„Solange ich laufen kann, spiele ich für Deutschland“
Weltmeister war er schon, seit September ist er auch Europameister. Dennis Schröder führte die deutsche Basketball-Nationalmannschaft zum EM-Titel. Wie schon bei der WM 2023 wurde der 32 Jahre alte Point Guard zum besten Spieler (MVP) des Turniers gewählt. Kurz vor Weihnachten wurde das Team zudem als Deutschlands Mannschaft des Jahres ausgezeichnet.
Frage: Herr Schröder, haben Sie sich nach dem EM-Titel persönlich mit irgendetwas belohnt beziehungsweise eine bleibende Erinnerung geschaffen?
Dennis Schröder: Nach dem EM-Sieg haben wir mit dem Team in Riga direkt in meinen Geburtstag reingefeiert. Ich habe natürlich von meiner Frau und der Familie Geschenke bekommen. Wir haben es genossen, die nächsten zwölf Tage in Deutschland zusammen zu sein. Aber es standen in der Zeit so viele Termine an, dass ich gar nicht dazu gekommen bin, mir etwas zu kaufen.
Frage: Was bedeutet es Ihnen, zum Ehrenbürger von Braunschweig ernannt worden zu sein?
Schröder: In meiner Heimatstadt Braunschweig zum Ehrenbürger ernannt zu werden, war natürlich eine Riesen-Ehre. Dass Braunschweig mich so supportet und Deutschland mich so supportet – das bedeutet mir alles. Der Basketball-Standort Braunschweig hat mir alles gegeben und erst die Voraussetzungen dafür geschaffen, das Level zu erreichen, auf dem ich bin. Deswegen möchten wir etwas zurückgeben, deswegen bin ich nach jeder Saison am Start und versuche, etwas für die Community zu tun. Wir machen das aber nicht, um solche Auszeichnungen zu bekommen. Sondern wir machen das, weil wir es richtig finden. Wir wollen den Kids von heute eine geile Plattform schaffen und Braunschweig auf die Karte packen – und ich freue mich natürlich, dass das so gut ankommt.
Frage: Wie viel von dem jungen Dennis Schröder im Prinzenpark steckt heute noch in Ihnen?
Schröder: Ich glaube, sehr viel. Deswegen kehre ich auch nach jeder Saison immer wieder nach Braunschweig zurück. Natürlich, wenn man älter wird, wird man weiser und weiß, was im Leben wichtig ist. Ich habe eine wundervolle Frau, die mir sehr geholfen hat, vieles zu verstehen. Ich habe drei wundervolle Kinder, die mein Leben geändert haben. Aber trotzdem bleiben die Werte, die ich als Kind hatte, und das, woran ich schon damals geglaubt habe. Das wird sich nicht ändern.
Frage: Haben Sie den Eindruck, dass Sie durch Ihre Erfolge und als Vorbild dazu beigetragen haben, dass es in Deutschland weniger rassistische Ressentiments gibt?
Schröder: Ich bin in Braunschweig mit rassistischen Kommentaren aufgewachsen. Mit Leuten, die mich gefragt haben, warum meine Hautfarbe anders ist. Mit Leuten, die gesagt haben, dass ich dreckig bin. Als ich dann angefangen habe, Basketball zu spielen und im Sport immer höher und höher gekommen bin, wurde ich mehr und mehr respektiert. Aber meiner Meinung nach ist genau das falsch, dass es mit dem Erfolg im Zusammenhang steht. Ich würde mir wünschen, dass der Rassismus nicht mehr präsent ist und dass wir als Gesellschaft einen besseren Job dabei machen, einfach alle zusammen zu sein und uns nicht zu separieren. Das ist nicht der Sinn des Lebens.
Frage: Was ist der Unterschied zwischen dem NBA-Dennis und dem in der Nationalmannschaft?
Schröder: Da gibt es gar nicht viel zu sagen. Wenn ich einen Trainer habe, wenn ich Mitspieler habe, die mir vertrauen und die sich anführen lassen, dann habe ich auch in der NBA gezeigt, was ich bewirken kann. Das war zum Beispiel bei den Brooklyn Nets so. Der Trainer hat mir vertraut. Meine Teammates haben mir zugehört, ich habe erreicht, dass sich jeder verantwortlich fühlt. Das hat Spaß gemacht. Und das ist das, was ich brauche.
Frage: Wie lange wollen Sie noch in der Nationalmannschaft spielen?
Schröder: Ich habe vor, Nationalmannschaft zu spielen, bis ich nicht mehr laufen kann. Es ist einfach etwas Besonderes, für die Nationalmannschaft zu spielen. Und solange ich laufen kann und dem Team helfen kann, werde ich das machen. Das ist mein Ziel.
