Im Verband tobt ein heftiger Machtkampf - und die Athleten leiden. Der Moderne Fünfkampf steht in Deutschland vor dem Kollaps, die Folgen sind verheerend. Gelder werden nicht gezahlt, womöglich stirbt die Sportart sogar aus.

Zwei Präsidien, kein Geld vom Bund und Sportler in großer Sorge: Im Deutschen Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) tobt ein erbitterter Machtkampf, der im deutschen Sport seinesgleichen sucht. "Grundsätzlich gibt es auch die Angst, dass der Sport komplett ausstirbt, wenn es so weitergeht", sagt die dreimalige Mannschafts-Weltmeisterin Janine Kohlmann im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Die dramatische Einschätzung der 34-Jährigen ist nicht unbegründet. "Die Handlungsunfähigkeit des Verbandes hat den organisierten Sportbetrieb faktisch zum Erliegen gebracht", urteilt der Verein "Athleten Deutschland". Dessen Geschäftsführer Johannes Herber meint: "Die aktuellen Ereignisse im DVMF zeigen, welchen immensen Schaden schlechte Verbandsführung und interne Machtkämpfe anrichten können."

Aber was ist passiert? Der einstige Vizepräsident Jan Veder wollte eigentlich das Amt des Präsidenten übernehmen. Bei der Wahl am 30. November 2024 verhinderte Michael Dörr dies allerdings durch eine eigene erneute Kandidatur. Seitdem ist das Hauen und Stechen im DVMF immer weiter eskaliert. "Inzwischen hatten wir uns so zerstritten", sagt Dörr. Veder hingegen erklärt: "Die Situation im DVMF ist das Ergebnis eines Komplotts von Personen, die nur ihre eigenen Interessen - und nicht die des Sports - verfolgen."

Ein heftig schwelender Zwist hatte schließlich zur Folge, dass auf zwei verschiedenen Verbandstagen Ende April zwei Präsidien gewählt wurden: Eins unter Führung von Veder, dem anderen steht Baden-Württembergs Landesvorsitzende Barbara Oettinger vor, die auf Dörr folgte. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist alarmiert. Die Situation sei "aktuell unübersichtlich", sagt eine Sprecherin. Der DOSB fordert eine schnellstmögliche Klärung - und zieht seine Konsequenzen, unter denen auch die Sportlerinnen und Sportler leiden.

Start im Deutschland-Trikot sogar verboten

Denn beim DOSB liegen zwei unterschiedliche Kaderlisten vor - je eine von jedem Präsidium. "Dadurch, dass die Probleme mit den zwei Lagern bestehen, hat der DOSB gesagt, wir stoppen jetzt erst einmal alles", so Kohlmann. Der DOSB nehme keine sportfachlichen Prüfungen mehr vor. Deswegen habe seit Jahresbeginn kein Sportler Geld von der Sporthilfe bekommen. Auch der Zugang zu Sportfördergruppen liegt für die Modernen Fünfkämpfer auf Eis.

Nach dpa-Informationen hat das für Sport zuständige Bundesinnenministerium bislang ungefähr 700.000 Euro zurückgehalten, die der DVMF für internationale Wettkämpfe, Trainingslager und den Sportbetrieb allgemein benötigt. Das ist in etwa die Hälfte der Jahreszuwendungen. An die Anschaffung von Trainingsgeräten für die neue Disziplin Obstacle - ein Hindernis-Parcour - anstelle des Springreitens ist daher nicht zu denken.

Die konkurrierenden Lager werden nicht müde zu betonen, alles für den Sport tun zu wollen. Der aber liegt brach. Wegen der Grabenkämpfe gibt es keinen Nominierungsausschuss und somit auch keine vom DVMF genehmigten Starts bei internationalen Wettkämpfen. Dass Kohlmann und zwei weitere Sportler auf eigene Kosten zum Weltcup nach Budapest reisten, sorgte für weiteren Zoff, der darin gipfelte, dass ihnen der Start im Nationaldress verboten wurde. Auch die möglichen Starter bei der bevorstehenden Junioren-EM im polnischen Drzonkow müssen mit elterlicher Hilfe ihre Teilnahme selbst zahlen.

Fallen Meisterschaften aus?

Die deutschen Meisterschaften sind zwar für das zweite August-Wochenende terminiert, es gibt aber keinen Austragungsort - und ob sie überhaupt stattfinden, steht in den Sternen. Vier Verbandstage in fünf Monaten, ein laufender Arbeitsgerichtsprozess und ausstehende Gelder haben den Verband laut Veder finanziell noch nicht ans Limit gebracht. "Der DVMF ist zahlungsfähig und es droht auch keine Zahlungsunfähigkeit", erklärt er.

Nur rund 30.000 Euro monatlich für laufende Kosten werden gezahlt. "Keine Mittel für den Verband, keine Mittel an uns durch die Sporthilfe - es wird gesagt, wenn die Situation sich klärt, wird rückwirkend gezahlt", sagt Kohlmann. "Die Motivation ist nicht mehr so richtig da, weil wir nicht wissen, wann ist der nächste Wettkampf, wie wird es weitergehen? Da ist auch ein bisschen Angst um die sportliche Zukunft, aber auch die wirtschaftliche."

Dabei ist es ihr nicht egal, wer den Verband führt. "Für mich ist der rechtmäßige Präsident Jan Veder. Es gab den Rechtsausschuss-Entscheid, es gab den Schiedsgerichts-Entscheid und damit war für mich dieser eine Verbandstag am 26. April vom Lager des ehemaligen Präsidenten Dörr nicht rechtmäßig", sagt die Landespolizistin. Der Bruch geht mitten durchs Sportler-Lager: Die gewählten Athleten-Vertreter Rebecca Langrehr und Patrick Dogue posierten fürs Foto mit dem Oettinger-Präsidium.

"Es geht bei uns aktuell nicht darum, ob man bei einem Weltcup starten darf oder nicht. Bei uns geht es gerade darum, ob wir als Verband überleben", sagt Dogue dem SID. Laut ihm sorgen sich die Athleten vor allem um die im Jahresverlauf auslaufenden Verträge der Sportförderplätze. "Das ist die größte Angst", sagt Dogue, "wenn es im Verband nicht irgendwie möglich ist, dass man eine Einigung hinkriegt und die Leute verlängert, sind wir arbeitslos."

Ganze Generation Sportler verloren?

Dogue ist 33 Jahre alt, Kohlmann noch ein Jahr älter, beide haben den Großteil ihrer Karrieren hinter sich. Die Folgen einer dauerhaft ausbleibenden Förderung wären für den Nachwuchs gravierender. "Im Endeffekt würde es bedeuten, dass wir eigentlich 90 Prozent unserer jüngeren Generation für 2028 und fortlaufend verlieren", sagt Dogue.

Der Riss, der sich im DVMF über die Landesverbände bis zu den Trainern und Athleten zieht und ursprünglich an der Personalie von Bundestrainer Andrii Iefremenko aufgebrochen sein soll, muss letztlich wohl auf juristischer Ebene geklärt werden. "Es läuft auf ein Gerichtsurteil hinaus", sagt Dogue: "Man kann hoffen, dass es im Eilantrag durchkommt. Dann sind wir hoffentlich im August wieder handlungsfähig. Dann bleibt noch Zeit, irgendwas zu regulieren." Einen jahrelangen Rechtsstreit samt ausbleibender Förderung würde der DVMF nicht überstehen.

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