Auf diese Auftritte sollten Sie achten
Bevor die allermeisten Parlamentarier in die Sommerferien verschwinden – die Haushaltspolitiker haben das Nachsehen – geht es unter der gläsernen Reichstagskuppel noch einmal hoch her.
Vier Tage lang, von Dienstag bis Freitag, wird im Bundestag der Haushaltsentwurf 2025 der Bundesregierung beraten. Dabei kommen neben dem Kanzler die Ministerinnen und Minister zu Wort, ebenso die Regierungsfraktionen und die Opposition. Gesprächsstoff gibt’s genug. Aber es geht auch um den persönlichen Schlagabtausch, um Angriff und Verteidigung und für manche um eine echte Bewährungsprobe vor Parlament und Öffentlichkeit.
Die schwarz-rote Finanzplanung hat mit ihren Anlagen und Einzelplänen einen Umfang von 3431 Seiten, ist mit manchem Reiz- und Streitthema gespickt (Stichwort: Stromsteuersenkung) und wird von Regierung wie Opposition gern dazu genutzt, auch grundsätzliche Überlegungen anzustellen.
Einerseits Geld raushauen, andererseits Geld einsparen: Passt tatsächlich zusammen, was Schwarz-Rot sich vorgenommen hat? Es geht um Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro und 81,8 Milliarden an neuen Schulden für 2025 sowie einen Ausblick auf die Finanzplanung der kommenden Jahre. Die wichtigsten Termine einer turbulenten Woche:
Die drei Rollen des Lars Klingbeil
Los geht’s am Dienstag um 10 Uhr: Lars Klingbeil, der Finanzminister, bringt den Haushaltsentwurf 2025 in den Bundestag ein, ebenso den Finanzplan der Regierung von 2025 bis 2029. So weit, so üblich. Doch welchen Lars Klingbeil werden die Parlamentarier bei seiner 45-minütigen "Einbringungsrede", wie es im Fachjargon heißt, erleben?

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Da ist einerseits der selbsterklärte "Investitionsminister" Lars Klingbeil, andererseits der Finanzminister Lars Klingbeil, für den neues Wachstum und solides Haushalten (also: Sparen) zusammengehören. Dazu kommt der SPD-Parteichef Lars Klingbeil, dessen Autorität schwere Blessuren davongetragen hat, nachdem ihm die eigenen Genossen bei der Wahl des Vorsitzenden mit 65 Prozent abgestraft haben.
Dass Klingbeil in Rollenkonflikte mit sich selbst geraten kann, hat zuletzt der Zoff um die Senkung der Stromsteuer gezeigt. Schwarz-Rot hat umfassende Entlastungen versprochen, kann sie wegen der Haushaltslage aber nicht einlösen, jedenfalls nicht sofort. Die Folge: Ausgerechnet der sozialdemokratische Finanzminister bremst den sozialdemokratischen Parteichef und senkt die Stromsteuer zunächst lediglich für Großkonzerne, aber nicht für alle – und insbesondere die Union begehrt dagegen auf.

Bundeshaushalt So sehen Klingbeils Milliardenpläne für Deutschland aus
Klingbeil steht also von vielen Seiten unter Druck. Schon bei Amtsvorvorgänger Christian Lindner hatte sich die Frage gestellt, ob er den Haushalt als Finanzminister einbringen wird – oder in seiner Rolle als FDP-Chef, um seiner schwer gerupften Partei mit ein paar klaren Ansagen neuen Kampfgeist einzuhauchen. Wie macht es der Nachfolger Klingbeil?
Eine traditionelle Abreibung für den Kanzler
Die Ansprüche von Friedrich Merz an die Finanzplanung der Bundesregierung sind hoch, jedenfalls gemessen an seinen schneidigen Aussagen als früherer Oppositionsführer. Die Ampel gebe Geld aus wie nie zuvor, hatte Merz seinerzeit über eine angeblich hemmungslose Ausgabenpolitik geschimpft. Dem damaligen Kanzler Olaf Scholz schleuderte er sogar entgegen: Sie können es nicht!
Kann Merz es besser? Die Oppositionsfraktionen dürften sich kaum zurückhalten, wenn sie dem neuen Kanzler auf großer Bühne die Meinung geigen können.
Am Mittwoch um 9 Uhr wird der Einzelplan 04 diskutiert, der im Vergleich eher bescheidene Kanzleretat. Dennoch handelt es sich bei der sogenannten Generaldebatte um den Höhepunkt der Haushaltswoche. Die vierstündige Aussprache beginnt mit einer Generalabrechnung der größten Oppositionspartei, in dieser Legislaturperiode die AfD, gefolgt von der Selbstverteidigung des Bundeskanzlers.

