Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) spricht über die Reaktion Deutschlands auf die Lage im Nahen Osten, die Ergebnisse der Innenministerkonferenz sowie die Kritik an den Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze.

WELT: Herr Dobrindt, wie steht es um die Sicherheit jüdischer und israelischer Einrichtungen in Deutschland nach dem israelischen Großangriff auf den Iran?

Alexander Dobrindt: Wir sind hier heute früh sofort zusammengekommen, die Länderinnenminister mit mir, und haben die Lage erörtert. Es gibt natürlich schon seit der Nacht entsprechende Analysen, auch von unseren Diensten. Es gibt keine aktuellen Erkenntnisse, aber es ist naheliegend, dass natürlich jüdische und israelische Einrichtungen jetzt einen besonderen Schutz bedürfen. Deswegen sind wir auch übereingekommen, dass man sich die Schutzkonzepte sofort anschaut und möglicherweise den Schutz noch mal verstärkt. Da, wo es notwendig ist. Er ist ohnehin sehr, sehr hoch seit dem brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel. Und trotzdem muss man das jetzt sehr genau im Blick haben.

WELT: Die Bundespolizei untersteht Ihrem Ministerium und ist zuständig für den Schutz der deutschen Konsulate und vor allen Dingen natürlich Botschaften. Welche Maßnahmen werden getroffen?

Dobrindt: Das ist alles Teil der Analyse. Wir haben auch heute schon mitten in der Nacht mit dieser Analyse entsprechend begonnen. Das heißt, wir sind auch mit allen Beteiligten in Kontakt, durchwegs. Das ist ein Prozess, das ist auch in ständiger Bewegung. Dann kommt man möglicherweise zu Erkenntnissen, die dann da auch zu Maßnahmen führen. Aber aktuell gibt es noch keine, die man veröffentlichen kann oder muss.

WELT: Schauen wir auf die Innenministerkonferenz. Was sind die wichtigsten Ergebnisse dieses Zusammentreffens?

Dobrindt: Ja, es ist sehr deutlich geworden, dass das Migrationsthema etwas ist, was uns nach wie vor ganz massiv beschäftigt. Ich bin sehr dankbar, dass sie auch die Innenministerkonferenz noch mal deutlich gemacht hat, dass es einen Zusammenhang von zwei Elementen gibt: das Element auf der europäischen Ebene, das dafür sorgen muss, dass wir mit einem gemeinsamen europäischen Asylsystem dazukommen, dass die Migrationszahlen sinken; aber dass wir auch nationale Maßnahmen brauchen, die wir umsetzen. Da ist die Bundesregierung ja aktiv. Ich habe die notwendigen Vorschläge und Gesetze auf den Weg gebracht, beispielsweise mit der Aussetzung der Familienzusammenführung bei den subsidiär Geschützten, aber auch mit den Grenzkontrollen, die notwendig sind, und auch den Zurückweisungen, die damit einhergehen. Auch da ist deutlich geworden, dass diese Zurückweisungen auch schon Erfolge zeigen, nämlich die Zahl der Migration geht zurück. Und das ist in einem engen Zusammenhang auch mit diesen Grenzkontrollen zu sehen.

WELT: Ihre Kabinettskollegin, Bundesjustizministerin Hubig, hat von Ihnen eine rasche Begründung für die Zurückweisungen gefordert. Es geht um die Somalier, die an der deutsch-polnischen Grenze zurückgewiesen wurden. Wie weit sind Sie da?

Dobrindt: Wir haben ja eindeutig begründet, wie wir die Situation sehen. Diese Einschätzung bleibt nach wie vor. Wir können unser Asylrecht anwenden, wir können die Zurückweisungen daraufhin basierend anwenden. Das ist im Einklang mit dem europäischen Recht. Dazu sind wir auch in Gesprächen mit der EU-Kommission, auch mit unseren Nachbarländern. Wir achten sehr darauf, dass da keine Schwierigkeiten entstehen. Das ist die Aufgabe, die wir ohnehin erledigen.

WELT: In den grenznahen Regionen ist man nicht wirklich glücklich mit dem Vorgehen. Nehmen wir zum Beispiel Kehl, also französisch-deutsche Grenzregion. Der Bürgermeister dort sagt: Mit uns ist nicht wirklich gesprochen worden. Was sagen Sie zu solchen Vorwürfen?

Dobrindt: Die Grenzkontrollen finden jetzt seit dem September letzten Jahres statt. Da hat man, wenn auch reichlich spät, in der alten Regierung erkannt, dass das jetzt passieren muss, weil man ansonsten überhaupt keine Chance mehr hat, diese Zahl der illegalen Migration unter Kontrolle zu bekommen. Damals, als man das eingeführt hat, hat es Gespräche gegeben. Ich habe das dann noch mal verstärkt mit zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten. Das hat auch eine erhebliche Wirkung. Wir haben heute um 40 Prozent mehr Zurückweisungen als in der Zeit vor dieser Verstärkung. Und wir sind in einem ständigen Austausch mit unseren Partner- und Nachbarländern an dieser Stelle. Die Bundespolizei sorgt sehr dafür, dass es zu keiner übermäßigen Belastung an der Grenze kommt. Das heißt, dass es zu keinen zu langen Staus kommt. Also gibt es eine sehr genaue Achtsamkeit dafür, dass man hier die Sorgen der Regionen immer mit im Blick hat.

WELT: Darüber möchte ich gerne aus eigener Erfahrung sprechen, wenn Sie mir gestatten. Ich bin am Montag aus Polen zurückgekommen via Stettin. Und in Stettin sagte mir mein Navi: großer Rückstau von der Grenze wegen der Kontrollen. Mir wurde ein anderer Weg vorschlagen, und dieser Weg war die sogenannte grüne Grenze. Ich bin mehr oder weniger eine Landstraße lang geführt worden. Irgendwann erschien ein kleines Schild, da stand drauf: Bundesrepublik Deutschland. Und mein erster Gedanke war: Okay, wenn mir das mein Navi sagt, dann gibt es bestimmt auch Schlepper, deren Navi ihnen Ähnliches sagt.

Dobrindt: Jetzt weiß ich nicht, ob Ihr Navi gesagt hat, dass wegen der Grenzkontrolle der Stau da ist, oder sich der Stau vielleicht auch wegen Reiseverkehrs, der durch die Ferien bedingt ist, ergeben hat. Das ist in den letzten Tagen nicht ganz ausgeschlossen. Aber ja, wir wissen, dass die Zahlen der Zurückweisungen hoch sind und wir sie noch mal gesteigert haben. Es gibt keine flächendeckenden Grenzkontrollen. Wir haben auch die Grenzen nicht geschlossen, sondern wir kontrollieren die Grenzen. Und wir kontrollieren sie an vielen Stellen stichprobenartig. Etwas anderes haben wir auch nie in der Vergangenheit gesagt und überhaupt nie eingefordert. Das ist das richtige Vorgehen an der Stelle, damit man eben nicht zu einem Punkt kommt, der zu einer Überlastungssituation an den Grenzen führt. Stichprobenartige, intelligente Kontrollen, das ist das, was wir zusätzlich seit dem 8. Mai durchführen. Und damit haben wir Erfolge, nämlich erhebliche Zurückweisungen, 25.000 Zurückweisungen seit dem September letzten Jahres. Das zeigt deutlich, dass man eben mit dieser Form der Grenzkontrollen wirksam gegen die illegale Migration angehen kann.

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