Wie Bewegung das Leben von Krebspatienten verlängert
Für unsere Vorfahren war Sport nicht mehr als ein notwendiges Übel. Wer leben wollte, musste Tieren hinterherjagen, Früchte aus Bäumen pflücken und die Beute in die eigene Höhle schleppen. Doch als der moderne Mensch versuchte, Bewegung auf ein Mindestmaß zu reduzieren, zeigte sich: Selbst wenn man seinem Essen nicht mehr hinterherrennen muss, bleibt Sport überlebenswichtig. Nicht nur lebt der Mensch grundsätzlich länger und gesünder, wenn er aktiv bleibt. Sport hilft ihm auch dann noch, wenn sein Leben bereits am seidenen Faden hängt.
In einer neuen Studie, die gerade auf dem weltweit größten Krebskongress vorgestellt wurde, zeigten Forscher, dass Frauen und Männer, die wegen Dickdarmkrebs behandelt werden, mit einem Bewegungsprogramm nicht nur seltener erneut an Krebs erkranken, es sterben auch weniger von ihnen an der Krankheit.
Kann Bewegung Krebserkrankungen aufhalten?
Und so lief die Untersuchung ab: Die Patienten, die an der Studie teilnahmen, hatten die Behandlung ihres Darmkrebses samt Operation und Chemotherapie bereits abgeschlossen, doch bestand für sie immer noch das Risiko, dass der Krebs zurückkehren könnte. Die Forscher wollten daher herausfinden, ob ein strukturiertes Bewegungsprogramm ihnen helfen würde, gesund zu bleiben.

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Sie teilten die fast 900 teilnehmenden Patienten in sechs Ländern daher nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen auf. Die eine bekam Aufklärungsmaterial zur Förderung von körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung. Die Patienten der Behandlungsgruppe wurden zudem drei Jahre lang von einem "Berater für körperliche Aktivität" – einer Mischung aus Personal Trainer und Life Coach – bei ihrem Sportprogramm unterstützt.
In den ersten sechs Monaten erhielten die Teilnehmer dafür jede Woche eine persönliche Beratung. Im Laufe der Zeit wurde dies auf eine Sitzung pro Monat reduziert. Ziel war es, die körperliche Aktivität auf ein Äquivalent von 30-minütigen Joggingrunden an jedem zweiten Tag zu steigern. Das konnten sie auch mit Radfahren, Joggen, Schwimmen oder Kajak fahren erreichen.
Um 37 Prozent geringeres Sterberisiko
Dann wurde ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Menschen, die an dem strukturierten Trainingsprogramm teilgenommen hatten, länger lebten, ohne dass ihr Krebs zurückkehrte und ohne dass neue Krebserkrankungen auftraten. Sie hatten ein um 37 Prozent geringeres Sterberisiko und ein um 28 Prozent geringeres Risiko, erneut an Darmkrebs zu erkranken oder einem anderen Tumor als die Teilnehmer der Kontrollgruppe.
Nach fünf Jahren waren rund 80 Prozent der Personen, die ein strukturiertes Trainingsprogramm absolvierten, krebsfrei, verglichen mit etwa 74 Prozent derjenigen, die Aufklärungsbroschüren erhalten hatten. Nach acht Jahren hatte das Trainingsprogramm einen Todesfall pro 14 Personen verhindert, die an der Studie teilgenommen hatten.
Die biologischen Mechanismen, die erklären, warum Sport einen direkten Einfluss auf Krebs hat, sind noch weitestgehend unbekannt. Eine wichtige Rolle könnte den Krebsexperten zufolge die entzündungshemmende Wirkung von Sport spielen. Klar ist: "Für eine Intervention, die kein Medikament ist, bietet Bewegung bemerkenswerte Vorteile für die Patienten", sagte der britische Arzt und Wissenschaftler Charles Swanton.
Patienten können etwas für ihr Überleben tun
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist Darmkrebs die dritthäufigste Krebserkrankung weltweit – er macht etwa zehn Prozent aller Krebsfälle aus – und ist die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle weltweit.

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"Eine der häufigsten Fragen, die wir als Onkologen von unseren Patienten gestellt bekommen, lautet: 'Was kann ich noch tun, um meine Prognose zu verbessern?'", sagt Christopher Booth vom Cancer Research Institute der Queen's University in Kanada.
"Diese Ergebnisse geben uns nun eine klare Antwort: Ein Trainingsprogramm mit einem Personal Trainer verringert das Risiko eines erneuten Auftretens von Krebs oder einer neuen Krebserkrankung, lässt Sie sich besser fühlen und hilft Ihnen, länger zu leben", so Booth, der auch Hauptautor der Studie ist, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Schon zuvor hat die Wissenschaft gezeigt, dass Bewegung das Risiko für unterschiedliche Krebsarten senken kann. Forschende gehen davon aus, dass sich etwa einer von zehn Darmkrebsfällen durch mehr Bewegung vermeiden ließe.
"Ich bin überglücklich"
Margaret Tubridy aus Nord-Belfast ist eine der Teilnehmerinnen, die bei dem Programm mitgemacht hat. Die 69-jährige Frau macht noch immer Sport: "Ich war vorher noch nie in einem Fitnessstudio, aber als man mir zeigte, wie man die Geräte bedient und die Übungen macht, fand ich es toll."
Seit ihrer Krebsdiagnose sind fast fünf Jahre vergangen. "Wenn ich jemanden treffe, sage ich ihm, dass es mir gut geht. Die Teilnahme an der Studie hat mir so sehr geholfen – ich bin stärker, fitter und meine Angst ist weniger geworden. Ich hätte nie gedacht, dass ich mit 69 Jahren in der Lage sein würde, all das zu tun – ich bin überglücklich."
Für Pamela Kunz, von der Yale School of Medicine, sollten die Ergebnisse die Versorgung aller Patienten verändern: "Bewegung als Intervention ist eine Selbstverständlichkeit und sollte auf breiter Basis eingeführt werden", so Kunz.
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