Es ist Zoll-Tag! Nein, doch nicht. Die Lage am Morgen
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!
Diesen Tag dürfte Donald Trump herbeigesehnt haben wie ein Kind Weihnachten. Andere Länder haben ihn gefürchtet. Nun ist er da, der 1. August, an dem Trump die Zoll-Keule schwingen wollte wie sonst seine Golfschläger. Wobei … damit muss der Präsident noch ein wenig warten.
Ab diesem Freitag sollten die neuen US-Zölle für die Europäische Union, Japan und andere wichtige Handelspartner gelten, von denen sich Trump ein Florieren der heimischen Wirtschaft erhofft. Eigentlich.
Donald Trumps Zoll-Schlacht beginnt – mit Verspätung
Denn das Inkrafttreten wurde verschoben, auf den 7. August. Grund sei, so ein US-Beamter, dass die Grenz- und Zollbehörden Zeit brauchen, um das neue System umzusetzen. Das gilt auch für die Zölle auf Waren aus der EU.
Die EU, aber auch Japan und Südkorea können also noch ein paar Tage durchatmen, bevor die 15 Prozent Zölle auf ihre Produkte zuschlagen.
Andere Länder dürften sich über den Aufschub wohl noch mehr freuen als über einen aufgeschobenen Zahnarzttermin. Brasilien zum Beispiel, für das Trump saftige 50-Prozent-Zölle angekündigt hatte. Indien soll 25 Prozent berappen, mit der Drohung, dass es sogar 100 Prozent werden könnten. Eine Drohung, die auch über China und Brasilien schwebt, weil sie günstiges Öl aus Russland beziehen.

Börsen-Chaos Wie kam Donald Trump auf seine Zollidee? Ein (leider wahres) Märchen
Kanada drohen 35 Prozent. Trump erklärte, die geplante Anerkennung eines Palästinenserstaats durch den G7-Staat erschwere ein Handelsabkommen erheblich. Länder ohne Handelsabkommen mit den USA sollen laut Weißem Haus über die künftigen Bedingungen informiert werden. Länder ohne Abkommen mit den USA können sich auf eine allgemeine Zollrate von zehn Prozent einstellen – Australien etwa.
Mexiko hingegen genießt Trumps Gnade: Er stimmte einer Fristverlängerung um 90 Tage zu. Am Telefon einigten sich er und seine mexikanische Amtskollegin Sheinbaum auf weitere Verhandlungen. Bis dahin zahlt Mexiko die bisherigen Zölle: 25 Prozent auf Autos und bestimmte Waren sowie 50 Prozent auf Stahl, Aluminium und Kupfer – aber es gibt zumindest keine Extra-Abgaben.
Die rechtliche Grundlage für die Zölle bleibt allerdings umstritten. Trump greift auf ein Notstandsgesetz von 1977, um wegen des Handelsdefizits einen Notstand auszurufen und "reziproke" Zölle sowie einen separaten Fentanyl-Notstand zu verhängen. Berufungsrichter prüfen derzeit die Rechtmäßigkeit. Ende Mai hatte ein Berufungsgericht die Blockade fast aller Zölle, die eine niedrigere Instanz zuvor angeordnet hatte, vorerst aufgehoben.
US-Medien berichten, die Richter sehen Trumps Vorgehen äußerst skeptisch. Ein Richter bemängelte, dass das Wort "Zölle" im Notstandsgesetz nicht einmal vorkommt. Bis zu einer Entscheidung könnten laut "Washington Post" noch Wochen vergehen, und selbst dann könnte der Streit weitergehen – bis vor den Obersten Gerichtshof. Keine rosigen Aussichten für die Staatengemeinschaft. Außer für Donald Trump versteht sich.
Das deutsche Rentensystem, ein Auslaufmodell
Vor einigen Tagen schrieb ich hier im morgen|stern schon über die Forderungen unserer Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche: Wir sollten länger und mehr arbeiten, da unser Rentensystem unter den aktuellen Bedingungen nicht lange durchhalte. Damit zog sie ordentlich Kritik auf sich, auch in den eigenen Reihen und der Koalition – aber erhielt auch Lob. Die Debatte um unser Rentensystem hat an Fahrt aufgenommen.
Ein Papier des Ifo-Instituts heizt die Diskussion weiter an und zeigt: Es ist fünf vor zwölf. Eine Gruppe von Ökonomen warnt vor einer "dramatischen demografischen Herausforderung" und fordert die Politik zu Reformen auf.
"Eine umfassende Reform des deutschen Rentensystems ist unausweichlich. Bislang wurden die schweren Entscheidungen in die Zukunft verlagert, was jedoch die Problematik weiterhin verschärft", hieß es in dem Papier der Gruppe um den Direktor des Ifo-Instituts in Dresden, Marcel Thum, und den Wirtschaftsweisen Martin Werding, das der "Rheinischen Post" vorlag.

