Merz pocht auf Waffenstillstand im Gazastreifen
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat erneut mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu telefoniert und auf eine Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen gedrungen. "Der Bundeskanzler brachte seine große Sorge zur katastrophalen humanitären Lage in Gaza zum Ausdruck. Er forderte Premierminister Netanjahu auf, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um umgehend einen Waffenstillstand zu erreichen", teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit.

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Merz habe Netanjahu dazu aufgerufen, der hungernden Zivilbevölkerung im Gazastreifen die dringend notwendige humanitäre Hilfe jetzt zukommen zu lassen. "Den von der israelischen Regierung angekündigten Maßnahmen müssten nun rasch substanzielle weitere Schritte folgen", hieß es aus Berlin. Die Bundesregierung wolle in den nächsten Tagen in Absprache mit den E3 (Frankreich und Großbritannien), anderen europäischen Partnern, den USA und den arabischen Staaten entscheiden, wie sie zu einer Verbesserung der Lage beitragen könne.
Staatengemeinschaft bei Zweistaatenlösung uneins
Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten bereits am Freitag eine Erklärung veröffentlicht, in der sie eine sofortige Waffenruhe im Gaza-Krieg und die umgehende und bedingungslose Freilassung aller israelischen Geiseln fordern, die die Terrororganisation Hamas in dem Küstengebiet festhält.
Der französische Präsident Emmanuel Macron verwies auf eine an diesem Montag in New York von seinem Land und Saudi-Arabien geplante internationale Konferenz zur Zweistaatenlösung. Dort solle eine neue Dynamik zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts auf der Grundlage der Zweistaatenlösung geschaffen werden. Macron hatte zuvor bereits angekündigt, er werde dort dann die Anerkennung Palästinas als Staat verkünden. Dafür hatte er scharfe Kritik Israels und seines Verbündeten USA auf sich gezogen.

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Deutschlands Regierungssprecher bekräftigte, dass eine Anerkennung Palästinas für Deutschland aktuell nicht auf der Tagesordnung stehe. Die Bundesregierung betrachte sie weiter als einen der abschließenden Schritte auf dem Weg hin zur Verwirklichung einer Zweistaatenlösung.

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Israel lässt wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen
Unterdessen haben erstmals nach einer monatelangen faktischen Blockade durch Israel wieder größere Hilfslieferungen den Gazastreifen erreicht. Am Sonntag fuhr eine Kolonne von rund 100 Lastwagen mit Gütern für die notleidende Bevölkerung über den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom in das großflächig zerstörte Küstengebiet, wie Quellen dort bestätigten.
Die Waren – Lebensmittel, Medikamente, Baby-Nahrung – werden dringend benötigt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte zuletzt vor einer tödlichen Hungerkrise unter den rund zwei Millionen Bewohnern des Gazastreifens. Fotos aus dem abgeriegelten Gebiet, in dem Israel Krieg gegen die islamistische Hamas führt, zeigten Kleinkinder in den Krankenhäusern, die nur noch Haut und Knochen waren.

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Nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums starben bereits mehr als 100 Menschen an Unterernährung, 80 Prozent von ihnen Kinder. Israel bestreitet, dass es im Gazastreifen eine Hungerkatastrophe gebe und spricht stattdessen von einer "Kampagne" der Hamas.
Druck auf Israel wächst
Den UN-Organisationen warf Israel zuletzt immer wieder vor, die Hilfe im Gazastreifen nicht verteilen zu wollen. Diese konterten wiederum, dass Israel keine sicheren Transportwege innerhalb des umkämpften Gebiets garantieren wollte. Tatsächlich gelangte seit Ende März, als Israel eine damalige Waffenruhe beendete, nur sehr wenig Hilfe zu den Menschen im Gazastreifen.
Die weltweite Kritik an ihrer Vorgangsweise im Palästinensergebiet hat die israelische Führung nun offensichtlich zu einer Kehrtwende bewogen. Überraschend kündigte das Militär in der Nacht zum Sonntag an, bis auf Widerruf jeden Tag von 10.00 bis 20.00 Uhr Ortszeit eine selbst erklärte humanitäre Feuerpause in Teilen des Gazastreifens einzuhalten.

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Die Pause gelte in den Gebieten, in denen die Armee nicht operiere: Al-Mawasi im Südwesten des abgeriegelten Küstenstreifens, in Deir al-Balah im Zentrum sowie in der Stadt Gaza im Norden. Ferner würden von 06.00 bis 23.00 Uhr Ortszeit Korridore eingerichtet, um die sichere Durchfahrt von Konvois der UN- und anderer Hilfsorganisationen zu ermöglichen, teilte die Armee weiter mit.
Auch eine Entsalzungsanlage zur Aufbereitung von Trinkwasser im Gazastreifen sei nun wieder an das israelische Stromnetz angeschlossen worden, teilte die Armee mit. Die eingeleiteten Maßnahmen zielten darauf ab, "die falsche Behauptung zu widerlegen, dass der Gazastreifen absichtlich ausgehungert wird".
Tödliche Zwischenfälle trotz Feuerpause
Trotz humanitärer Feuerpause in Teilen des Gazastreifens griff Israel dort weiterhin an. Bei Deir al-Balah sollen auch Zelte mit Vertriebenen getroffen worden sein, wie Mitarbeiter der Rettungskräfte berichteten. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen seit dem Morgengrauen mindestens 53 Palästinenser ums Leben. Die unabhängig nicht überprüfbare Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.
Allein 32 Menschen sollen beim Warten auf humanitäre Hilfe getötet worden sein. Vor allem im Umfeld der Verteilzentren der von Israel und den USA unterstützten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) kommt es immer wieder zu tödlichen Zwischenfällen.
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul schrieb auf X, die Lage bleibe unerträglich. "Hilfe muss jetzt sicher, vollständig und verlässlich ankommen und Hamas muss endlich die Geiseln freilassen." Die humanitäre Pause und erste Hilfslieferungen seien Schritte in die richtige Richtung.
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