Nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington landeten Anhänger der rechtsradikalen "Proud Boys" im Gefängnis. Dass Donald Trump sie begnadigte, reicht ihnen aber nicht.

Sie wurden wegen der Stürmung des US-Kapitols zu Haftstrafen verurteilt und später von Präsident Donald Trump begnadigt – nun fordern fünf Frontmänner der rechtsradikalen Gruppe "Proud Boys" 100 Millionen Dollar Schadenersatz von der Regierung. Die Unterzeichner der im Bundesstaat Florida eingereichten Klage machen US-Medien zufolge geltend, dass ihre verfassungsmäßigen Rechte von den Strafverfolgern missachtet worden seien. Unter ihnen ist auch der bekannteste Drahtzieher des Sturms auf den Parlamentssitz in Washington am 6. Januar 2001, Henry "Enrique" Tarrio.

Die Kläger sehen sich demnach als Opfer "politischer Verfolgung". Sie werfen der Bundespolizei FBI und dem Justizministerium vor, diese hätten "das Rechtssystem und die Verfassung der Vereinigten Staaten systematisch und auf unerhörte Weise missbraucht, um Verbündete von Präsident Trump zu bestrafen und zu unterdrücken" – so steht es in der Klageschrift, aus der mehrere Medien zitierten. Beweise seien manipuliert, Zeugen eingeschüchtert und Anwälte ausgespäht worden, um "unrechtmäßige Haftstrafen" zu erwirken, behaupten die 2023 zu 10 bis 22 Jahren Gefängnis verurteilten Straftäter.

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Tausende Anhänger von Donald Trump versammeln sich am 6. Januar 2021 vor dem Kapitol. Der abgewählte US-Präsident hatte sie zuvor in einer Rede aufgerufen, zum Kongresssitz zu marschieren und "wie der Teufel" zu kämpfen. © Spencer Platt / Getty Images
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"Proud Boys" prügelten Polizisten mit Metallstangen nieder

Vor fünfeinhalb Jahren hatten Anhänger des damals noch amtierenden Präsidenten Trump den Parlamentssitz in Washington gewaltsam gestürmt. Dort war der Kongress an jenem Tag zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl 2020 gegen Trump formal zu bestätigen. Trump hatte seine Unterstützer zuvor über Wochen hinweg und dann nochmals in einer Rede mit unbelegten Behauptungen angestachelt, ihm sei der Wahlsieg durch Betrug gestohlen worden. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.

Manche der Randalierer wurden für kleinere Straftatbestände angeklagt – etwa dafür, dass sie unrechtmäßig in das Kapitol eindrangen, sich Polizisten widersetzten, Scheiben einschlugen, Gegenstände im Gebäude zerstörten oder stahlen. Andere wurden wegen schwerer Straftaten verurteilt, etwa weil sie mit Stöcken, Metallstangen oder Fäusten Polizisten niederprügelten oder von langer Hand die Attacke zur Sabotage des Machtwechsels geplant hatten.

Rädelsführer Tarrio war zwar selbst nicht bei der Randale dabei, orchestrierte aber aus dem Hintergrund seine Leute, die teils in voller Kampfausrüstung am Kapitol erschienen und die Attacke lange vorbereitet hatten. Tarrio wurde unter anderem wegen "aufrührerischer Verschwörung" zu 22 Jahren Haft verurteilt. Die höchste Strafe aller Beteiligten – und ein Straftatbestand, der in der Justizgeschichte der USA zuvor nur selten zum Einsatz gekommen war.

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"Trump hat mir buchstäblich mein Leben zurückgegeben"

Im Januar dieses Jahres begnadigte Trump dann direkt zu Beginn seiner zweiten Amtszeit praktisch sämtliche Beteiligte des Kapitol-Sturms. Zahlreiche Rädelsführer kamen nur Stunden nach seiner Vereidigung frei – und äußerten sich mit Genugtuung. "Trump hat mir buchstäblich mein Leben zurückgegeben", sagte Tarrio.

Ein US-Präsident hat zwar qua Verfassung die Befugnis, die Strafen von nach Bundesrecht verurteilten Tätern zu verkürzen oder sie ganz zu begnadigen – auch nachträglich, also nach dem Verbüßen einer Strafe. Dass Trump diese Befugnis aber nutzte, um Gewalttäter freizulassen, die Polizisten verletzt und – angeheizt durch ihn selbst – versucht haben, den friedlichen und demokratischen Machtwechsel in den USA zu stoppen, war ein beispielloser Vorgang.

"Ein Vergleich (zwischen den Klägern und der Regierung) würde suggerieren, dass die Gewalt am 6. Januar völlig gerechtfertigt war", sagte Matthew Dallek, Professor für politische Geschichte an der George Washington University, der "Washington Post". "Das würde die Botschaft ins Land senden, dass diese in einem fairen Verfahren vor Gericht verurteilten "Proud Boys" fälschlich bestraft wurden und Opfer sind. Das stellt den gesamten Tag damals auf den Kopf."

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