Drei Siege in Folge, Platz zwei in der 2. Fußball-Bundesliga: Der ewige Patient FC Schalke 04 bringt seine Fans nach dem erkämpften Sieg bei Arminia Bielefeld wieder zum Träumen. Trainer Miron Muslic hat das Team stabilisiert, bremst aber trotzdem.

In Gelsenkirchen möchte man gerade nicht meckern. Klar, da sind diese Elversberger, die kaum jemand fassen kann, aber sonst ist doch zumindest fußballerisch alles in bester Ordnung in der Ruhrgebietsstadt. Auf Platz zwei geht der FC Schalke 04 in die Länderspielpause. Das schwere Auswärtsspiel in der 2. Fußball-Bundesliga bei der Arminia aus Bielefeld gewannen die Schalker knapp 2:1 (1:0). Sie waren nicht die bessere Mannschaft, aber sie hatten einmal mehr ihre erstaunliche Widerstandskraft in dieser Saison bewiesen. Schalke ist wieder Schalke - eine Malochertruppe, die den eigenen Anhang verzaubert. Und den Trainer.

"Die Jungs haben sich in alles reingeworfen. Ich kann sagen, dass es heute glücklich war", gestand Miron Muslic nach dem Kraftakt auf der Alm. "Doch ich kann damit leben, weil sich das eben immer ausgleicht. Was aber die Mentalität betrifft und die Widerstandsfähigkeit, dieses noch einmal alles reinhauen: Das ist etwas Nachhaltiges und das wird uns mittel- und langfristig helfen."

Helfen? Wobei? Das ist die große Frage, die einige Fans allerdings längst für sich beantwortet haben: Nach jahrelanger Dauerkrise und einem drohenden Absturz in die 3. Liga soll es wieder nach oben gehen. Zurück in die 1. Bundesliga. Am liebsten sofort. Erst einmal aber feiern sie den Moment. Wie so oft in diesen Wochen. Nach dem Sieg ging's vor die Kurve. Dort war es in den vergangenen Jahren nicht immer einfach. Trotz der fast immer bedingungslosen Unterstützung gab es auch knackige Ansagen. Wenn die Fans fühlten, dass sie die einzigen Schalker waren. Vergeben, vergessen.

Weltidee der Schalker zahlt sich voll aus

Der FC Schalke 04 ist ein Erstligist. Vom eigenen Anspruch her, von der DNA des Klubs, von der Infrastruktur. Von allem. Doch jahrelang fand die Mannschaft nicht ihren Platz in diesem Gesamtbild. Trainer um Trainer kamen und gingen. Spieler um Spieler wurden geholt, enttäuschten, gingen und wurden blitzvergessen. Die Schalker wurden etwas, das sie nie sein wollten. Die Schalker wurden beliebig, sie wurden egal. Manchmal wurden sie verlacht.

So auch in diesem Sommer, als sie den völlig unbekannten Muslic vorstellten und sogar noch eine Ablöse für ihn bezahlten. Er kam von Plymouth Argyle. Das ist eine Mannschaft, die man eigentlich nur von Managerspielen kennt. Muslic und Argyle stiegen als Vorletzter aus der zweiten englischen Liga ab. Auf die Idee, einen solchen Trainer zu verpflichten, muss man erst einmal kommen. Erst recht, wenn die doch jahrelang eine Haltwertzeit von Frischmilch hatten. Aber im Herbst 2025 zeigt sich: Es war eine Weltidee der Schalker.

Muslic holt das Maximum aus der Mannschaft heraus. Das war lange verschüttet und galt als nicht vorhanden. Nur sporadisch wurde das Team im Sommer verstärkt, die finanzielle Lage des Klubs ließ einen großen Umbruch nicht zu, der schien nach der Dauerkrise dringend nötig. Ein Irrglaube. Der neue Trainer hat die Defensive stabilisiert. Auch dank seines Wunschspielers Nikola Katic. Der Hüne regelt im Zentrum, dahinter regelt Torwart Loris Karius. Der Mann, der schon im Champions-League-Finale stand, ist der beste Torhüter der Liga und genießt das große Vertrauen nach wilden Jahren, die ihm ebenfalls viel Häme einbrachten. Auch, weil der 32-Jährige ein schillerndes Leben abseits des Platzes führt.

Katic kümmert sich um regungslosen Stürmer

Katic und Karius sorgten auf der Bielefelder Alm abseits des Sportlichen für einen großen Moment. Der Keeper war mit beiden Fäusten zum Ball gegangen und hatte Arminias Stürmer Joel Grodowski mit der linken Hand getroffen. Der ging sofort zu Boden und blieb regungslos und mit ausgestreckten Armen liegen. Katic reagierte schnell und brachte Grodowski in die stabile Seitenlage, bevor medizinisches Personal auf das Feld eilte. Kurze Zeit später war Grodowski wieder auf den Beinen und umarmte Karius. "Es hat ziemlich wild ausgeschaut. Nikola hat in dieser Hektik gut reagiert", lobte Muslic seinen Abwehrchef. Auch der Keeper blieb die ganze Zeit dabei.

Mit vielen kleinen Schritten und klugen Transfers des ebenfalls noch nicht lange amtierenden Sportchefs Frank Baumann setzt Schalke zu immer größeren Sprüngen an. Die möchte Muslic aber (noch) nicht zu groß reden. Vor dem Sieg in Bielefeld warnte er davor, Schalke in falschen Regionen zu verorten. "Wir sind auf einem guten Weg und wollen gerne auf diesem Weg bleiben. Sachlich, ruhig und mit beiden Füßen auf dem Boden", betonte der 43-Jährige bei Sky. "Wir wollen gerne auf dieser Welle bleiben, aber wir wissen, wo wir herkommen. Wir sind noch keine Spitzenmannschaft aber wollen uns gerne dahin entwickeln."

Jetzt wartet der Realitätscheck

Immer mehr Ansätze werden erkennbar: Das hohe Pressing funktioniert. So auch in Bielefeld. Einen zu kurzen Aufbaupass von Arminia-Torhüter Jonas Kersken ersprintete Christopher Antwi-Adjei und schoss den Ball ins verwaiste Tor. Beim 2:0 blieb Vitalie Becker zwar in der Bielefelder Abwehr hängen, doch Innenverteidiger Hasan Kurucay schaltete am schnellsten. Plötzlich allerdings wackelte die bis dahin beste Abwehr der Liga: Adrian Gantenbein rettete in höchster Not mit dem Hinterkopf für seinen bereits geschlagenen Torwart Loris Karius (34.). Kurz nach der Pause fingen sie sich das Gegentor. Maximilian Großer (48.) traf. Aber Schalke blieb stabil. Die Resilienz der Mannschaft beeindruckte abermals. Und so stand am Ende der beste Saisonstart im Unterhaus seit 1990 für den FC Schalke 04.

Wie gut die Mannschaft wirklich ist, kann sie direkt nach der Länderspielpause zeigen. Dann geht es gegen die Spitzenteams Hannover 96, zweimal gegen den SV Darmstadt 98 (Liga und DFB-Pokal), gegen Karlsruhe und gegen den noch amtierenden Tabellenführer SV Elversberg. Man kann echt nicht meckern in Gelsenkirchen. Zumindest sportlich nicht.

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