Frage: Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der aktiven Karriere?
Schröder: Ich bin ja Hauptgesellschafter der Löwen Braunschweig, daneben bauen wir uns gerade verschiedene Firmen abseits des Basketballs auf. Ich möchte aber auch viel Zeit mit der Familie verbringen, weil wir jetzt immer sehr viel unterwegs sind. Ich könnte mir auch vorstellen, beim DBB etwas zu machen, aber nicht als Trainer, sondern eher im organisatorischen Bereich. Dinge, um die sich aktuell der Präsident Ingo Weiss kümmert. Aber das ist ja noch lange hin.
Frage: Sie sind aktuell die goldene Generation des deutschen Basketballs. Welchen Spielern trauen Sie zu, sowohl in der NBA als auch in der Nationalmannschaft in Ihre Fußstapfen zu treten?
Schröder: Wir wurden schon 2019 vor der WM in China in Deutschland als goldene Generation bezeichnet. Damals hatten wir auch schon mehrere NBA-Jungs im Kader. Aber da waren wir noch kein Team, da waren wir noch nicht zusammen. Dass wir jetzt Weltmeister und Europameister geworden sind, zeigt, wie sehr wir uns der Sache verschrieben haben, Basketball-Spiele und Turniere zu gewinnen. In der jungen Generation mit Christian Anderson, Hannes Steinbach und den ganzen Jungs, die U18-Europameister und U19-Vizeweltmeister geworden sind, gibt es viele, die das Zeug haben, in der NBA und der Nationalmannschaft zu spielen.
Frage: Isaiah Hartenstein, NBA-Meister mit Oklahoma, hat gesagt, dass er bei der WM 2027 und Olympia in LA gerne für die Nationalmannschaft spielen will. Bis jetzt hatte er sich nie zum DBB bekannt. Wie stehen Sie dazu?
Schröder: Alle in Deutschland wissen, wie ich dazu stehe, dass sich jemand verbindlich für eine Sache verpflichtet. Das wird sich nicht ändern. Da sind viele Leute, die ihren Sommer aufgegeben haben für die deutsche Nationalmannschaft. Und das sollte belohnt werden. Da bin ich immer ein Freund von.
Frage: Wie wohl fühlen sich Ihre Familie und Sie in Sacramento?
Schröder: Die Familie fühlt sich sehr wohl, wir haben ein sehr schönes Haus mit sehr viel Platz gefunden. Jetzt müssen wir eigentlich nur noch unseren Pool beheizt bekommen. Dann werden die Kinder auch wieder Schwimmunterricht haben. Wir haben auch schon einiges in der Gegend unternommen, und es fühlt sich auf jeden Fall cool an. Jetzt schauen wir, dass es auf dem Spielfeld genauso wird.
Frage: Wie sehr sehnen Sie sich, danach mal dauerhaft an einem Ort zu leben?
Schröder: Ich freue mich, irgendwann wieder in Deutschland zu sein und mein eigenes Haus zu haben, wo ich weiß, dass es wirklich ein Zuhause ist. Wir bauen gerade in Braunschweig, und ich freue mich schon, in ein paar Jahren dort eine feste Bleibe zu haben.
Frage: Wie belastend ist es, so oft getraded worden zu sein?
Schröder: Ich versuche immer, alles positiv zu nehmen. Im Endeffekt habe ich durch die ganzen Trades viele Besitzer, viele neue Team-Kollegen getroffen, und ich bin dafür dankbar, dass ich mit denen so eine Verbindung haben kann. Das sollte man nicht negativ nehmen, sondern versuchen, darüber hinauszuschauen.
Frage: Warum tragen Sie eigentlich den „Golden Patch“, die goldene Strähne in Ihrem Haar, nicht mehr?
Schröder: Als ich im Sommer 2023 bei den Lakers war, habe ich nicht mehr gefärbt. Dadurch wurde die Farbe eher zu Bronze. Danach habe ich es im Sommer komplett ruhen lassen und einfach nur die Haare geschnitten. Zur WM bin ich darum dann auch ohne gegangen. Dann haben wir den Titel geholt! Das war so ein Trigger-Point für mich, um zu sagen: Hey, ich brauche den Golden Patch nicht mehr! Wenn man jung ist, macht man ein paar crazy Sachen. Jetzt bin ich auch älter geworden, habe eine Frau und drei Kinder. Da ist es nicht mehr die Priorität. So wie Kobe Bryant es gemacht hat, als er seine Rückennummer von der 8 zur 24 gewechselt hat, weil er erwachsener geworden ist.
Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) erstellt und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.
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