Niko Springer machte das Lippenlesen leicht. „Was? Was?“, fragte er kopfschüttelnd in Richtung seines Anhangs. Er konnte es selbst nicht glauben, was er da gerade vollbracht hatte. Springer krönte sich in seiner ersten Saison als Profi zum Champion auf der European Tour. Es ist sein erster Turniersieg als PDC-Profi – und der erste eines Deutschen seit Martin Schindler in Graz im April dieses Jahres. In einem dramatischen Finale von Budapest schlug Springer den Niederländer Danny Noppert mit 8:7.

„Ich bin sehr glücklich. Ich kann es nicht glauben“, sagte Springer im Sieger-Interview – und verriet sein Geheimnis: Er sei genauso wie bei seinem ersten European-Tour-Finale im Mai in Rosmalen (6:8-Niederlage gegen Jonny Clayton) vorher nicht zum Friseur gegangen.

Dass der 25-jährige Springer der nächste deutsche Darts-Star werden dürfte, hatte er in den vergangenen Monaten mit starken Leistungen immer wieder angedeutet. Wie weit er aber auf diesem Weg schon ist, bewies er am Sonntagabend eindrucksvoll. Schon im Viertelfinale hatte er für ein echtes Ausrufezeichen gesorgt, als er die Nummer eins der Welt Luke Humphries überzeugend geschlagen hatte.

Springer spielte in diesem Spiel einen überzeugenden Average von 101,87 Punkten, traf sechs von elf Würfen auf ein Doppel. Es sind Weltklasse-Werte. 6:4 hieß es am Ende für den Deutschen, der im Live-Ranking nach dem Turniersieg an Position 66 der Weltrangliste geführt wird. Insbesondere mit dem Ende gegen Humphries ließ Springer aufhorchen. Im letzten Leg hatte Springer nach sechs perfekten Darts sogar den legendären Neundarter in der Hand, verfehlte mit dem siebten Pfeil aber knapp die Triple 20.

„Was haben wir da für einen Dartspieler?“

Er brauchte trotzdem nicht mehr als elf Darts, um das Match zu seinen Gunsten zu entscheiden. Schon im Leg zuvor hatte er Humphries in elf Darts gebreakt. Es waren 22 Pfeile ins Glück. „Was haben wir da für einen Dartspieler, was haben wir da für einen Typen?“, fragte sich auch DAZN-Kommentator Adrian Geiler.

Springer selbst suchte im Interview nach den richtigen Worten. Ob es das größte Spiel seiner Karriere gewesen sei, wurde der aus Mainz stammende „Meenzer Bub“ gefragt. „Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht sagen“, antwortete Springer. Die wahre Antwort lieferte Springer später am Abend. Nein, das Spiel gegen Humphries war es nicht. Es sollte noch folgen.

Springer übersteht Matchdart im Halbfinale

Im Halbfinale überstand Springer gegen den Nordiren Josh Rock, immerhin auch im Live-Ranking die Nummer zehn der Welt, einen Nervenkrimi. Zwischenzeitlich führte Springer schon mit 6:4, hatte mit 170 das höchste Finish im Darts gelöscht und war diesmal mit acht perfekten Darts nur an der Doppel zwölf am Neundarter gescheitert. Dennoch musste Springer gegen seinen starken Gegner ins Entscheidungsleg. Rock hatte zuvor mit einem 126er- und 64er-Finish großes Timing bewiesen.

Beim Stand von 6:6 aber verpasste Rock den Matchdart aufs Bullseye. Springer hingegen nutzte seine zweite Chance, um in sein zweites European-Tour-Finale einzuziehen.

Dort konnte Springer zunächst nicht an die starken Leistungen der Spiele zuvor anknüpfen. Die Nervosität, die er noch nach seinem Sieg gegen Humphries im Interview angesprochen hatte, schien sich nun bemerkbar zu machen. Nach fünf Legs stand Springer lediglich bei rund 78 Punkten im Average. Weil sein Kontrahent daraus aber nie wirklich Kapital schlug, entwickelte sich ein völlig offenes und dramatisches Match. Erst schien Springer die Partie mit einem massiven 120er-Checkout zum 5:5 unter Kontrolle zu bekommen, dann konterte Noppert zum 5:6 aus deutscher Sicht, weil Springer in 17 Darts kein einziges Triple traf.

Der Mainzer buchte mit zwei Legs in Folge mindestens den Decider, zu dem es nach einem souveränen Anwurf Nopperts dann auch kam. Dort gingen dem Niederländer Luft und Nerven aus, Springer konnte gefahrlos den Sieg nach Hause bringen – und sich sogar drei verpasste Matchdarts erlauben. Der Vierte brachte ihm die Trophäe – und „Niko Springer“-Sprechchöre in Budapest.

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