Klingbeil steht vor seiner Feuerprobe als Finanzminister
Nützt ja nichts, es ist sowieso für alle ersichtlich, also redet auch Lars Klingbeil nicht drumherum. Nun habe man zwei Haushaltsentwürfe in kürzester Zeit aufgestellt, lobt sich der Finanzminister, räumt aber auch ein: Der für 2027 kommt erst noch – und wird richtig schmerzhaft für Schwarz-Rot.
Nun, so drastisch hat es der oberste Kassenwart der Koalition bei der Präsentation seiner Finanzplanung am Mittwochmittag zwar nicht formuliert, es wäre aber nicht übertrieben gewesen. Denn das, was da auf Union und SPD zukommt, ist mit dem Begriff "massive Herausforderungen" (Klingbeil) recht tiefgestapelt. Es wird politische Schwerstarbeit; ein enormer Kraftakt – und eine Bewährungsprobe. Für den Finanzminister, aber auch für die Koalition insgesamt.

Klingbeil in Litauen Ein Spar-Appell und weitere Botschaften vom Bundesallesminister
Bis 2029 fehlen Schwarz-Rot 172 Milliarden Euro, schon im kommenden Jahr – wenn der Haushalt für 2027 aufgestellt wird – müssen 34,3 Milliarden zusammengekratzt werden. Wie der "Handlungsbedarf", also die ungedeckten Schecks, aufgelöst werden soll? Noch unklar. Ohne Entbehrungen im großen Stil wird es nicht gehen, soviel ist sicher.
Für Lars Klingbeil geht es um seine Autorität
Es dürfte daher kein Zufall sein, dass Klingbeil vorsorglich und mehrmals darauf verweist, dass sich die Milliardenlücke bereits während der Koalitionsverhandlungen abgezeichnet hätte. Das soll die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen, nach der Devise: Soll ja niemand sagen, er oder sie habe nicht gewusst, dass die Rekordinvestitionen (vor allem durch Schulden) mit einem rigiden Sparkurs (im Kernhaushalt) einhergehen müssen.

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"Das wird eine der größten innenpolitischen Herausforderungen, die wir jetzt in den nächsten zwölf Monaten zu bewältigen haben", sagt Klingbeil. Er weiß genau: auch für ihn selbst.
Klingbeil muss seine Kabinettsmitglieder nun auf einen harten Sparkurs einschwören, der praktisch nur Verlierer kennt. Der Finanzminister bringt es auf diese Formel: Jeder und jede müsse sparen, alle müssten sich bewegen, es brauche einen "Mix aus vielen Maßnahmen", damit man den Haushalt 2027 hinbekomme. Anders formuliert: Wenn der Masterplan, der noch erdacht werden muss, nicht jedem weh tut, dann taugt er auch nichts.

Klingbeils Dilemma Der Finanzminister schwimmt in Geld – und muss trotzdem sparen
Aber werden sich auch alle bewegen – oder drohen erbitterte Verteilungskämpfe um jede einzelne Milliarde? Sparen, kürzen und streichen sind ohnehin keine Vokabeln, die Glücksgefühle auslösen. Schon gar nicht in einem bevorstehenden Superwahljahr, das auch Koalitionspartner anfällig macht, vor allem den eigenen Vorteil im Blick zu haben.
Kann sich Schwarz-Rot zusammenreißen?
Klingbeil steht damit eine Geduldsprobe bevor, die sich zur Machtprobe hochschaukeln könnte. An der Frage, ob sich alle hinter seinem Spar-Appell versammeln, hängt schließlich auch seine Autorität als Finanzminister und Vizekanzler. Wie es nicht laufen sollte, hat der SPD-Chef hautnah miterlebt.
In der Ampel-Koalition hatte sich Kanzler Olaf Scholz in die Haushaltsgespräche eingeschaltet und damit verbrieft, dass a) sein Finanzminister nicht genügend Prokura hat und b) die Sache ziemlich festgefahren ist. Die Ampel hat es trotzdem zerlegt – wegen einer deutlich kleineren Haushaltslücke, als Schwarz-Rot sie nun zu schließen hat.
Klar, in dieser unheilvollen Gemengelage liegt auch eine Chance. Die Koalition kann den Beweis erbringen, dass sie auch in schwierigen Situationen beisammensteht. Daran hatte es zuletzt Zweifel gegeben, siehe die vergeigte Karlsruher Richterwahl. Nehmen alle Kabinettsmitglieder die "Aufgabenkritik" ernst, wie es im Fachjargon heißt, und machen selbstkritisch Einsparvorschläge, dürfte das den schwarz-roten Gemeinschaftsgeist stärken. Der Finanzminister Klingbeil kann derweil zeigen, dass er nicht nur Rekordinvestitionen kann, sondern auch konsolidieren und ein solider Haushälter ist.

Finanzminister Kabinett beschließt Haushaltsentwurf – Klingbeil verteidigt hohe Neuverschuldung
Doch, wie gesagt, diesen Beweis muss Schwarz-Rot erst erbringen. Die schiere Anzahl an Expertenkommissionen – ob für die Rente, Pflege, Gesundheit oder Schuldenbremse – lässt daran erhebliche Zweifel aufkommen. Absehbare Konflikte hat die Koalition vorsorglich ausgelagert, womöglich in der Hoffnung, sich bei schmerzhaften Entscheidungen und daraus resultierenden Einschnitten auf die Expertenmeinungen zurückziehen zu können.
Am Ende soll ein Gesamtpaket dafür sorgen, dass die Milliardenlücke geschlossen werden kann. Klingbeil pocht dabei auf die Ergebnisse der Kommission, Einsparvorschläge aus den Ministerien und will auch einen kritischen Blick auf Subventionen werfen. Die abschließende Antwort, wie man "jeden einzelnen Euro" wirksamer ausgeben könne, wie der Finanzminister sagt, liegt aber vor allem in seinem Verantwortungsbereich.
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