Eben noch übte Friedrich Merz ungewöhnlich scharfe Kritik an der Regierung Israels. Nun lobt er deren "Drecksarbeit" im Iran. Die Diplomatie eines Bundeskanzlers geht anders.

Ach, muss sich das beim G7-Treffen gut angefühlt haben. Friedrich Merz aus Brilon im Sauerland ist endgültig dort, wo er immer hinwollte: im Arkanbereich der Weltpolitik, ein Großer unter Großen, einschließlich Gipfelbildern vor Gipfellandschaft. Nimm das, Angela!

Ganz offensichtlich war der CDU-Bundeskanzler auch deshalb beim G7-Treffen in Kanada in mächtig guter Stimmung. Und er ließ sich von dieser Stimmung erkennbar mitreißen. 

Als Merz in einem Interview mit dem ZDF zum israelischen Angriff auf den Iran gefragt wurde, antwortete er: "Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle." Er habe "größten Respekt, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung, den Mut dazu gehabt hat, das zu machen."

G7-Gipfel Merz: Israel macht im Iran "Drecksarbeit" für uns

"Drecksarbeit" als verbaler Fehlgriff

Die Aussage ist ein verbaler Fehlgriff. Denn unabhängig von der Intention wirkt die Formulierung angesichts der Menschenopfer und der Gefahr eines großen Nahost-Krieges beinahe zynisch. Dass Merz den Begriff "Drecksarbeit" von der Fragestellerin aufnahm, ändert nichts an diesem Befund. 

Darüber hinaus ist es schlicht undiplomatisch, den völkerrechtlich, militärisch und politisch umstrittenen Angriff einer mindestens ebenso umstrittenen Regierung uneingeschränkt zu loben. Die notwendige Solidarität mit Israel im Kampf gegen das aggressive Mullah-Regime muss ein deutscher Bundeskanzler differenzierter ausdrücken können – zumal dann, wenn sich der angebliche Präsidentenfreund aus Paris etwas anders äußert. Oder wie war das noch einmal mit der deutsch-französischen Achse? 

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Aber Merz war eben einfach wieder Merz: Er erzählte das ungefähre Gegenteil des zuvor Mitgeteilten. Noch Ende Mai hatte er Israel wegen dessen Vorgehen in Gaza ungewöhnlich hart kritisiert und gesagt: "Wenn Grenzen überschritten werden, wo einfach das humanitäre Völkerrecht jetzt wirklich verletzt wird, dann muss auch Deutschland, dann muss auch der deutsche Bundeskanzler dazu etwas sagen." Er jedenfalls habe Benjamin Netanjahu mehrfach gesagt: "Übertreibt's nicht!"

Pascha Merz

Auch das war, in dieser Wortwahl, ziemlich drüber. Oder um wie dieser Kanzler zuzuspitzen: Das Einzige, worauf man sich bei Merz verlassen kann, ist seine Angewohnheit, sich in unangemessene Formulierungen zu versteigen. Zuweilen wirkt er dabei, um ihn zu zitieren, wie ein kleiner Pascha.

Das ist schade. Denn eigentlich lässt sich nur begrüßen, wenn ein Bundeskanzler klar Position bezieht, statt um die Dinge herumzuscholzen oder -merkeln. Aber diese Position sollte nicht ständig anlassbedingt wechseln. Und sie sollte klug kommuniziert werden.

Friedrich Merz ist nicht mehr Oppositionsführer. Er ist Regierungschef des größten Staates in Europa. Die rhetorische Drecksarbeit muss er nun anderen überlassen. Oder um es nochmals in den Worten von Merz zu sagen: Übertreib's nicht, Kanzler! 

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