„Die drei Somalier haben allein entschieden“ – Pro Asyl verteidigt Vorgehen und spricht von „Hetze“
Die Organisation Pro Asyl verteidigt ihr Vorgehen im Fall von drei Somaliern, die gegen Zurückweisungen an der Grenze geklagt und Recht bekommen hatten.
Geschäftsführer Karl Kopp sagte im Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“: „Die drei Somalier allein haben entschieden, die Einreise nach Deutschland ein drittes Mal zu wagen. Es findet kein Puppenspiel statt, wo Schutzsuchende nach der Pfeife von Organisationen tanzen.“
Auch der Vorwurf, Pro Asyl habe einer der drei nahegelegt, ihr Alter zu verschleiern, sei nicht korrekt. Kopp sagte: „Nein, das ist eine hanebüchene Falschbehauptung: In den Unterlagen der Bundespolizei wurde sie bereits bei der zweiten Zurückweisung als Minderjährige geführt – zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht einmal von der Existenz der drei.“
Der Fall aus dem Mai 2025 hatte eine Diskussion über die Rolle von NGOs bei Asylverfahren ausgelöst. Scharfe Töne kamen unter anderem aus Bayern, von CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann.
Dieser hatte erklärt, der Fall der drei Asylsuchenden aus Somalia habe „fast absurde Züge“ und deute auf eine „Inszenierung“ vonseiten der Unterstützer hin. Wörtlich sagte er in einem Interview: „Pro Asyl ist schon seit Jahren entlang der Fluchtrouten unterwegs, auch an den Grenzübergängen. Dort wird Flüchtlingen empfohlen, ihre Ausweise wegzuwerfen, weil das eine Abschiebung aus Deutschland deutlich erschwert“.
Heiko Teggatz, Chef der Bundespolizeigewerkschaft DPolG, hatte in dem Zusammenhang sogar eine Anzeige gestellt, um die Rolle der Helfer und Unterstützer der drei Somalier zu klären. Mögliche Straftatbestände laut Medienberichten könnten das „Einschleusen von Ausländern“, die „Beihilfe zur unerlaubten Einreise“ und „Urkundenfälschung“ sein. Eingeleitet wurde ein Strafverfahren gegen Unbekannt wegen möglicher Beihilfe zum Einschleusen.
„Sie werden mit ihren Porträts an den Pranger gestellt“
Pro-Asyl-Geschäftsführer Kopp sprach in dem „Tagesspiegel“-Interview auch über die aktuelle Situation der drei Antragssteller und die Herausforderungen für ihre Unterstützer.
Derzeit würden die drei Somalier von einem Netzwerk unterstützt, führte Kopp weiter aus. Die Debatte sei jedoch so aufgeheizt, dass es auch Sorgen um die Sicherheit gebe. „Die drei Asylsuchenden müssen aber auch vor einer Gruppe Journalisten geschützt werden, die ihnen auflauern und permanent mit vertraulichen Informationen aus dem Behördenapparat versorgt werden“, sagte Kopp. „Die drei erahnen mittlerweile, dass an ihrem Beispiel ein Grundsatzkonflikt über die sogenannte Asylwende geführt wird. Sie werden mit ihren Porträts an den Pranger gestellt. Das führt zu massiven Ängsten und Panikattacken. Und es kann auch Familienangehörige im Herkunftsland gefährden.“
Bundesinnenminister Dobrindt hatte kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. An dieser Praxis hält die Bundesregierung auch nach der besagten und von Pro Asyl kritisierten Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts fest.
Das Gericht hatte festgestellt, dass die Zurückweisung der drei Somalier – zwei Männer und eine Frau, die angibt, 16 Jahre alt zu sein – bei einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) am 9. Mai rechtswidrig gewesen sei. Das Bundesinnenministerium wertet das jedoch als Einzelfallentscheidung.
Ob der Fall weiter an den Europäischen Gerichtshof gehe, hänge allein von den Betroffenen ab, so der Pro-Asyl-Geschäftsführer weiter. Parallel habe Pro Asyl jedoch einen Appell an die EU-Kommission gerichtet, damit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet wird. Falls der Fall als Präzedenzfall scheitert, sei kein neuer Fall in Vorbereitung, so Kopp zum „Tagesspiegel“. „Stand jetzt haben wir keinen neuen Fall in der Rechtshilfe. Wir hoffen, dass auch andere Organisationen Opfer der Zurückweisungspraxis vor Gericht unterstützen.“
Verweis auf Angela Merkel
Insgesamt, so Kopp in dem Gespräch auf Nachfrage hin weiter, seien er und seine Organisation von der Schärfe der Debatte und der Heftigkeit der Vorwürfe gegen Pro Asyl schockiert gewesen.
„Ja, der Grad an Härte und Hetze hat mich überrascht – ebenso wie Verleumdungen von zwei Politikern aus der demokratischen Mitte. Es sollte Konsens sein: hart über Inhalte streiten, aber ohne Verleumdungen. Aber wenn man die Betroffenen darauf vorbereiten muss, dass sie gejagt werden, wenn sie ihre Rechte durchsetzen, dann denke ich an den Satz der Altkanzlerin Angela Merkel: ‚Dann ist das nicht mehr mein Land‘“, zitiert ihn der „Tagesspiegel“. Denn Pro Asyl verteidige mit seiner Arbeit schließlich immer auch „demokratische, rechtsstaatliche Grundsätze“.
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