Mit dem ständigen Auf und Ab der deutschen Fußball-Nationalmannschaft kreist die allgemeine Wahrnehmung häufig auch nur um das DFB-Team. Dabei haben die Gegner in der WM-Qualifikation spannende Geschichten zu erzählen. Denn auch hinter Luxemburg liegen bewegte Jahre. Nach 15 Jahren endete im vergangenen August die Ära von Nationalcoach Luc Holtz. Den Verband wühlte die Debatte um Gerson Rodrigues auf. Der Angreifer war wegen häuslicher Gewalt verurteilt worden und sollte deshalb eigentlich nicht mehr für die Nationalelf auflaufen - Holtz nominierte ihn trotzdem.

Die Debatte liegt hinter den Luxemburgern, mit dem neuen Nationaltrainer Jeff Strasser geht der Blick nach vorne. Das Land mit den rund 672.000 Einwohnern wartet noch auf die erste Qualifikation für ein großes Turnier. Bei der Europameisterschaft 2024 in Deutschland scheiterten sie gegen das spätere Überraschungsteam aus Georgien. Für die Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Kanada und Mexiko sind sie in einer Quali-Gruppe mit dem DFB-Team. Das Turnierticket ist theoretisch noch möglich. Anruf bei Mathias Olesen, um einmal über das Sportliche rund um Luxemburgs Nationalelf zu sprechen. Der 24-Jährige spielt in der zweiten Bundesliga für Greuther Fürth, davor beim 1. FC Köln. Für die A-Nationalelf hat er mittlerweile 32 Partien absolviert.

ntv.de: Herr Olesen, Sie sind gebürtiger Däne und spielen für die luxemburgische Fußball-Nationalmannschaft. Wie kam das eigentlich?

Mathias Olesen: Als ich sechs Jahre alt war, bin ich mit meiner Familie aus Dänemark nach Luxemburg gezogen, weil mein Vater hier einen Job bekommen hat. Deshalb habe ich eigentlich schon immer hier Fußball gespielt - und nur ein Jahr in Dänemark. Mittlerweile habe ich länger hier gewohnt als in Dänemark. Mein fußballerisches Herz schlägt in Luxemburg, deswegen fühle ich mich auch mehr als Luxemburger.

Wie wird man luxemburgischer Nationalspieler?

Hier ist der Nachwuchs etwas anders organisiert als in Deutschland. Ich spiele seit der U12 für die luxemburgische Nationalelf. In Deutschland ist das ein bisschen mit den NLZ vergleichbar, den Nachwuchsleistungszentren. Nach sieben Jahren durfte man in Luxemburg dann einen Test machen, um dann einen Pass zu beantragen. Meine Mutter hat das gemacht, damit ich in der U17 ein Turnier zur EM-Quali spielen konnte.

Ist das ein typischer Werdegang?

Schon ein bisschen. In unserem Kader gibt es viele Spieler, die nur zu einer Hälfte aus Luxemburg kommen. Und ich finde das eigentlich richtig cool. Es gibt viele Kulturen, aber alle sprechen Luxemburgisch - und jeder kommt in der Nationalmannschaft miteinander richtig gut klar.

Da hilft es, wenn man schon seit der U12 miteinander spielt. Wie wirkt sich das aus?

Ich glaube, das ist ein Vorteil unserer Nationalmannschaft, dass unser Land ein bisschen kleiner ist und wir uns deshalb auch neben dem Platz alle gut kennen. Also wir kommen ja aus verschiedenen Jahrgängen. Und ein paar Spieler haben diesen Weg durch die ganzen Jugendmannschaften nicht mitgemacht - aus meinem Jahrgang ist es beispielsweise nur Seid Korac. Aber es gibt auch ganz andere Beispiele: Aus einem anderen Jahrgang haben es richtig viele in die Nationalelf geschafft. Die kennen sich alle, seit sie ganz jung sind.

Besonders hierzulande hat Luxemburg noch den Ruf eines Fußballzwerges. Aber ist das überhaupt noch gerechtfertigt?

Nein, das finde ich nicht. Man braucht ja nur auf die vergangene EM-Qualifikation zu schauen. In unserer Gruppe sind wir Dritter geworden, hinter Portugal und der Slowakei. Und später dann erst in den Playoffs gegen Georgien gescheitert. Und wir können auch große Nationen schlagen, im März haben wir das beim Sieg gegen Schweden gezeigt. Jetzt in der WM-Quali haben wir ganz unglücklich gegen die Slowakei verloren. Wir haben viele Spieler, die auf richtig hohem Niveau spielen. Deswegen können wir auch mit einer breiten Brust in die Partien gehen. Und nicht nur das: Wir haben sehr gute Bedingungen, ein top-professionelles Team hinter dem Team, da sind wir keine kleine Nationalmannschaft mehr. Ich finde, wir sind richtig gut.

Und trotzdem stecken Sie ja so ein bisschen in der sportlichen Krise, oder?

Das würde ich so nicht sagen. Wir hatten im vergangenen Jahr eine schwierige Phase. Besonders in der Nations League hat vieles nicht so geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir wurden in unserer Gruppe leider Gruppenletzter. Aber vieles ist zu der Zeit auch neben dem Platz passiert, das sorgte für viel Unruhe in der Mannschaft. Doch das liegt hinter uns.

Mit welchem Anspruch gehen Sie in die WM-Qualifikation?

Es ist auf jeden Fall mein großer Traum, einmal mit Luxemburg zu einem großen Turnier zu fahren. Das wäre richtig groß. Und das wird in der Zukunft hoffentlich auch passieren. In der WM-Quali ist das jetzt etwas schwierig, weil wir die ersten beiden Spiele verloren haben. Die 1:3-Niederlage gegen Nordirland war etwas unglücklich. Und beim 0:1 gegen die Slowakei haben wir zwar unsere beste Seite gezeigt und richtig gut gespielt - aber leider kein Tor gemacht. Aber der Auftritt gibt uns auf jeden Fall Selbstvertrauen für das Deutschlandspiel. Wir schauen jetzt einfach von Spiel zu Spiel und versuchen, jedes Mal drei Punkte zu holen - auch gegen die Deutschen und auch, wenn es schwer wird. Wir wollen sie ärgern.

Mit Mathias Olesen sprach Sebastian Schneider

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