Deutschlands Modernisierungs-Dilemma, ein wichtiges Drohnen-Urteil, Trumps Ukraine-Wende und Darmbakterien gegen PFAS. Das ist heute wichtig.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Ich denke, Sie stimmen mir zu, wenn ich sage: Deutschland braucht einen Modernisierungsschub! Marode Schulen, überbordende und schleppende Bürokratie und dann natürlich die Digitalisierung, die vor sich hin stottert wie ein altes Modem.

Dass unser Land dringend handeln muss, attestierte nun auch die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat". Ihr stehen Julia Jäkel, Medienmanagerin und Aufsichtsrätin, die Ex-Minister Thomas de Maizière und Peer Steinbrück sowie der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, vor.

Am Montag überreichten sie ihren Abschlussbericht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auf 160 Seiten schlagen sie 35 konkrete Empfehlungen in den Bereichen Verwaltung, Sozialstaat, Migration, Wirtschaft und Sicherheit vor. Neben Digitalisierung seien auch Infrastruktur und Verteidigungsfähigkeit Sorgenkinder. Die Initiatoren lassen keinen Zweifel: Deutschland hinkt hinterher. "Würde nur die Hälfte dieser Vorhaben umgesetzt, wäre dieses Land ein anderes Land", sagte Jäkel etwa. Und De Maiziere sprach zwar von "guten Chancen" der Umsetzung – aber nur, weil die Ausgangslage miserabel sei.

Bürokratie "Wir können so nicht weitermachen"

Deutschland muss moderner werden. Oder?

Der Staat muss sich ändern, fordert die Initiative. Schneller, digitaler, kundenfreundlicher und verständlicher soll er werden. So weit, so gut. Aber wird die Modernisierung an der Trägheit des Staatsapparats oder vielleicht doch am Widerstand der Bürger scheitern?

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Zu den 35 Empfehlungen gehört etwa, Regeln für den Datenschutz in Deutschland zu lockern. Doch der ist hierzulande für viele eine heilige Kuh. Staat, Behörden, Tech-Konzerne und so weiter sollen ja nicht wissen, wie man heißt, was man tut, wofür man sein Geld ausgibt oder auf welchem Level man bei "Candycrush" ist.

Greift die Regierung den Datenschutz an, drohen Widerstand und Klagen. Für eine schnelle Modernisierung wäre das Sand im Getriebe.

Andererseits brauchen wir, wie ich eingangs schrieb, einen moderneren Staat. Nicht nur, um international mitzuhalten. Sondern auch, weil Frust und Misstrauen gegenüber dem Staat unsere Demokratie gefährden. Das betonte auch Schirmherr Steinmeier: "Je handlungsfähiger unser Staat ist, desto größer das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unser Gemeinwesen – und damit auch in unsere Demokratie."

Ja, die Modernisierung Deutschlands ist dringend nötig und die Politik darf sie nicht mehr länger aufschieben. Aber: Sind wir als Bürgerinnen und Bürger nicht auch gefragt? Wenn wir einen Staat wollen, der für uns arbeitet, müssen wir dann nicht auch unsere Haltung ändern? Nicht immer gleich laut "DATENSCHUTZ!!!" rufen, nicht immer gleich Neues reflexartig ablehnen oder verteufel? Und vor allem: Nicht immer direkt die Nachteile sehen? Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser?

Deutschlands Drohnen-Dilemma

Es ist ein komplizierter Rechtsfall. Daher beschäftigt er auch seit nun rund zehn Jahren die deutsche Justiz. Und am Dienstag könnte ein Urteil die Sache endgültig klären. Es geht um Drohnen – nicht um deutsche, sondern um US-amerikanische, die aber von deutschem Boden aus mitgesteuert werden. Das Bundesverfassungsgericht will nun entscheiden, ob Deutschland für bestimmte US-Drohneneinsätze im Ausland mitverantwortlich ist, da der US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zur Datenweiterleitung dient.

US-Militärbasis Ramstein: Besuch auf dem Drehkreuz für Waffenlieferungen mitten in Deutschland

Zwei Männer aus dem Jemen hatten geklagt. Sie sind nach eigenen Angaben Zeugen eines Drohnenangriffs im Jahr 2012 mit mehreren Toten, darunter Verwandte in ihrem Heimatort. Sie fordern: Deutschland soll sie vor Drohnenangriffen schützen und gegebenenfalls die USA zur Verantwortung ziehen.

