Ist Friedrich Merz am Ende?
Die Stimmung war schlecht. Gerade war die Union in ein Umfragetief gestürzt, unter 30 Prozent. Die Deutschen waren zutiefst unzufrieden mit der Regierung. Die neue Kanzlerin schien mit ihrem Führungsstil zu scheitern, bevor sie richtig begonnen hatte.
Das war im November 2006. Angela Merkel war damals seit einem Jahr Chefin einer großen Koalition. Nicht viele hätten zu diesem Zeitpunkt darauf gewettet, dass diese Frau mehr als eine Legislatur überstehen würde. Wenn überhaupt.

Unruhe in der Union Ein Kanzler als Ich-AG
Klingt das vertraut? Es ist derselbe Sound, der jetzt wieder angestimmt wird. Friedrich Merz ist seit knapp 100 Tagen Kanzler einer schwarz-roten Koalition, und die Umfragen sind schlecht für die Union. Vor allem sein Führungsstil kommt nicht gut an.
Das sollte Friedrich Merz Sorgen machen
Ja, es gibt für Merz Grund zur Sorge. Dass er entgegen seinem Wahlversprechen ein milliardenschweres Schuldenpaket durchdrückte, hat viele in seiner Partei verstört. Seine einsame Entscheidung, vorerst keine Waffen mehr an Israel zu liefern, die in Gaza benutzt werden könnten, ist eine noch größere Zumutung, denn sie rührt an einem Kern der christdemokratischen Identität, dem Bekenntnis zur Staatsräson.
Hinzu kommt, dass in unserer emotionalisierten Mediendemokratie jede dieser Entscheidungen unmittelbar im öffentlichen Raum unter großem Getöse seziert und bewertet wird.
Schnell kann so der Eindruck entstehen, dass "der Neue" es einfach nicht kann. Und zeigen die Umfragen nicht, dass er immer mehr die Menschen verliert?

Stopp der Waffenexporte Merz' Zeitenwende sorgt in der Union für Entsetzen
In der Tat macht Merz Fehler. Einen so massiven Eingriff in die DNA der Union wie seine Israel-Entscheidung hätte er besser absprechen und vorbereiten müssen. Robert Habeck ging es in Sachen Heizungsgesetz damals ähnlich.
Nur gehört es zur Natur der Dinge, dass ein neuer Regierungschef auch Fehler macht. Dass er seine Rolle erst finden muss. Dass er dazulernen muss.
Wer geglaubt hat, dass unter Friedrich Merz in der CDU nur noch Friede, Freude, Eierkuchen herrschen würde, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann. Oder daran, dass eine Ehe am Ende ist, wenn es mal Meinungsverschiedenheiten oder gar Streit gibt.
Wann es für Merz kritisch würde
Auch wenn die CDU geschrumpft ist, ist sie in ihrer Struktur immer noch eine Volkspartei, die verschiedene Strömungen vereint, vom liberalen Flügel bis zum erzkonservativen. Das heißt im Umkehrschluss, dass nicht alle Entscheidungen des Kanzlers bei allen gleich gut ankommen, sondern immer bei der einen oder anderen Gruppe Widerspruch und Widerstand hervorrufen werden.

Israel-Politik Merz, der einsame Kanzler: "Ich verantworte das allein"
Kritisch würde es für Merz erst dann, wenn eine Mehrheit seiner Partei sich gegen ihn wenden würde und nicht mehr bereit wäre, ihn zu unterstützen. Dieser Punkt ist in der CDU noch lange nicht erreicht. Und wer die psychologische Verfasstheit des Kanzlerwahlvereins länger studieren durfte, der kann auch Zweifel hegen, dass dieser Punkt jemals erreicht sein wird.
Gefühle sind keine Prophezeiungen
Es sei denn, die Wähler würden Merz abhandenkommen. Vom erfolglosen Armin Laschet sagte sich die Union auch erst nach einer gescheiterten Bundestagswahl los. Doch bis zu diesem Test hat Merz voraussichtlich noch fast vier Jahre Zeit.
Abgesänge auf Friedrich Merz mögen interessant und unterhaltsam sein. Sie mögen sich auch zutreffend anfühlen. Nur sind Gefühle in diesem Fall noch lange keine Prophezeiungen.
Deshalb lohnt es sich, nüchtern auf die Dinge zu blicken. Kann Merz scheitern? Natürlich! Ist er schon gescheitert? Keinesfalls! Er macht vielmehr das, wofür er angetreten ist: Er führt. Also genau das, was so viele derjenigen, die jetzt Merz kritisieren, bei seinem Vorgänger Olaf Scholz vermisst haben.
Und damit zurück zum Umfragetief von Angela Merkel im November 2006. Nicht einmal ein Jahr später, im Juli 2007, schlagzeilte die "Süddeutsche Zeitung": "Merkels vergnüglicher Sommer". Plötzlich lag die Union in den Umfragen bei 40 Prozent, die Kanzlerin selbst an erster Stelle in der Popularität. Merkel habe sich "durchgesetzt", attestierten die Kommentatoren.
Die düsteren Prognosen zu ihrer Kanzlerschaft, die Abgesänge auf eine Scheiternde? Schnee von gestern. Zumindest bis zum nächsten Umfragetief.
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