Merkel distanziert sich von Merz' Flüchtlingspolitik
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich von der Zurückweisungspraxis der aktuellen CDU-geführten Bundesregierung distanziert. In einem vom WDR veranstalteten Gespräch mit fünf Geflüchteten sagte Merkel nach Angaben vom Montag: "Wenn jemand an der deutschen Grenze 'Asyl' sagt, dann muss er erst mal ein Verfahren bekommen – meinetwegen direkt an der Grenze, aber ein Verfahren."
Damit ging Merkel bei dieser Frage auf deutlichen Konfrontationskurs zu der aktuellen Bundesregierung von CDU-Kanzler Friedrich Merz, die auf die Zurückweisung von Flüchtlingen bereits an den deutschen Grenzen setzt. Merkel sagte in der WDR-Sendung, sie teile aber das Ziel, dass illegale Migration begrenzt werden müsse. Dabei betonte sie: "Wir müssen das ganze europäisch denken."
Altkanzlerin trifft ehemalige Geflüchtete in syrischem Restaurant
Merkel äußerte sich in einer Gesprächsrunde mit Geflüchteten im Programm WDRforyou, dem mehrsprachigen Informationsangebot des WDR für Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung. Die Runde fand laut WDR in einem syrischen Restaurant in Berlin statt. Merkels Gesprächspartner kamen aus Syrien, Afghanistan und Iran. Anlass war der bevorstehende zehnte Jahrestag von Merkels Entscheidung, eine große Zahl von Flüchtlingen aus Syrien nach Deutschland einreisen zu lassen.
In dem Gespräch beklagte Merkel eine gewisse Schieflage, wie in Deutschland über Migration diskutiert wird. "Wir sprechen oft über Menschen, die zu uns kamen, aber vielleicht nicht oft genug mit Menschen, die zu uns kamen", sagte sie. Deshalb habe sie sich auf dieses erste öffentliche Gespräch mit Geflüchteten beim WDR eingelassen.
Das Treffen wurde vom WDR organisiert und gefilmt. Aus der Sendung "10 Jahre danach: Geflüchtete im Gespräch mit Angela Merkel" zeigte das ARD-"Morgenmagazin" bereits Ausschnitte.

16 Jahre im Amt Das vermisst Merkel am meisten aus ihrer Zeit als Kanzlerin
Ähnlich wie Merkel hat auch das Verwaltungsgericht Berlin geurteilt, das in einem konkreten Fall dreier aus Polen eingereister Somalier deren Zurückweisung bei einer Kontrolle am ersten Bahnhof hinter der Grenze für rechtswidrig erklärt hat. Das Innenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) wertet das jedoch als Einzelfallentscheidung und hält an der Praxis fest.
Auf Angela Merkels Kritik folgt Konter von Merz' Kanzleramtschef
Kanzleramtschef Thorsten Frei von der CDU bekräftigte im "Morgenmagazin" die Auffassung der Regierung.
"Zunächst einmal steht im Artikel 16a des Grundgesetzes, auch im Paragraf 18 des Asylgesetzes etwas anderes. Und auch der Sache nach muss man sagen: Wenn jemand irgendwo in Europa bereits Asyl bekommen hat, wenn jemand durch sichere Länder in Europa zu uns gekommen ist, dann haben wir es natürlich mit niemandem zu tun, der auf der Flucht ist, sondern dann haben wir es mit Menschen zu tun, die aus sicheren Ländern kommen."

Assads Fall Er machte ein Selfie mit Angela Merkel – wie geht es ihm jetzt?
Merkel warnte auch davor, sich in der Migrationspolitik von der AfD treiben zu lassen. "Ich kann nicht immer nur über die AfD sprechen und deren Tagesordnung aufnehmen. Sondern ich muss auch die Tagesordnung aufnehmen von all denen, die sagen: Ja, wir müssen die Zahl der illegalen Migration reduzieren, aber wir müssen trotzdem auch unsere Werte weiter vertreten", sagte sie.
Frei verteidigte zugleich Merkels viel und auch in der Union kritisierten Satz aus der Flüchtlingskrise von 2015 "Wir schaffen das", ordnete ihn aber in die damalige Zeit ein. "Wenn eine Regierungschefin sagt 'Wir schaffen etwas', dann ist das eine richtige Einstellung. Denn das darf man von einer Regierung verlangen, dass sie den Kopf nicht in den Sand steckt, sondern mit den Herausforderungen umgeht", erklärte er im "Morgenmagazin".

Interview Ex-Grenzpolizist über Flüchtlinge: "Wir nannten es Grenz-Pingpong"
"Aber tatsächlich haben sich die Zeiten natürlich verändert. Wir haben schon 2019, also noch in der Regierungszeit von Angela Merkel, ein großes Migrationspaket geschnürt, wo auch ein Rückführungsverbesserungsgesetz drin war. Also es ist jedenfalls vollkommen klar, dass wir mehr zu Ordnung, mehr zu Steuerung und vor allem zur Begrenzung von Migration tun müssen."
AFP · DPA ari- Angela Merkel
- WDR
- Bundesregierung
- Flüchtlingspolitik
- Friedrich Merz
- Thorsten Frei
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke