Die Zeiten, in denen die Spieler des SC Freiburg so taten, als ob die Tabelle sie überhaupt nichts anginge, sind vorbei. Max Rosenfelder jedenfalls redete offen über das, was bis vor kurzem noch unaussprechlich schien: die alles andere als unrealistische Chance, erstmals in der Geschichte des Sport-Clubs den Einzug in die Champions League zu schaffen.

„Wenn du drei Spieltage vor Schluss noch oben stehst, willst du es auch durchziehen“, sagte der Verteidiger, der am vergangenen Wochenende den Siegtreffer beim 1:0 in Wolfsburg erzielt hatte. Es war Rosenfelders erstes Bundesligator überhaupt – und zugleich ein Meilenstein. Denn seither haben es die Freiburger selbst in der Hand, sich ihren großen Traum zu erfüllen.

Die Mannschaft von Julian Schuster biegt als Tabellenvierter auf die Zielgerade der Saison ein, muss diesen Platz nach Dortmunds 4:0 gegen Wolfsburg vom Samstagabend aber zurückerobern.

Am Sonntag kommt mit Bayer Leverkusen die wohl schwierigste der drei Herausforderungen, die noch gemeistert werden müssen (17.30 Uhr, DAZN). „Wir haben uns Selbstvertrauen geholt und uns fest vorgenommen, auch gegen die Topteams etwas zu holen“, erklärte Rosenfelder – ein Spieler, wie er typischer für den Verein kaum sein könnte. Möglicherweise weiß der 22-Jährige auch deshalb besonders gut, worauf es nun ankommen wird: klar und fokussiert zu bleiben – und sich nicht verrückt machen zu lassen.

„Das Trainerteam schärft uns immer wieder“

Rosenfelder kam als 14-jähriges Talent zum Sport-Club. In der Saison 2021/2022, als die Freiburger als Bundesligasechster in Europa League einzogen, spielte er noch in der U19. Im Jahr darauf, als das Team, damals noch von Christian Streich trainiert, Fünfter wurde und sich erneut für die Europa League qualifizieren konnte, kickte er in der U23. Schon da war es nicht utopisch, dass es auch für die Champions League hätte reichen können.

Und in der vergangenen Saison, mittlerweile war Rosenfelder fester Bestandteil des Profikaders, verspielten die Freiburger an den letzten vier Spieltagen die lange Zeit mögliche dritte Europapokal-Qualifikation in Folge. Da reichte es am Ende nicht einmal mehr für die Conference League. So etwas soll sich auf keinen Fall wiederholen. „Wir haben es intern angesprochen, dass wir in den vergangenen Jahren in einer guten Ausgangsposition waren und es dann doch nicht gereicht hat“, sagte Rosenfelder.

Vor allem Schuster, der im vergangenen Sommer die Nachfolge von Streich antrat, setzt alles daran, dass die richtigen Lehren im Hinblick auf den Endspurt gezogen werden. „Das Trainerteam schärft uns immer wieder und wir Spieler sind voll scharf“, so Defensivallrounder Rosenfelder.

Das könnte die Trumpfkarte der Freiburger werden. Denn im Gegensatz zu den hinter ihnen lauernden Leipzigern und Dortmundern, die wahrscheinlich die härtesten Konkurrenten im Kampf um Platz vier sein werden, trainiert Schuster zwar nicht die beste Mannschaft – doch sein Team ist mit ziemlicher Sicherheit das homogenste. Zudem ist die Stimmungslage bei den Klubs grundverschieden. In Leipzig und Dortmund wäre ein Verpassen der Königsklasse gefühlt eine Katastrophe. Das erzeugt Druck. In Freiburg wäre das Erreichen der Champions League der Höhepunkt der Klubgeschichte – das setzt positive Energie frei.

Eines der laufstärksten Teams der Bundesliga

Schuster, der sich durch hohe Akribie auszeichnet, ist überzeugt, dass es besonders darauf ankommen wird. „Wichtig wird, diese Energie auf den Platz zu bringen, aggressiv zu sein“, predigt er seit Wochen. Es gehe darum, Gegentore zu vermeiden und kompakt zu stehen. Nach Möglichkeit alle Räume, aus denen der Gegner gefährlich werden könnte, zuzulaufen. Diesen Ansatz hat seine Mannschaft verinnerlicht. Die Freiburger zählen mit 119,5 Kilometern, die die Spieler im Schnitt pro Spiel absolvieren, zu den laufstärksten Teams der Bundesliga, sie belegen in dieser Statistik Rang vier. Bei den besonders kraftraubenden intensiven Läufen sind sie Dritter.

Um sicherzustellen, dass die Mannschaft auch in den letzten Spielen noch eine ähnlich hohe Intensität an den Tag legen kann, hat Schuster das Training angepasst. „Wir haben uns Zeit genommen, um genau hinzuschauen, was die Gründe gewesen sein könnten“, sagte Schuster im Hinblick darauf, dass den Freiburgern in den vergangenen Jahren unter Streich gegen Ende die Luft auszugehen schien.

Dabei sei festgestellt worden: Die Stammkräfte, die regelmäßig gespielt haben, waren ausgelaugt. Deshalb wurde für Unterschiedsspieler wie Vincenzo Grifo und Ritsu Doan die Belastung gedrosselt – für andere, die weniger gespielt haben, dagegen gesteigert. „Wir versuchen, das Training so zu dosieren, dass wir die Spieler zum Wochenende hin auf der Spitze haben“, so der Coach.

Freiburg fehlt es auf Topniveau an individueller Klasse

Der Rest ist dann Kopfsache – gerade wenn es gegen stark besetzte Topmannschaften geht. Denn dann setzte es in der Vergangenheit in schöner Regelmäßigkeit heftige Niederlagen. Freiburg fehlt es auf Topniveau an individueller Klasse. Umso wichtiger wäre es, dass speziell Grifo und Doan gut in Form sein werden – gegen die Leverkusener, gegen die es im Hinspiel ein 1:5 gab und am letzten Spieltag gegen Frankfurt, wo der SC in der Hinrunde mit 1:4 unter die Räder kam.

Im Saisonfinale, darüber sind sich die Freiburger im Klaren, werden sie an ihre Grenzen gehen müssen. Das ist die Quintessenz aus der Philosophie des Vereins, die über Jahre hinweg mehr auf Entwicklung eigener Spieler denn auf Verpflichtung hochkarätiger Stars ausgerichtet ist. Dazu gehört es, Talente zu fördern und ihnen die Chance zu geben – so wie bei Max Rosenfelder, Noah Atubolu und Johan Manzambi.

Für diesen Weg – die Freiburger nennen ihn gern „Freiburger Schule“ – stand vor allem der langjährige Cheftrainer Christian Streich. Julian Schuster führt ihn fort – und könnte die Mannschaft so tatsächlich in die Königsklasse führen. Das wäre in Anbetracht des wirtschaftlichen Rückstandes zu den üblichen Champions-League-Teilnehmern außergewöhnlich.

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