Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spricht von „einem der größten Militäreinsätze“ in der Geschichte seines Landes: Israel hat am Freitagmorgen einen Großangriff auf den Iran gestartet, seitdem fliegen eskaliert der Konflikt. Die israelische Regierung spricht von einem „Präventivschlag“ und begründet diesen mit dem weit fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm. Internationale Kommentatoren diskutieren über Recht und Unrecht der Aktion – und über die Rolle der USA. Eine Übersicht:

„The Times“, Großbritannien: Indem Israel sich selbst schützt, schützt es die Welt

„Was auch immer Netanjahu am Ende damit erreichen mag – und er selbst kann sich da nicht sicher sein –, die Begründung für diese Aktion ist nicht zu bestreiten. Wenn Israel das Atomprogramm Teherans lahmlegt, hat es damit allen gesetzestreuen Nationen einen Dienst erwiesen, so wie es einst auch bei den Angriffen auf die Atomanlagen des Irak und Syriens der Fall war.

Vor dem Angriff kündigte der Iran an, dass er mit der Arbeit an einer weiteren Urananreicherungsanlage beginnen werde, die den UN-Inspektoren, die den Atomwaffensperrvertrag durchsetzen sollen, bisher nicht bekannt war. Ein gerade erst von der Internationalen Atomenergiebehörde veröffentlichter Bericht zeigt, wie der Iran jahrzehntelang auf dem Weg zur Atombombe gelogen und betrogen hat.

Dass dieser Staat, der den Terrorismus unterstützt und an dessen Händen das Blut zahlloser Unschuldiger klebt, zu einer Atommacht werden könnte, ist ebenso erschreckend wie abscheulich. Indem Israel sich selbst schützt, schützt es die Welt.“

„NZZ“, Schweiz: Es droht ein langer Krieg

„Im schlimmsten Fall führt der jetzige Schlagabtausch dazu, dass Iran aus dem Atomwaffensperrvertrag aussteigt, sein Atomprogramm noch tiefer unter die Erde verlegt und den Bau von nuklearen Waffen umso schneller vorantreibt. Teheran könnte auch amerikanische Stützpunkte in Nahost attackieren und mit Raketenangriffen auf Ölanlagen in den Golfstaaten eine Ölkrise auslösen, um den Rest der Region mit sich ins Chaos zu ziehen. Es droht ein langer Krieg, aus dem sich auch der Westen nicht heraushalten könnte. Netanjahu scheint darauf zu spekulieren, dass westliche Staaten gar keine andere Wahl haben, als Israel gegen Vergeltungsschläge durch Iran zu verteidigen. (…)

Gleichzeitig ist Iran nach dem Angriff vom Freitag so geschwächt wie nie zuvor. Im Prinzip könnte es sich noch aus seiner misslichen Lage befreien, indem es gegenüber den USA glaubwürdige Konzessionen macht, seine nuklearen Ambitionen langfristig einzustellen. Damit ließe sich ein Krieg noch abwenden. Doch auf die Vernunft der islamistischen Hardliner rund um den greisen iranischen Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei ist nicht zu zählen.“

„De Volkskrant“, Niederlande: Netanjahu setzt auf Unterstützung der USA

„Ob die iranische Regierung nun nachgibt, bleibt abzuwarten. Die Tötung des Anführers der Revolutionsgarden und die Zerstörung von Teilen der militärischen und nuklearen Infrastruktur haben den Iran unter Druck gesetzt zurückzuschlagen. Das Land nannte die israelischen Angriffe am Freitag eine ‚Kriegserklärung‘. Sollten der Iran und Israel in einen größeren Krieg verwickelt werden, besteht die Gefahr, dass andere Staaten der Region hineingezogen werden. (...)

Dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu es wagt, dieses Risiko einzugehen, sagt etwas darüber aus, wie solistisch Israel nach eineinhalb Kriegsjahren agiert. Lange Zeit haben westliche Länder sich bemüht, Israel von einem Angriff auf die nukleare Infrastruktur des Irans abzuhalten. Bislang mit Erfolg. Doch jetzt setzt sich Netanjahu offenkundig über ihre Meinung hinweg. Er fühlt sich frei, Grenzen zu überschreiten, weil er sich letztlich der Unterstützung der USA sicher ist.“

„De Telegraaf“, Niederlande: Israel tut dem Westen einen Gefallen

„Nach jahrelangen Drohungen mit Völkermord aus dem Iran, der auf dem besten Weg war, sich Atomwaffen zu beschaffen, blieb Israel keine andere Wahl, als hart zuzuschlagen, um sein eigenes Überleben zu sichern. (...) Denn wie man noch mit einem Gegner verhandeln sollte, der einen zerstören will und dafür bald Atomwaffen einsetzen könnte, ist nicht erkennbar.

Das Regime in Teheran besteht aus religiösen Fanatikern, die nicht nur Israel, sondern den gesamten freien Westen zum Todfeind erklärt haben. Die Versuche von US-Präsident Trump, ein Abkommen mit dem Iran auszuhandeln, scheiterten, weil der Iran nicht von der Atombombe ablassen wollte. Mit der Ausschaltung der Atomanlagen und der militärischen Führung des Terrorstaates Iran tut Israel dem Westen einen Gefallen.“

„El País“, Spanien: Nur die USA und Irans Verbündete können Eskalation stoppen

„Den Iran am Besitz einer Atomwaffe zu hindern, war der Vorwand, mit dem (Israels Ministerpräsident Benjamin) Netanjahu – der seine Verachtung für das Völkerrecht immer wieder unter Beweis gestellt hat – den Angriff rechtfertigte. Aber niemandem bleibt verborgen, dass das unmittelbare Ziel einer solch schwerwiegenden Aktion – eines unprovozierten Militärschlags – darin bestand, die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran zu verhindern, die an diesem Sonntag in Oman wieder aufgenommen werden sollten. Hinzu kommen fingierte innenpolitische Gründe. (...)

In seiner ersten Amtszeit hatte (US-Präsident Donald) Trump das hoffnungsvolle Atomabkommen zwischen (dem damaligen US-Präsidenten) Barack Obama und Teheran einseitig aufgekündigt. Jene Entscheidung des republikanischen Staatschefs, die damals von Israel unterstützt wurde, hat den aktuellen gefährlichen Kurs beschleunigt. (...) Die gesamte Macht der Eindämmung liegt bei den USA, die Israel ihre militärische Überlegenheit in der Region garantieren – und vor allem bei Russland und China, den Verbündeten des Iran.“

„De Tijd“, Belgien: Es könnte eine neue Ära von Terroranschlägen drohen

„Der Angriff mag eine mögliche nukleare Bedrohung kurzzeitig beseitigen, birgt aber gleichzeitig das Risiko eines größeren Krieges. Wird die radikale Flanke des iranischen Regimes nun erst recht in ihrem Bestreben gestärkt, eine Atommacht zu werden? Diese Gefahr ist real.

Und was ist mit dem iranischen Volk? Es steht durch die Wirtschaftssanktionen und die hohe Inflation zunehmend unter Druck. Das könnte sich gegen die Führung wenden, wobei ungewiss ist, wer an ihre Stelle treten könnte. Möglicherweise wird sich das Volk aber auch hinter das Regime stellen, wenn es sich durch den Angriff bedroht fühlt. Auch Saudi-Arabien und die weitere arabische Welt sind erschüttert, und Irans Verbündeter Russland reagierte ebenfalls mit Empörung.

Der Iran mag geschwächt sein, dennoch drohte er, ,die Tore der Hölle zu öffnen‘. Teheran verfügt immer noch über Raketen und könnte die Straße von Hormus, eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt, blockieren. Möglicherweise beginnt auch eine neue Ära von Terroranschlägen gegen israelische Ziele oder seine Verbündeten in der ganzen Welt.“

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