Der Streit um die Stromsteuer entwickelt sich zur ersten größeren Belastungsprobe für die schwarz-rote Koalition. So forderten Unionspolitiker vor einem Treffen der Koalitionsspitzen eine Senkung der Stromsteuer für alle Verbraucher. Auch bei der Reform des Bürgergeldes und der Migrationspolitik machen sie Druck, insbesondere nach den Vorfällen in Gelnhausen, bei denen Mädchen in einem Freibad von syrischen Männern sexuell belästigt wurden.

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel in Baden-Württemberg und Spitzenkandidat für die bevorstehenden Landtagswahlen 2026 fordert Kanzler Merz (CDU) deshalb dazu auf, sich an die Prioritäten zu erinnern – und an die Wahlversprechen, die er den Bürgern gegeben hat.

WELT: Herr Hagel, sowohl die Union als auch die SPD hatten eine Senkung der Stromsteuer für alle versprochen. Nun gab es einen Rückzieher. Alle Fraktionsvorsitzenden der CDU und CSU in den Landtagen sowie Jens Spahn im Bundestag fordern inzwischen, dass Kanzler Merz einlenkt und die Stromsteuer-Senkung doch noch kommt. Sehen Sie dafür tatsächlich noch Spielraum?

Hagel: Ja, absolut. Kein Haushaltsplan verlässt das Parlament in genau der Form, in der er eingebracht wurde. Die Strompreisentlastung war ein zentrales Thema – sie steht in unserem Wahlprogramm, in unserem Sofortprogramm und im Koalitionsvertrag. Deshalb muss die Stromsteuer-Senkung kommen. Unsere Wirtschaft, der Mittelstand, das Handwerk und viele Bürger brauchen endlich wieder Luft unter den Flügeln.

WELT: Das klingt jetzt fast so, als seien Sie in der Opposition. Dabei wurde doch genau dieser Kurs von Kanzler Friedrich Merz mitgetragen: Die Stromsteuer-Senkung soll nun nicht kommen – weil die dafür benötigten 5,4 Milliarden Euro offenbar aktuell nicht zur Verfügung stehen.

Hagel: Das hat doch nichts mit Regierung oder Opposition zu tun. Es geht um die Frage: Was ist jetzt richtig für unser Land? Was muss jetzt getan werden? Es geht um Prioritäten – und um politischen Willen. Und genau diesen Willen formulieren wir als Union, ebenso wie die 17 Fraktionsvorsitzenden in unserer gemeinsamen Konferenz. Noch einmal: Es geht nicht um die CDU. Es geht um unser Land – und um die Zukunft der deutschen Wirtschaft.

WELT: Das wirft aber kein besonders gutes Licht auf den Kanzler – Ihren eigenen CDU-Parteivorsitzenden. Wenn der Druck aus den eigenen Reihen so groß wird, entsteht doch der Eindruck, als könnte sich am Ende die SPD durchsetzen.

Hagel: Als CDU und CSU richten wir den Blick auf unser Land und stellen uns die Frage: Was ist jetzt zu tun? Am Mittwoch tagt der Koalitionsausschuss, und im Anschluss beginnt das Haushaltsverfahren im Deutschen Bundestag. Es ist völlig legitim, dass wir dabei klar formulieren, wo unsere Prioritäten liegen und was uns darüber hinaus wichtig ist – selbst wenn das im aktuellen Entwurf von Herrn Klingbeil noch nicht in ausgewogenem Maß berücksichtigt wurde. Dass wir daran weiterarbeiten, ist doch völlig in Ordnung. Genau so muss es sein. Wir sind doch hier nicht im Volkskongress, sondern wir sind eine lebendige Partei. Und da gehört es doch einfach auch dazu, dass wir miteinander diskutieren.

WELT: Aber dann lassen Sie uns mal konkret diskutieren, nämlich über das Geld. Ich glaube, es gibt viele in der SPD, die auch sagen würden, diese Stromsteuer-Senkung wäre eigentlich eine gute Idee. Die Frage ist nur die Finanzierung bei der SPD. Der Chefhaushälter etwa zeigt schon in Richtung Union und sagt: Na ja, man könnte ja auch bei den teuren Wahlversprechen kürzen – beim Agrardiesel, bei der Gastronomie. Wären Sie dazu auch bereit?

Hagel: Allein die Sozialausgaben haben sich seit der Jahrtausendwende fast verdreifacht. Und wenn wir mit unseren Kommunen sprechen, wenn Sie in die deutschen Länder schauen, dann liegt genau dort unser Hauptaktionsradius, wo wir jetzt dringend ranmüssen. Der nächste Schritt muss das Bürgergeld sein. Das Bürgergeld ist eine Ungerechtigkeit zulasten der fleißigen Menschen bei uns im Land. Und deshalb brauchen wir die Sozialstaatsreformen. Wir brauchen die Staatsmodernisierung, dass wir dort die Einsparungen machen können, um endlich auf der anderen Seite für Wirtschaftswachstum zu sorgen. Dieses Wirtschaftswachstum sorgt für Beschäftigung, für neue Jobs, für Steuereinnahmen, für Umsatz bei unseren Unternehmen und dann für mehr Steuereinnahmen, aus denen wir dann den Sozialstaat wieder finanzieren können. Deshalb wird so herum auch ein Schuh draus.

WELT: Ist nicht auch das eigentliche Problem, dass das Bürgergeld nach wie vor viel zu hoch ist? Nun fordert Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas sogar noch mehr Mittel. Dabei hatte die Union groß angekündigt, das Bürgergeld grundlegend reformieren zu wollen – doch davon ist bisher nichts zu sehen.

Hagel: Wir haben in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir vom Bürgergeld weg hin zu einer neuen Grundsicherung kommen. Das ist mit unserem Koalitionspartner der SPD vereinbart. Und diesen Weg, den werden wir auch gemeinsam gehen.

WELT: Noch eine abschließende Frage zur Migration: Der Satz „Wir schaffen das“ von Angela Merkel liegt nun rund zehn Jahre zurück – und seitdem hat sich in Deutschland viel verändert. Aktuell gibt es neue Zahlen, wonach inzwischen ein Sechstel der illegalen Einreisen per Flugzeug erfolgt. Die Bundespolizei hat hier kaum Möglichkeiten zur Zurückweisung. Gibt es konkrete Bestrebungen, genau an diesem Punkt etwas zu verändern?

Hagel: Ja, unbedingt. Die neue Bundesregierung mit Herrn Dobrindt an der Spitze hat jetzt die Asylwende eingeleitet. Wir sind dabei, den Zustand vor 2015 wiederherzustellen und unser Land wieder in Ordnung zu bringen. Und da haben Herr Dobrindt und die neue Bundesregierung unsere ganze Unterstützung – das wurde auch in den letzten Tagen deutlich bei den Ereignissen in diesem Schwimmbad. Wir finden es einfach unerträglich, dass das Menschen tun, die hier bei uns im Land Schutz suchen. Das ist wirklich fürchterlich. Wer hier in unserem Land Schutz sucht und Sexualstraftaten zum Beispiel im Schwimmbad begeht, der hat kein Recht hierzubleiben. Und wo das Recht hier im Wege steht, müssen wir es ändern. Oder ich möchte es mal einfach sagen: Wer Regeln bricht, der bleibt hier nicht.

Dieses Transkript des Interviews bei WELT TV entstand mithilfe Künstlicher Intelligenz. Für bessere Lesbarkeit wurde das gesprochene Wort leicht abgeändert und gekürzt.

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