Fried – Blick aus Berlin Fraktionschef in Bombenstimmung
Wie wird Merz die historische Neuverschuldung rechtfertigen? Springt ihm der Koalitionspartner von der SPD mit Szenenapplaus bei? Der Kanzler dürfte einiges zu hören bekommen – nicht zuletzt in seiner ersten Regierungsbefragung (ab 13 Uhr), bei der ihn die Abgeordneten ins Kreuzverhör nehmen. Das kann heiter werden.
Keine Geldsorgen, aber …
Auch wenn die großen Verteilungskämpfe in der Koalition noch bevorstehen – erst ab 2027 tun sich eklatante Etatlücken auf – muss sich zumindest ein Ressortchef keine akuten Geldsorgen machen: Boris Pistorius, der Verteidigungsminister.
Die Verteidigungsausgaben sollen in den kommenden Jahren enorm anwachsen; schon 2029 soll das 3,5-Prozent-Ziel der Nato erreicht werden. Möglich macht das eine Grundgesetzänderung, die noch vom alten Bundestag verabschiedet worden war und die Verteidigungsausgaben (zum Großteil) von der Schuldenbremse ausnimmt.
Doch auch Pistorius muss noch Überzeugungsarbeit leisten, nicht zuletzt in den eigenen Reihen. Am Mittwoch um 15.55 Uhr bekommt er Gelegenheit dazu.

Bundeswehr-Debatte Klingbeil: "Wird keine Rückkehr zur alten Wehrpflicht geben"
Nicht alle in seiner SPD können sich bedingungslos hinter den enorm steigenden Verteidigungsausgaben versammeln. Hinzu kommt die anhaltende Debatte um einen neuen Wehrdienst, damit der verabredete Personalaufwuchs der Bundeswehr glückt. Aktuell arbeitet Pistorius an einem Gesetzentwurf dazu. Die SPD will zunächst auf Freiwilligkeit setzen, die Union eine Rückkehr zur Wehrpflicht mindestens vorbereiten. Und Pistorius?
Noch mehr Haushalts-Handgemenge?
Im Zuge der Haushaltsberatungen dürften noch weitere Fachministerinnen und -minister von den Parlamentariern härter angefasst werden.
So lässt Polen nun ebenfalls an seinen Grenzen kontrollieren – eine Reaktion auf die deutschen Maßnahmen. Das könnte während der Etatberatung von CSU-Innenminister Alexander Dobrindt (Donnerstag, 9 Uhr) noch eine Rolle spielen.
Derweil steht die CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken wegen Schwärzungen im Masken-Bericht um ihren Parteifreund Jens Spahn unter Druck. Zudem tut sich in der sozialen Pflegeversicherung ein Milliardenloch auf. Eine Bund-Länder-Gruppe unter Warkens Leitung soll Reformvorschläge erarbeiten. Ihr Etat wird am Donnerstagabend um 18.55 Uhr beraten.
Und SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas, deren Etat das Parlament am Freitag um 10.15 Uhr diskutiert, wird aus den Reihen der Union immer engagierter dazu gedrängt, bei der verabredeten Bürgergeld-Reform voranzukommen. Bas will eine härtere Gangart gegen Arbeitsverweigerer, aber keinen sozialen "Kahlschlag". Wird sie da im Bundestag konkreter?
Über die parlamentarische Sommerpause sind dann vor allem die schwarz-roten Haushälter gefragt, den Haushaltsentwurf in ein Gesetz zu gießen. Am 18. September soll in dritter Lesung namentlich darüber abgestimmt werden.
- Haushalt
- Haushaltswoche
- Bundestag
- Lars Klingbeil
- Friedrich Merz
- Boris Pistorius
- Haushaltsentwurf
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke