Schlotterbecks Trübsinn dürfte dem FC Bayern gefallen
Von dem unerschütterlichen Selbstvertrauen, das Nico Schlotterbeck eigentlich immer und selbst nach Niederlagen auszeichnet, war nicht mehr viel übrig. Auch wenn er sich bemühte, den Blick doch noch irgendwie nach vorn zu richten. „Wir können trotzdem noch ganz viel erreichen. Wir haben in der Bundesliga ordentlich gepunktet, stehen in der Champions League auf Platz sechs – aber es tut extrem weh. Ich bin auch extrem niedergeschlagen“, sagte der Nationalspieler.
Kurz zuvor war er mit dem BVB aus dem DFB-Pokal ausgeschieden. Denkbar knapp und sicher auch ein wenig unglücklich. Der Traum, in dieser Saison, die möglicherweise seine letzte in Dortmund sein wird, einen Titel zu gewinnen, ist für Schlotterbeck nach dem 0:1 (0:1) im Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen zwar nicht geplatzt, aber extrem unrealistisch geworden.
Das Pokal-Aus trifft den BVB hart. „Wir sollten mal wieder zeigen, dass wir titelreif im DFB-Pokal sind“, hatte Sport-Geschäftsführer Lars Ricken vor anderthalb Wochen auf der Mitgliederversammlung gesagt. Das war gewagt, doch er hatte Gründe für diese Ansage – sehr spezifische Dortmunder Gründe. Es nagt an den Borussen, dass sie, nachdem sie 2023 am letzten Spieltag die sicher geglaubte Meisterschaft verspielt hatten, keinerlei Chancen mehr auf diesen Titel hatten. Und in Anbetracht der Münchener Dominanz möglicherweise in absehbarer Zeit auch nicht mehr haben werden. Und in der Champions League? 2024 hatten sie es sensationell ins Finale geschafft, was aber trotz gutem Spiel unglücklich gegen Real Madrid verloren ging. Wer weiß, wann und ob sich solche Gelegenheiten überhaupt wieder ergeben.
„Solche Spiele musst du einfach killen“, sagt Emre Can
Doch im Pokal, da sieht das anders aus. Da müsste doch etwas gehen können. So dachte längst nicht nur Ricken.
„Das ist brutal. Wir wollten das Ding holen und wir brauchen jetzt sicher ein paar Tage, um das zu verkraften“, erklärte Waldemar Anton am Dienstag, nachdem diese Hoffnung geplatzt war. „Es ist Wahnsinn, dass wir hier ohne Tor rausgehen“, sagte Emre Can. Der Mannschaft sei kein Vorwurf zu machen. Das gehe schon aus den Daten hervor. Die Dortmunder hatten ein gewaltiges Übergewicht: 11:0 Ecken, 18:6 Torschüsse. Es habe nur „Killerinstinkt“ gefehlt, so Can. „Solche Spiele musst du einfach killen.“
Es gab trotzdem nicht viele klare Möglichkeiten, um die Leverkusener Führung durch Ibrahim Maza (34. Minute) auszugleichen. Genau genommen nur zwei – und Karim Adeyemi, in den vergangenen Wochen einer der Besten, vergab beide kurz vor der Pause. Zunächst rettete Robert Andrich für Leverkusen auf der Torlinie (40.), dann verzog Adeyemi in aussichtsreicher Position (42.).
Es fehlte ausgerechnet an dem, was die Mannschaft, seit sie von Niko Kovac trainiert, meist auszeichnet: Effektivität. „Es war ein enges Spiel, genauso wie es drei Tage vorher ein enges Spiel war“, sagte der BVB-Trainer. Am Samstag hatten die Dortmunder das Verfolger-Duell in der Bundesliga mit 2:1 in Leverkusen gewonnen – obwohl die Gastgeber spielbestimmend waren. Dieses Mal war es umgekehrt. „Wir sind enttäuscht, aber das Leben geht weiter“, erklärte Kovac und verwies auf die nächste Herausforderung. Am Sonntag geht es in der Liga gegen die TSG Hoffenheim. Die rangiert nur zwei Plätze und zwei Punkte hinter dem BVB. Es geht um die Champions League-Plätze. Von der wirtschaftlichen Bedeutung stehen die deutlich über dem Pokal. Aber Geld ist im modernen Fußball dann halt immer noch nicht alles.
Schlotterbeck will Titel gewinnen
Die Angst vor einer titellosen Spielzeit könnte tatsächlich gravierende Auswirkungen auf die weitere Entwicklung haben. „In diesen Spielen wird sich zeigen, in welche Richtung die Saison geht“, hatte ausgerechnet Schlotterbeck vor den beiden Aufeinandertreffen mit den Leverkusenern gesagt. Es könnten auch seine eigenen Überlegungen in Bezug auf seine Zukunft gewesen sein, die ihn dazu veranlasst haben. Soll er seinen bis 2027 laufenden Vertrag verlängern oder nicht? Schlotterbeck, der das Interesse des FC Bayern und weiterer Klubs geweckt hat, würde ja gerne bleiben – aber er will auch die Aussicht auf Titel haben.
Der Poker zwischen dem BVB und dem Innenverteidiger dauert schon Wochen – und auch für den Geschmack einiger Entscheidungsträger im Klub bereits zu lange. Das Interesse des BVB ist klar: Entweder Schlotterbeck bindet sich langfristig oder er wird verkauft, damit er in anderthalb Jahren nicht ablösefrei gehen kann. Außerdem hätte es eine nicht unerhebliche Signalwirkung auf andere Spieler, sollte der 26-Jährige einen neuen Vertrag unterschreiben. Der Wunsch nach schnellstmöglicher Planungssicherheit ist groß.
Die wäre übrigens in beiderseitigem Interesse. Denn in den vergangenen Wochen hat sich Schlotterbecks Fehlerquote erhöht. Beim 3:3 gegen den VfB Stuttgart hatte er das Tor von Deniz Undav zum Last-Minute-Ausgleich nicht verhindern können. Am Samstag in Leverkusen hatte er Christian Kofane vor dessen Anschlusstreffer zum 1:2 aus den Augen verloren.
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Am Dienstag wirkte Schlotterbeck fast schon übermotiviert, als wolle er seine Fehler aus den letzten Spielen durch Aktionismus wettmachen. In der 34. Minute rannte er Leverkusens Torhüter Mark Flekken an, als der im Fünfmeterraum den Ball führte. Der Niederländer aber reagierte cool, passte den Ball zur Seite. Dies konnte er tun, weil Schlotterbecks Teamkollegen von seinem Vorpreschen überrascht schienen. Und nach vier weiteren, schnell und präzise gespielten Leverkusener Pässen landete das Spielgerät bei Maza – der aus dem Gewühl heraus den einzigen Treffer des Abends erzielen konnte.
„Vielleicht muss man in diesem Moment den Torwart nicht unbedingt anlaufen. Wir hatten uns zwar vorgenommen, in dieser Situation Mann gegen Mann zu verteidigen, aber die Räume wurden dann sehr groß“, sagte Sebastian Kehl.
Der Sportdirektor ist der Dortmunder Verhandlungsführer in der Causa Schlotterbeck. Möglicherweise schob er auch deshalb nach: „Trotzdem waren wir anschließend im eigenen Strafraum noch in der Überzahl. Da hätten wir das Tor noch einfangen können.“ Das jedoch gelang nicht.
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