horizonterweiterung, ein Perspektivwechsel“.
„In Worten kaum auszudrücken“, schwärmt die Grünen-Spitze über Habeck
Habeck bestätigte eine geplante Tätigkeit an der Universität Berkeley in Kalifornien. Als weitere Einrichtung nannte er das Dänische Institut für Internationale Studien in Kopenhagen. Weitere Stationen sollen demnach dazukommen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge bedauerten das Ausscheiden Habecks aus dem Bundestag. „Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei Robert Habeck für seine Arbeit“, erklärten sie in Berlin. Dank und Anerkennung äußerten auch die Grünen-Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak. „Was Robert Habeck in den letzten Jahrzehnten für Deutschland und die bündnisgrüne Partei geleistet hat, ist in Worten kaum auszudrücken“, hoben sie hervor.
Habeck gehörte seit 2021 dem Bundestag an. In der Zeit der Ampel-Regierung war er Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzler. Zuvor war er seit 2018 Parteichef der Grünen gewesen.
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