Wie stark Mutationen in Spermien mit dem Alter zunehmen
Mit dem höheren Alter, in dem Männer erst Kinder zeugen, steigt das Risiko dafür, dass sie gefährliche Erbgutveränderungen an ihren Nachwuchs weitergeben. Ein Grund dafür ist die Anhäufung von Mutationen in Spermien, beziehungsweise deren Vorläuferzellen. Ein britisches Forscherteam hat in einer Studie 81 Samenproben von 57 gesunden Männern im Alter zwischen 24 und 75 Jahren gezielt auf solche Veränderungen hin mit einem besonders genauen Verfahren analysiert.
Bei Männern Anfang 30 betrug der Anteil von Genen, die krankheitsfördernde Mutationen trugen, etwa zwei Prozent. Bei Männern mittleren und höheren Alters – ab 50 Jahren – liege der Anteil bei schätzungsweise drei bis fünf Prozent, wie die Gruppe um Raheleh Rahbari vom Wellcome Sanger Institute im britischen Hinxton im Fachjournal „Nature“ berichtet. Im Alter von 70 Jahren waren es laut der Studie 4,5 Prozent.
Allerdings geht diese Zunahme nicht nur auf die Häufung zufälliger Mutationen in den Spermien zurück. Manche Mutationen bieten bei der Bildung der Samenzellen in den Hoden einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Zellen ohne diese Veränderungen. Insgesamt identifizierte das Team, darunter Forscher der laufenden „TwinsUK Study“ am King’s College London, 40 Gene, bei denen bestimmte Veränderungen Vorteile bieten; nur 13 davon waren bereits bekannt. Die entdeckte Mutationen gingen oft mit dem Verlust bestimmter Funktionen einher, die etwa für das Zellwachstum oder die Entwicklung wichtig sind.
Viele der betroffenen Gene seien mit einem erhöhten Risiko etwa für Krebserkrankungen oder Entwicklungsstörungen verbunden. Allerdings sei das Alter im Falle einer Vaterschaft meist geringer als das der älteren Studienteilnehmer, merkt das Team an. Daher dürfte der Einfluss des Alters auf die insgesamt bescheidener ausfallen.
„Unsere Resultate haben bedeutende Auswirkungen auf Studien zu Evolution und Krankheiten, die sich auf Modelle zu Keimbahn-Mutationen stützen und die positive Selektion derzeit nicht berücksichtigen“, erläutert die Gruppe. Das Team räumt jedoch ein, dass nicht alle dieser Mutationen zwangsläufig die Krankheitsrisiken für den potenziellen Nachwuchs erhöhen.
Obwohl der Anteil der Spermien mit schädlichen Mutationen mit zunehmendem Alter steigt, führen nicht all diese Veränderungen zu einer erfolgreichen Befruchtung oder zu einer Geburt. Manche können auch die Entwicklung des Embryos beeinträchtigen und zum Abbruch einer Schwangerschaft führen.
Mutationsrate von Keimzellen ist relativ niedrig
Welche gesundheitliche Bedeutung Mutationen konkret für Nachkommen hätten, müsse noch weiter untersucht werden, betonen die Forscher. „Gleichwohl kann das wachsende Bewusstsein über diese Risiken Interesse in Familienplanung, genetische Beratung und klinische Interventionen anregen“, heißt es in der Studie.
Bekannt war bereits, dass die Mutationsraten in Keimzellen – dazu zählen neben den Spermien die Eizellen einer Frau – deutlich niedriger sind als in Zellen der meisten anderen Gewebetypen. In der aktuellen Studie zeigte sich, dass die Mutationsrate in Blut achtmal höher ist als in Spermien.
In sich erneuernden Geweben können Mutationen – also Veränderungen in der DNA – bestimmten Zellen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, wodurch „Klone“ von Zellen entstehen, die dieselben Mutationen tragen. Gruppen dieser Klone können sich dann ausbreiten und andere Zellen geradezu überwachsen. Im Gegensatz zu Mutationen in gewöhnlichen (somatischen) Zellen, die das Bindegewebe, die Knochen und die Organe bilden, werden Mutationen in Spermien- und Eizellen an die nächste Generation weitergegeben.
„Es gibt die gängige Annahme, dass Keimlinien wegen ihrer niedrigen Mutationsraten gut geschützt sind“, wird Studienleiterin Rahbari in einer Mitteilung ihres Instituts zitiert. „Aber tatsächlich ist die männliche Keimbahn eine dynamische Umgebung, in der die natürliche Selektion gefährliche Mutationen begünstigen kann – manchmal mit Konsequenzen für die nächste Generation.“
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