Lindner-Blockade Das Rentensystem belastet vor allem die Jungen – aber auch Ältere sollten privat vorsorgen
Die Forscher, die das Papier im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung erstellten, schlagen vor, die Rente mit 63 abzuschaffen, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln, den Nachhaltigkeitsfaktor zu stärken und Bestandsrenten an die Inflation anzupassen. Nur so ließen sich die Ausgaben der Rentenversicherung bis 2050 bei rund zehn Prozent des Sozialprodukts stabilisieren, argumentieren sie.
Andernfalls könnten die Kosten für die gesetzliche Rentenversicherung auf mehr als elf Prozent ansteigen, warnten sie.
"Ohne Reformen droht der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2050 von 18,6 Prozent auf 22 Prozent zu steigen – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Unternehmen", sagte Studienautor der "Rheinischen Post". Besonders die jüngeren Generationen werden das spüren, falls nichts geschieht.
Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, ein tragfähiges Rentenkonzept zu entwickeln, doch der Koalitionsvertrag von Union und SPD hält an einem Rentenniveau von 48 Prozent und der Beibehaltung der Rente mit 63 fest. Damit wächst der Kostendruck auf die Rentenversicherung – genau das, wovor die Ifo-Forscher warnen.
Der Handlungsdruck steigt. Die Regierung muss schnell eine Lösung finden, die künftige Generationen entlastet und gleichzeitig stabile Renten für heutige Rentnerinnen und Rentner sichert. Das Problem weiter aufzuschieben, verschärft die Lage nur. Denn sonst sind die Renten alles andere als sicher – und das könnte uns teuer zu stehen kommen.
Die größten Verlierer der neuen Regierung
Seit knapp drei Monaten regiert Merz mit seinem Kabinett Deutschland. Wer schneidet schlecht ab und wer hat überrascht? Schon jetzt zeichnen sich erste Verlierer und Gewinner ab. Die stern-Reporter Miriam Hollstein und Veit Medick analysieren, wer positiv überrascht und für wen es schlechter läuft als gedacht – in unserem Podcast "5-Minuten-Talk":
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Mal was Positives
Männliche Metal-Fans fallen oft durch wallende Mähnen und lange Bärte auf – und erinnern so an raue Wikinger. Doch sie haben auch große Herzen, wie eine Aktion auf Wacken gerade beweist. Hier, wo die Pommesgabel im Schlamm zum Gruß erhoben wird, kann man nämlich auch Gutes tun. Rund zwei Dutzend Friseurinnen und Friseure der "Barber Angels Brotherhood" schneiden Festivalbesuchern die Haare – gegen eine Spende. "Die Beträge reichen von 10 bis 200 Euro", erzählt Lisa vom Friseurclub. "Manche haben sogar 100 Euro nur fürs Bartflechten dagelassen." Zum fünften Mal ist der Verein auf dem Festival dabei. Ihr improvisierter Barber-Shop ist stets gut besucht. Täglich bedienen sie etwa 50 bis 100 Mosher.
Die "Barber Angels Brotherhood" wurde 2016 in Schwaben gegründet und bietet Bedürftigen regelmäßig kostenlose Haarschnitte an. Die Spenden der Wacken-Besucher fließen je zur Hälfte an die Wacken Foundation und den Verein. Mit dem Geld kauft der Club Pflegeprodukte für Bedürftige. "Wir sind eigentlich normalerweise auf der Straße oder in Suppenküchen", sagt Lisa. Dort schneiden sie Obdachlosen und anderen Bedürftigen die Haare. Aus den gespendeten Zöpfen der Metal-Fans entstehen außerdem Perücken für krebskranke Kinder.
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Ömer Toprak erlitt als junger Fußballer einen schweren Brandunfall. Eine Amputation drohte. Hier erzählt er erstmals, wie er sich vom Krankenbett zurück in die Bundesliga kämpfte:

Ömer Toprak Er ging in Flammen auf, seine Haut verbrannte. Trotzdem wurde er Fußballprofi
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Rune Weichert
mit Material der Agenturen AFP, DPA und Reuters- Donald Trump
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