Die Beschwerdeführer stützen sich auf das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Deutschland habe ihre Schutzpflicht verletzt, die auch für Ausländer im Ausland gelte. Die Bundesregierung bestreitet eine Schutzpflicht im vorliegenden Fall und weist die Vorwürfe zurück. Die US-Drohnen würden nicht von Deutschland aus gestartet, gesteuert oder befehligt, so das Argument.

Nun wird sich klären, ob Deutschland auch gegenüber Drittstaaten die Einhaltung des Völkerrechts kontrollieren muss, wenn diese in Deutschland einen Stützpunkt unterhalten. Sollte das Gericht den Klägern recht geben, könnte es ein diplomatischer Seiltanz für Deutschland werden, wenn sie die Trump-Regierung in die Pflicht nehmen müssen. Deutschlands Sicherheit und Bündnisfähigkeit – und die der Nato – hängt nämlich maßgeblich auch von US-Truppen auf europäischem und deutschem Boden ab.

Erzwingt Trump jetzt den Frieden für die Ukraine?

Mal so und mal so: So ungefähr hat sich US-Präsident Donald Trump gegenüber der Ukraine verhalten. Einmal wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Oval Office abgekanzelt – und nun will Trump Patriot-Abwehrsysteme über einen Umweg über die Europäische Union an Kiew liefern, wohl aus Frust über Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Doch kann man das Hilfe nennen? Oder sollten wir froh sein, dass die USA überhaupt etwas liefern? Darüber spricht stern-Politikchef Jan Rosenkranz mit Marc Etzold, USA-Korrespondent des stern in unserem Podcast "5-Minuten-Talk":

Und sonst? Weitere Schlagzeilen

  • Pistorius kündigt Kauf von amerikanischen Langstrecken-Raketen an
  • Gescheiterte Richterwahl: Spahn räumt Fehler ein
  • Niederländisches Gericht beschlagnahmt 96 Millionen Euro von Drogenhändler
  • Konto gehackt: Elmo aus der "Sesamstraße" ruft zu Vernichtung von Juden auf
  • Oberster Gerichtshof erlaubt Trump weiteren Stellenabbau im Bildungsministerium

Das passiert am Dienstag, den 15. Juli

  • Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um die Entführung zweier Kinder von Christina Block wird eine Einlassung der Angeklagten erwartet
  • Außenminister der EU-Staaten beraten über Unterstützung der Ukraine
  • Nach einem antisemitischen Angriff auf einen jüdischen Studenten befasst sich das Verwaltungsgericht Berlin mit einer Klage des Opfers gegen die Freie Universität Berlin (FU)
  • Bayerisches Kabinett tagt mit Bundeskanzler Friedrich Merz auf der Zugspitze

Mal was Positives

PFAS – per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, auch "Ewigkeitschemikalien" genannt – stecken in Kleidung, Verpackungen, Kosmetik und Zahnseide. Sie reichern sich in der Umwelt an, zerfallen kaum und gelangen in unsere Körper. Dort stehen sie im Verdacht, krebserregend zu sein, die Entwicklung von Kindern zu stören und Fettleibigkeit sowie Diabetes zu fördern.

Umweltgifte Wie Chemikalien in unseren Körper gelangen. Und wie wir uns davor schützen

geo

Eine neue Studie aus Großbritannien deutet aber nun darauf hin, dass Darmbakterien uns vor dem PFAS schützen. Forscherinnen und Forscher verpflanzten dafür menschliche Darmbakterien in Mäuse. Die Bakterien nahmen dabei zwischen 25 und 74 Prozent aller PFAS-Moleküle auf, die anschließend mit dem Kot ausgeschieden wurden. Einen Haken gibt es allerdings bei der Untersuchung: Der Mechanismus wurde nicht im menschlichen Darm nachgewiesen. Dennoch deute die Studie darauf hin, dass eine starke Darmflora besser vor PFAS schützt.

Wie hat er Ihnen dieser morgen|stern gefallen? Schreiben Sie es mir gerne: rune.weichert@stern.de

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Dienstag! Herzlich, Ihr
Rune Weichert

mit Material der Nachrichtenagenturen AFP, DPA und Reuters
  • Deutschland
  • Drohne
  • Donald Trump
  • Ukraine
  • Digitalisierung
  • USA

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke