Die beinharten Gelbsünder sind eigentlich ganz "anständige Jungs"
Der Mainzer Dominik Kohr hat sich am Wochenende seine 100. Gelbe Karte in der Bundesliga abgeholt - und nun nur noch Stefan Effenberg in der Rekordliste vor sich. In der "Ahnengalerie der Sünder" steht Kohr aber schon längst in einer Reihe mit Gelb-Legenden wie Walter Frosch.
"Das ist ein anständiger Junge. Ich kenne ihn jahrelang. Er hat immer versucht, sauber und fair zu spielen." Das sind die legendären Worte des Schiedsrichters Walter Eschweiler über den nicht weniger legendären Fußballprofi Walter Frosch. Über den ehemaligen Abwehrspieler aus Ludwigshafen am Rhein ranken sich bis heute viele unglaubliche Geschichten.
So hat man jahrelang zum Beispiel geglaubt, der knochenharte Recke habe in einer Saison einmal 27 Gelbe Karten kassiert. Das ist mittlerweile widerlegt. Doch ein Satz von Frosch über seine Vorliebe für den gelben Karton ist dennoch hängengeblieben: "Ich habe fast alle meine Gelben wegen Foulspiels gekriegt. Denn ich habe meine Kontrahenten oft zusammen mit dem Ball umgenietet."
"Albtraum aller Schwiegermütter"
Frosch hat in seiner Karriere eine Menge Karten kassiert, aber selbst er ist nie in den Dunstkreis von Dominik Kohr gekommen. Denn der Mainzer Abwehrspieler hat am Wochenende ein neues rundes Jubiläum feiern können. Seine Gelbe Karte im Spiel seines FSV beim Hamburger SV war die 100. in seiner Bundesligakarriere. Nun hat er nur noch Stefan Effenberg vor sich, der je nach Quelle zwischen 110 und 114 Mal den gelben Karton vor die Nase gehalten bekommen hat in der ersten Liga. Da ist es verständlich, dass der Hamburger Jung Effenberg einst über sich selbst sagte: "Ich bin der Albtraum aller Schwiegermütter."
Der ehemalige Nationalspieler zeichnet sich übrigens auch durch ein anderes Novum aus. Denn nachdem die Gelb-Rote zur Spielzeit 1991/92 in der Bundesliga eingeführt worden war, holte sich Effenberg gleich am 4. Spieltag beim 3:2-Heimsieg seiner Bayern über den FC Schalke 04 als allererster Spieler die Ampelkarte von Schiri Michael Malbranc ab. In den illustren Kreis, in den Dominik Kohr vor einigen Tagen mit seinem achten Feldverweis vorstoßen konnte, ist Stefan Effenberg allerdings nie gelangt. Um mit Kohr, Nowotny und Gustavo an die Spitze zu kommen, fehlte dem früheren Bundesliga-Rüpel ein Platzverweis.
Dafür war Stefan Effenberg live mit dabei, als Schiedsrichter Hartmut Strampe aus Handorf am 7. April 2001 den Bundesliga-Schlager zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München zu einem Rekordfestival der Karten werden ließ. Nur zwei (!) Spieler des Gastes aus München blieben an diesem Tag ohne Verwarnung. Nie zuvor und nie danach hat ein Team in der Bundesliga mehr Karten in einer einzigen Partie kassiert als die Bayern in diesem unvergesslichen Spiel.
"Kohr muss Kohr bleiben"
Und da auch noch drei Dortmunder an diesem Tag Gelb bekamen, ist die Marke von 14 Verwarnungen bis heute in der Liga unübertroffen. Kein Wunder, dass Uli Hoeneß damals (äußerlich) Rot sah und sich Stefan Effenberg noch viele Jahr später an diese Begegnung erinnern konnte: "Früher, als ich gegen Dortmund gespielt habe, da gab es, glaube ich, 125 Gelbe Karten!"
Dominik Kohr ist längst in Mainz als Verteidiger unersetzlich. Mit seinen 31 Jahren ist er einer der Anführer im Team des diesjährigen Conference League Teilnehmers. Und obwohl seine Spielweise ihm die eine oder andere Karte im Laufe einer Saison einbringt, sagt sein Trainer Bo Henriksen voller Überzeugung: "Dominik Kohr muss Dominik Kohr bleiben. Dann tut er unserer Mannschaft unglaublich gut. Deswegen spielt er in jedem Spiel - wenn er kann." Und dass er nicht immer kann, hat natürlich mit den Sperren zu tun, die zwangsläufig während der Saison aufgrund der Vielzahl an Karten erfolgen müssen. Und damit schließt sich der Kreis zu Walter Frosch.
"Dann wird es ein bisschen deftig"
Denn, wenn auch nicht unmittelbar, aber möglicherweise doch indirekt, haben die vielen gelben Kartons, die Walter Frosch nicht nur in der Spielzeit 1976/77 (auch hier schwanken die Zahlen zwischen 11 bis 18) kassierte, damit zu tun, dass zur Saison 1979/80 in der Bundesliga eine neue Regel in Kraft trat - die Sperre nach der vierten Gelben Karte. Frosch selbst war allerdings davon im bezahlten Fußball nicht mehr betroffen.
Die Gelbe Karte ist bis heute jedoch ganz eng mit ihm verknüpft. Im Miniatur Wunderland in Hamburg bekommt sie Frosch auf dem Rasen des Millerntor-Stadions von einem namenlosen Schiedsrichter gezeigt. In einer frühen Reportage über Walter "Frosch, den Gelben" hat der damalige Spieler des SV Alsenborn über sich selbst gesagt: "Zum Großteil habe ich mit meinen Gegenspielern ein gutes Verhältnis. Vor dem Spiel und während des Spiels wird es halt ein bisschen deftig. Nach dem Spiel legt sich das aber wieder." Und genau das wird man wohl auch über Dominik Kohr trotz der vielen, vielen Verwarnungen sagen. Oder wie Schiri Eschweiler einst über Walter Frosch meinte: "Das ist ein anständiger Junge."
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