Lamine Yamal macht die ganze Welt und Hansi Flick verrückt
Über das spektakuläre 3:3 zwischen Barcelona und Inter dürften noch in Jahrzehnten Erinnerungen ausgetauscht werden. In dem unglaublichen Fußballspiel drängelt sich mit Lamine Yamal ein Teenager in den Vordergrund. Ein Jahrhundertspieler, sagen alle.
Das Halbfinal-Hinspiel der Königsklasse zwischen Barcelona und Inter Mailand endet 3:3 (2:2). Es ist ein Abend, der noch lange in Erinnerung bleiben wird. Das Spiel ist eine Hymne an den Fußball. Und eines, in dem sich Lamine Yamal in seinem 100. Pflichtspiel für Barca endgültig zu wohl aufregendsten Spieler der Gegenwart aufschwang.
"Der Fußball kennt kein Alter", hatte der Spanier vor dem Spiel gesagt. "Es ist ein Sport, in dem alles von der Qualität und dem Kopf eines jeden abhängt." Qualität gab es in Barcelona in dieser Liebeserklärung an das Sportspiel Fußball im Übermaß. "Yamal ist Phänomen, das alle 50 Jahre geboren wird", staunte Inter-Trainer Simone Inzaghi.
Barça rannte draufgängerisch an, positionierte die letzten Verteidiger an der Mittellinie, warf alles in die Hälfte der sich am eigenen Strafraum einzementierenden Italiener. Zwei sich konträr gegenüberstehende Ideen vom Fußball belauerten sich an diesem 30. April 2025 oben auf dem Hügel im Estadi de Montjuïc. Ein einnehmendes, atemloses Spiel, das in jedem Moment die Konventionen einer normalen Partie hinter sich lassen konnte.
"Eine Hommage an den Fußball"
Es produzierte Momente für die Ewigkeit und lässt für das Rückspiel in der kommenden Woche beide Teams vom Einzug in das Finale in München träumen. "Wir haben hier 4:4 gespielt und dort 1:0 gewonnen. Das ist bei uns auch möglich", erinnerte Barcelonas Supertrainer Hansi Flick an das spanische Pokalhalbfinale gegen Atlético Madrid. Barcelona will das Triple gewinnen. Der Pokal ist eingetütet, in der Meisterschaft sieht es gut aus und im Rückspiel gegen Inter ist alles möglich. Der Traum lebt weiter. Weil es bei dieser Mannschaft meist egal ist, wo sie spielen.
Inter lauerte kühl auf die wenigen Chancen, die sich meist durch Standards ergaben. Auf der anderen Seite zog der weiterhin erst 17-jährige Yamal in seinem 100. Pflichtspiel für Barcelona die Aufmerksamkeit auf sich. Die beiden Traumtore der Gäste, die mit dem Makel von drei aufeinanderfolgenden Niederlagen angereist waren, zum Auftakt der epischen 90. Minuten allein hätten für die Bezeichnung denkwürdiges Spiel gereicht. Doch am Ende wurde es das, was die "Gazzetta dello Sport" einen "Anwärter auf das Spiel des Jahres" und die "Marca" eine "Hommage an den Fußball" nannte.
Das Spiel wogt hin und her
Marcus Thuram traf nach wenigen Sekunden überlegt mit der Hacke am ausgerutschten Inigo Martinez und Torhüter Wojciech Szczesny vorbei zur Führung. Aufgelegt hatte ihm der auf Seiten der Italiener alles überragende Denzel Dumfries. Der Niederländer legte sich nach einer Ecke spektakulär in die Luft und traf zum 2:0 für Inter. Später erzielte Dumfries erneut nach einer Ecke das 3:2 für Inter (64.). Der 29-Jährige schnappte sich später die Auszeichnung zum "Man of the Match", doch die Geschichte des Spiels war er nicht. Die Geschichte war auch nicht Raphina, der das 2:2 für Ferran Torres auflegte (38.) und das Eigentor von Inter-Keeper Yann Sommer zum 3:3 mit einem gewaltigen Distanzschuss provozierte (65.).
Die Geschichte war auch nicht der ehemalige Dortmunder Henrik Mkhitaryan, dessen Zehenspitze in der 74. Minute das 4:3 für Inter verhinderte. Abseits, statt Auswärtssieg. Dabei hatte ein einfacher, wohltemperierter Pass von Dumfries die gesamte Abwehr Barças ausgehebelt. E
Die Geschichte des Spiels war natürlich ein 17-Jähriger mit strohhutblondgefärbten Haaren.
Wer soll Barcelona schlagen?
Denn wer nach dem 0:2 und auch nach dem 2:3 dachte, dass die Geschichte von Barcelona und dem Supertrainer Flick auserzählt war, der hatte die vergangenen Monate mit allem verbracht, aber gewiss nicht mit dem vielleicht auch nur flüchtigen Studium der aufregendsten Mannschaft des Jahrzehnts rund um den unglaublichen Yamal.
Barça spielt mit der Überzeugung eines Teams, das alles gewinnen will und nichts verlieren kann. "In diesem Jahr können sie uns nicht beikommen", soll Yamal während des gerade einmal wenige Tage zurückliegenden, ebenso denkwürdigen spanischen Pokalfinals gegen Real Madrid zu Ronald Araujo gesagt haben. Gemeint hatte der bereits Vergleiche mit Pelé und nicht mehr mit Lionel Messi provozierende Yamal da wohl wirklich die sich später selbst zerlegenden Rivalen aus der spanischen Hauptstadt, doch es war eine Warnung für den Rest von Europa.
Als es nun 0:2 gegen Inter stand, schnappte sich Yamal den Ball in der Mitte der gegnerischen Hälfte, spielte mit einer kurzen Bewegung den doppelt so alten Mkhitaryan aus, glitt in den Strafraum und riss mit einem ansatzlosen Schlenzer ins linke Eck erste Löcher in den Zement der Italiener. Nur noch 1:2 nach 26. Minuten.
Das schönste Nicht-Tor der Königsklasse
Kaum hatte die Welt sich von diesem Moment der Perfektion erholt, fror Yamal in der 27. Minute auf seiner rechten Angriffsseite mit einem erneuten Antritt alles um ihn herum ein. Er zog zur Grundlinie, machte eine Kehre, war immer noch in einer unmöglichen Position und beförderte den Ball doch derart in Richtung Tor, dass nur die aufgescheuchten Arme von Inter-Torhüter Sommer einen erneuten Einschlag verhinderten.
Das war die Darbietung eines der schönsten Nicht-Tore in der langen Geschichte der Champions League. Kurz vor Ende des Spiels, als es bereits 3:3 stand, bewarb der strohblonde Yamal sich mit einem aus dem Himmel fallenden Lupfer ans Gebälk erneut dafür. Doch gegen das, was er in dieser 27. Minute auf das Spielfeld zauberte, war auch diese letzte Gelegenheit in der 87. Minute nahezu gewöhnlich.
"Er ist besonders. Ich habe es schon oft gesagt: Er ist ein Genie", sagte Flick nach dem Spiel. "Für uns war er in der ersten Halbzeit so wichtig. Von ihm gingen so viele Aktionen aus, er hat das erste Tor erzielt. Sie wissen es, ich weiß es, jeder weiß es, besonders nach dem Spiel heute - er ist ein fantastischer Spieler. Er ist in den großen Spielen immer da. Das brauchen wir von ihm, das wollen wir von ihm. Er ist immer da. Es muss ihm auch Spaß machen. Ich bin so glücklich, dass dieses Talent, das es so vielleicht alle 50 Jahre gibt, für Barcelona spielt."
Bald schon in einer Reihe mit Messi
Worte, die mächtig klingen. Worte, die von seinem Gegenüber, Inter-Trainer Inzaghi, so unterschrieben wurden. Er sagte: "Lamine Yamal ist ein Phänomen, das alle 50 Jahre geboren wird." Dann beschrieb er die Unmöglichkeit, Yamal zu verteidigen. Auch mit zwei Mann sei das nicht möglich gewesen. "Das war nicht genug", sagte er. Verteidiger Alessandro Bastoni stimmte ein. Er sagte: "Er ist unglaublich, einer der besten Flügelspieler der Welt"."
Yamal, hieß es dazu in den spanischen Medien, direkt nach Spielschluss sei "in der Lage, mit dem Ball Wunder zu vollbringen", wie "El Mundo" nüchtern kommentierte. Soeben habe er "die Leistung seines Lebens gezeigt, die an die Größten erinnerte", versachlichte auch "AS" die Debatte um den mit 17 Jahren und 291 Tagen nun jüngsten Torschützen in einem Königsklassen-Halbfinale. Und überall auf der Welt überboten sich die Kommentatoren, die Beobachter und Fans mit ihrer Begeisterung. Ihr Fazit lautete: Der 17-Jährige ist Gegenwart und Zukunft des Fußballs zugleich. Er kann einmal der größte Spieler aller Zeiten werden.
"Ich vergleiche mich mit niemandem und schon gar nicht mit Messi", hatte Yamal vor dem Spiel zu Journalisten gesagt. "Das überlasse ich Euch." Noch ein paar dieser Auftritte, und die Vergleiche werden abreißen. Bald schon wird er neben Lionel Messi stehen. Denn ein Raum über Messi, das ist auch Yamal klar, existiert bisher nicht.
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