Das ARD-Sommerinterview lief aus Sicht der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel richtig gut: Ihre inhaltlichen und strategischen Schwächen wurden vom Gegenprotest übertönt.

Die Selbstlügen der AfD sind so zahlreich wie ihre Lügen. Als populistische Oppositionspartei verspricht sie alles Mögliche, sagt aber nicht, wie sie es finanzieren will. Als extreme Rechtspartei fordert sie die sogenannte Remigration von Ausländern, will dies aber im Zweifel nicht so meinen. Und als politische Partei drängt sie immer stärker an die Regierungsmacht, weiß aber nicht wirklich, wie sie das anstellen soll. 

Moderator Markus Preiß sprach all diese inneren Widersprüche am Sonntag im ARD-Sommerinterview an. Und Alice Weidel konnte mal wieder keine sinnhaften Antworten geben. Merke: Auch eine AfD-Vorsitzende vermag die Gesetze der Logik nicht mit aggressiver Arroganz zu widerlegen.

ARD-Sommerinterview Alice Weidel verweigert Bekenntnis zum deutschen Rechtsstaat

Doch Weidel hatte Glück. Ihre mäßige Vorstellung auf der Terrasse des ARD-Hauptstadtstudios wurde durch das Getöse vom anderen Seite der Spreeseite gerettet. Dort hatte sich eine kleine Protestbrigade aufgestellt, um das Interview mit Trommeln, Gesängen und lauter Musik maximal zu stören.

Hinter der Aktion stand nach eigenem Bekunden das sogenannte Zentrum für Politische Schönheit – das der AfD mal wieder einen großen Gefallen tat. Denn statt über die inhaltlichen und strategischen Schwächen von Alice Weidel zu reden, wird seitdem vor allem über den Lärm gelärmt. 

Alice Weidel kann sich als Opfer inszenieren

Im Ergebnis darf sich Weidel bei ihrer Basis als Opfer linker Aktivisten inszenieren, während ihre Anhänger genüsslich auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einhauen. Die Aktivisten haben damit gleich zwei der effektivsten Feindbilder der AfD treffsicher bedient. Und sie haben, ob nun gewollt oder nicht, das Sentiment bestätigt, mit der die Partei groß wurde: dass in Deutschland unerwünschte Meinungen unterdrückt werden.

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Das heißt ausdrücklich nicht, dass Protest gegen die AfD falsch ist. Und es heißt erst recht nicht, dass er illegitim wäre. Ganz im Gegenteil. Die Versammlungsfreiheit gehört auch deshalb zu den wichtigsten demokratischen Grundrechten, weil sie im Ernstfall dazu dienen kann, die Demokratie zu verteidigen.

Doch es ist ein Unterschied, ob Demonstranten sich gegen eine extremistische Kundgebung stellen oder ob sie versuchen, ein kritisch geführtes Fernsehinterview zu übertönen. Die Vorstellung, dass die AfD verschwindet, wenn man nur lauter als sie schreit, ist noch falscher als die Annahme, dass sich die Partei wegverbieten lässt.  

Alice Weidel Ihr Plan

Stattdessen zeigte der Sonntag erneut, dass nicht nur der AfD eine konsistente Strategie fehlt – sondern auch ihren politischen Gegnern. Und er zeigte, wie schwer uns Medien ein souveräner Umgang mit der Partei fällt.

Natürlich liegt dieses Unvermögen auch im Wesen der AfD begründet. Wie andere extreme Organisationen – egal, ob nun in der Vergangenheit oder der Gegenwart – versucht die Partei, die liberale Demokratie mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. 

Jedoch: Zu diesen Mitteln gehören auch die eingeübten Erregungsreflexe. Sie mögen dabei helfen, sich persönlich besser oder mutiger zu fühlen. Aber sie schaden dem politischen Anliegen.

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