Polen will Einreisende an der Grenze zu Deutschland ab Montag stichprobenhaft kontrollieren. Die Polizeigewerkschaft GdP warnt vor einem Ping-Pong-Spiel an der Grenze.

In Polen laufen ab Montag vorübergehende Kontrollen an der gemeinsamen Grenze mit Deutschland an. An insgesamt 52 Übergängen soll nach Angaben des Grenzschutzes stichprobenhaft kontrolliert werden. Die Grenzer werden dabei besonders Busse, Kleinbusse und Pkw mit vielen Insassen im Auge haben, aber auch Fahrzeuge mit getönten Scheiben. 

Die Kontrollen sollten um Mitternacht beginnen und zunächst bis zum 5. August andauern. Reisende, die die Grenze überqueren wollen, müssen einen Personalausweis oder einen Reisepass dabeihaben. Auch an seiner Grenze zu Litauen will Polen in den kommenden Wochen kontrollieren. 

Polen reagiert mit Grenzkontrollen auf deutsches Vorgehen

Die Mitte-Links-Regierung in Warschau hat die Kontrollen als Reaktion auf deutsche Grenzkontrollen angeordnet. Nach den Worten des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk soll damit "der unkontrollierte Strom von Migranten hin und zurück begrenzt" werden. Besonders die Zurückweisungen aus Deutschland sind in Polen ein Reizthema.

Illegale Migration Ein Jahr Grenzkontrollen in Ostdeutschland: Was haben sie gebracht?

Tusk hatte wiederholt deutlich gemacht, dass sein Land lieber auf die Kontrollen an eigenen Grenzposten verzichten würde, damit aber auf das einseitige deutsche Vorgehen reagiere. Bereits durch die deutschen Kontrollen war es wiederholt zu Störungen und Verzögerungen im grenzüberschreitenden Verkehr gekommen.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Seine Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) führte bereits im Oktober 2023 stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen ein.

Wirtschaft sorgt sich um Auswirkungen

Vertreter von Wirtschaftsverbänden haben sich angesichts der ab Montag geltenden polnischen Grenzkontrollen besorgt über negative Auswirkungen gezeigt. "Aus der Wirtschaft und insbesondere von den IHKs vor Ort bekommen wir besorgniserregende Rückmeldungen", sagte die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Helena Melnikov, dem "Handelsblatt". "Wenn Pendler an der deutsch-polnischen Grenze nicht mehr verlässlich und pünktlich zu ihrer Arbeit kommen, steigt die Gefahr, dass sie sich dauerhaft anders orientieren – mit Folgen für den Fachkräftemangel in Regionen wie Brandenburg", sagte sie weiter.

Melnikov schlug als Lösung "pragmatische Absprachen der Nachbarstaaten" vor – möglich seien etwa Passierscheine für Pendler oder gesonderte Straßenspuren für den Lieferverkehr. Betroffen seien der regionale Einzelhandel, die grenznahe Gastronomie, der Pflege- und Gesundheitsbereich, aber auch große Industrieunternehmen. "Die Unternehmen brauchen Verlässlichkeit und Bewegungsfreiheit, nicht neue Barrieren", forderte Melnikov.

Auch der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands (BGA), Dirk Jandura, äußerte sich im "Handelsblatt" besorgt. "Abschottung löst keine Probleme, sondern schafft neue: für Lieferketten, Beschäftigte und den wirtschaftlichen Zusammenhalt in Europa", sagte er. "Europa darf nicht wieder zu einem Flickenteppich abgeriegelter Grenzen werden." Sofern verschärfte Grenzkontrollen nötig seien, um Gefahren abzuwenden, habe dies natürlich stets Vorrang. "Hier sehen wir aber den Rückschritt in ein Europa, das wir überwunden glaubten", sagte Jandura. "Grenzkontrollen sollten kein politisches Druckmittel sein."

5-Minuten-Talk: Grenzstreit mit Polen – hat Dobrindt sich verzockt?
Grenzstreit mit Polen – hat Dobrindt sich verzockt?

Gewerkschaft der Polizei besorgt

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte eine enge Abstimmung zwischen Polen und Deutschland sowie klare Absprachen, die laut GdP-Bundespolizeichef Andreas Roßkopf "umsetzbar und funktional" sein sollten. "Wir brauchen klare Verbindlichkeiten, wann wir Menschen zurückweisen dürfen und müssen und dies muss auch so mit den Nachbarländern vereinbart sein, dass es ein praktikables Verfahren ist", sagte Roßkopf, der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe). 

Roßkopf betonte, man sehe den von Polen angekündigten Grenzkontrollen mit Sorge entgegen. Nach der klaren Ankündigung von Polens Regierungschef Donald Tusk könne es passieren, "dass wir in eine Art Ping-Pong-Spiel geraten. Das heißt, dass asyl- und schutzsuchende Menschen, die wir an Polen zurückweisen wollen, dort nicht angenommen werden oder nach kurzer Zeit ebenfalls wieder an uns zurückgewiesen werden". Das dürfe keinesfalls geschehen, betonte Roßkopf. "Wir sprechen hier von Menschen, die dann zum 'Spielball' der Politik werden würden." Für die Bundespolizei entstünde dann auch eine Situation, die einen "erheblichen Mehraufwand" bringen würde, warnte der Polizeigewerkschafter.

AFP · DPA rw
  • Polen
  • Deutschland
  • Grenzkontrolle
  • Europa
  • Litauen
  • Warschau
  • Migranten

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke