Und dann war plötzlich Uli Hoeneß am Telefon
Wie wird man Star des FC Bayern und bekannteste Fußballerin Deutschlands? Wie kämpft man sich nach zwei Kreuzbandrissen zurück?
Giulia Gwinn erklärt es. Ihr Buch: „Write your own story – Mein Weg vom Bolzplatz in die Weltspitze“ (Mosaik-Verlag, 20 Euro) erscheint am 21. Mai. Die Kapitänin der deutschen Nationalelf (über 630.000 Follower bei Instagram) gibt in dem Buch ganz besondere Einblicke in ihr Leben. Der „Zopf der Nation“ will damit vor allem Mädchen und Frauen motivieren, an ihren eigenen Weg zu glauben und ihn auch zu gehen.
Die 25-Jährige schrieb das Buch mit WELT-Sportjournalist Julien Wolff. Darin verrät Gwinn Anekdoten, die noch keiner kennt. WELT zeigt vorab Auszüge.
Wie Hrubesch Gwinn zur DFB-Kapitänin machte
2024 ist Gwinn mit der Nationalelf in Linz. Kapitänin Alexandra Popp fehlt verletzt. „Nach unserer Mannschaftsbesprechung bin ich auf dem Weg in Richtung Platz, als Horst zu mir kommt. Er nimmt mich zur Seite. Ganz auf die für ihn so typische Weise und sagt: ‚Komm mal kurz‘“, erzählt Gwinn. Horst Hrubesch habe ihr direkt in die Augen geschaut und gesagt: ‚Ich bin am Überlegen wegen der Kapitänsfrage. Und ich würde mich sehr freuen, wenn du das Kapitänsamt übernimmst. Für die kommenden beiden Länderspiele (...)‘.
„Horst spürt, dass ich perplex bin. Seine Empathie zeichnet ihn aus. Als könne er meine Gedanken lesen, fährt er fort und sagt: ‚Für mich gibt es nicht viel zu überlegen. Du bist eine gestandene Nationalspielerin. Du bist zwar erst 24 Jahre, aber du hast viel durchgemacht. Du hast viel Erfahrung. Und vor allem bist du ein super Typ (…)‘. Langsam erwachen meine Gesichtsmuskeln aus ihrer Schockstarre. (...) Was für eine Auszeichnung, dass Horst mich fragt. ‚Ich kann mir das sehr gut vorstellen, Horst. Ich freue mich sehr‘, bringe ich schließlich hervor“, schreibt Gwinn in ihrem Buch.
Uli Hoeneß überraschte mit einem Anruf
Gwinn erinnert sich an die Zeit nach ihrem zweiten Kreuzbandriss: „In dieser für mich wirklich schwierigen Phase erscheint eines Tages eine anonyme Nummer auf dem Display meines Smartphones (…). ‚Hallo?‘, frage ich. ‚Hallo, Frau Gwinn, hier spricht Uli Hoeneß‘ (…)“.
„Hoeneß spricht mir seine Genesungswünsche aus. Seine Worte berühren mich. Ich bin beeindruckt: Uli Hoeneß weiß genau um meine Verletzungshistorie. Er hat alles verfolgt, hat sich informiert. Ihm ist klar, dass es bereits mein zweiter Kreuzbandriss ist. Und er sagt mir Sätze, die ich nie vergessen werde: ‚Wann immer Sie etwas brauchen – rufen Sie mich persönlich an. Ich meine damit wirklich mich direkt. Und nicht über irgendwelche Ecken. Ich helfe Ihnen sehr gern.‘ Dieser Anruf bedeutet mir viel (…). Weil es ihm wichtig war, mir Mut zuzusprechen. Und mir seine Unterstützung und die des Klubs zuzusichern. Eine Aktion, die mich sehr bewegt.“
Folgenreiches Elfmeterschießen gegen Paul Breitner
2012 tritt Gwinn als Mädchen im Vorprogramm des Finals der Champions League der Frauen bei einer Fan-Aktion gegen Paul Breitner an. Ihr Vater ist dabei, motiviert sie, teilzunehmen. Gwinn: „Mit meinen kleinen Schritten laufe ich an. Und haue den Ball voll in den Winkel (…). Ich treffe wieder, Paul Breitner verschießt (…). Das Mädchen siegt gegen die Legende. Auch wenn es nur ein spaßiges Elfmeterschießen ist, und Breitner es wahrscheinlich sehr gut mit mir meint und locker schießt: Es stärkt mein Selbstvertrauen (…).“
„Später werde ich bei Elfmetern, bei denen es um viel mehr geht, immer mal wieder an Paul Breitner und meinen Papa zurückdenken. Und mein Papa wird nach einem dieser Spiele augenzwinkernd sagen: ‚Wenn du den Elfmeter gegen Breitner damals nicht geschossen hättest, würdest du heute auch keine Elfer schießen‘.“
Diesen Star hielt Gwinn zunächst für einen Stalker
Gwinn lernt nach ihrer zweiten Kreuzband-OP in der Klinik Péter Gulácsi kennen: „Eines Morgens kommt eine Schwester in mein Zimmer. ‚Frau Gwinn, erwarten Sie Besuch?‘ Ich schüttele den Kopf. Meine Eltern und mein Freund waren bereits bei mir. Die Schwester fährt fort: ‚Dort draußen ist ein Mann, der Sie sucht‘. Das klingt erst mal etwas komisch. Wer sollte das sein? Ein Fan? Ein Stalker?“
„Sie beschreibt ihn mir: groß, sportlich, Deutsch mit Akzent. Ich habe keine Ahnung. ‚Der Mann ist auch Patient bei uns‘. Ich überlege kurz, dann sage ich: ‚Okay, lassen Sie ihn rein.‘ Als es dann an der Tür klopft und er reinkommt, erkenne ich ihn sofort: Es ist Péter Gulácsi, der ungarische Nationaltorwart von RB Leipzig. Wie ich hat er sich im Oktober das Kreuzband gerissen. Sogar am selben Tag. (...) Wir unterhalten uns viel und freunden uns an.“
Heimliche Tränen im Auto
In der Reha-Phase nach ihrem ersten Kreuzbandriss versteckt Gwinn ihre wahren Gefühle vor ihren Mannschaftskolleginnen. „Es fühlt sich manchmal an, als würde ich eine Maske tragen. Eine Maske, die eine positive Giuli zeigt, die aber meine echten Emotionen verbirgt. Eine Maske, die ich erst absetze, wenn ich mit meinem Training und den Besprechungen auf dem Campus fertig bin. Sobald ich in mein Auto steige, ist die Maske unten. Und ich weine hemmungslos. Keine Ahnung, wie viele Tränen der Fahrersitz meines Autos in dieser Zeit schluckt. Viele auf jeden Fall“, schreibt sie in ihrem Buch.
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