Diese Zahlen belegen die wahren Ausmaße von Englands erdrückender Macht
Der Garten ist 1200 Quadratmeter groß. Kartoffeln werden hier angebaut, Tomaten, Gurken, Bohnen, Brokkoli, auch Beeren und andere Obstsorten. Was überrascht, ist der Ort der Oase: Der Gemüsegarten liegt nicht in einer Kolonie am Stadtrand, sondern auf dem High-Tech-Trainingsgelände des FC Liverpool. Mona Nemmer (41) hat ihn anlegen lassen. Jürgen Klopp (58), der Ex-Trainer des amtierenden englischen Meisters, holte die Köchin und Ernährungswissenschaftlerin 2016 nach Liverpool. Später bezeichnete Klopp sie als seinen „besten Transfer“. Er hatte Nemmer vom FC Bayern verpflichtet. Ablösefrei.
Die Expertin baute eine ganze Ernährungsabteilung mit 26 Mitarbeitern auf. Alle Mannschaften von der Jugend bis zu den Profis wurden von diesem Zeitpunkt an auf dem AXA-Gelände nach ihren Plänen versorgt. Während der Pandemie-Zeit baute sie einen Lieferservice für die Star-Kicker und deren Familien auf, der anschließend erhalten wurde.
Das Beispiel von Mona Nemmer zeigt, warum die englischen Klubs den Konkurrenten in Europa immer überlegener werden und ihnen im Sprint-Tempo enteilen. Sie haben das meiste Geld und wissen es so einzusetzen, dass es am Ende zu mehr Toren führt.
Die Strahlkraft der Premier League und die herausragenden Bedingungen in den Vereinen sorgen dafür, dass es für die Besten vor allem ein Ziel gibt: England. Wenn die Shopping Queen des Weltfußballs loszieht, lassen sich die Mega-Stars wie Florian Wirtz (22) gerne überzeugen. Der größte Hoffnungsträger des deutschen Fußballs wechselte für 140 Millionen Euro von Leverkusen nach Liverpool.
Und die Experten des Fußball-Geschäfts sind sich einig: Die englischen Vereine werden ihre Einkaufstouren noch ausweiten, weil in Zukunft noch mehr Geld da sein wird. Die meisten Klubs haben ihre Stadien saniert oder neu gebaut, die Trainingsgelände auf das höchste Niveau gebracht. Die Abteilungen rund um die Mannschaften setzen Maßstäbe und werden weiter optimiert. Das liegt am Einfluss der Investoren. Sie erwarten, dass die Infrastruktur das höchste Level erreicht, um die Werthaltigkeit der Vereine zu stärken.
Beispiel Liverpool: 2010 kaufte die Fenway Sports Group mit Sitz in Boston den Klub für rund 350 Millionen Euro. Heute wird der Wert auf knapp fünf Milliarden Euro taxiert. Die Einkaufstour im Sommer, mit Zugängen für rund 500 Millionen Euro an Ablösen, sorgt da für keine großen Ausschläge. Das Geld ist da.
Nicht, weil die Besitzer es nach Belieben in die Mannschaften pumpen. Sondern, weil es eingenommen wird und investiert werden kann. Die englischen Manager bedienen sich sehr gerne in Deutschland, wenn sie aufstrebende Super-Stars kaufen. Allein in diesem Sommer flossen 763 Millionen Euro in die Bundesliga – plus Boni. So viel wie in keine andere Liga. Leverkusen kassiert für Wirtz und Jeremie Frimpong (24) 175 Millionen Euro vom FC Liverpool, Frankfurt für Hugo Ekitiké (23) bis zu 95 Millionen Euro ebenfalls von den „Reds“. Newcastle zahlt für Nick Woltemade (23) bis zu 90 Millionen Euro an den VfB Stuttgart.
Liverpool kassiert doppelt so viel TV-Geld wie Bayern
Den Stürmer wollte der FC Bayern holen, nachdem die sicher geglaubte Verpflichtung von Wirtz bereits gescheitert war. Beide entschieden sich für England. Bei Wirtz hätte der FC Bayern die Ablöse nicht zahlen können, bei Woltemade wollte sie der Rekordmeister nicht zahlen. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die Münchner im Zirkus der Großen nur noch eine kleine Rolle spielen. Ehrenpräsident Uli Hoeneß (73) bezeichnete seinen Klub schon als „Hoffenheim“ der Champions League.
Das klingt nach Selbstaufgabe. Die Zahlen belegen aber den Eindruck. Noch ein Vergleich zu Liverpool: Der englische Meister hat in der vergangenen Saison 202 Millionen Euro an TV-Geld in der Heimat kassiert. Der FC Bayern bekam als Deutscher Meister 2024/25 genau die Hälfte: 101 Millionen Euro. Selbst Premier-League-Absteiger Southampton kassierte 25 Prozent mehr als die Nummer eins des deutschen Fußballs, 126 Millionen Euro.
Als Bayern-Trainer Vincent Kompany (39), der selbst für Manchester City spielte, kürzlich gefragt wurde, warum die Top-Stars lieber nach England als zum FC Bayern gehen, antwortete er mit einem Wort: „Money!“ Dann erklärte er, dass ein Aufsteiger in die Premier League auf dem Transfermarkt sofort mit deutschen Spitzenvereinen wie „Frankfurt und Wolfsburg“ konkurriere. Er weiß es aus eigener Erfahrung. Kompany kam 2024 vom FC Burnley, mit dem er 2023 in die Premier League aufgestiegen war.
Die am besten vermarktete Fußball-Liga der Welt macht pro Saison einen Umsatz von 7,15 Milliarden Euro. Fast so viel, wie die Bundesliga und die spanische LaLiga mit den Flaggschiffen Real Madrid und FC Barcelona zusammen. Beim TV-Geld wird deutlich, wie weit die Ligen jetzt schon auseinanderliegen. Die Premier League schüttete 2024/25 rund 3,26 Milliarden Euro an die 20 Klubs aus. 1,65 Milliarden aus der nationalen Vermarktung, knapp 1,61 Milliarden aus der internationalen TV-Vermarktung.
Die Bundesliga kassiert im Ausland nur 218 Millionen Euro – für die erste und zweite Liga zusammen. Aus dem nationalen TV-Topf sind es diese Saison 1,12 Milliarden, die ebenfalls auf die 36 Klubs verteilt werden (80 Prozent 1. Liga). Bedeutet in der Summe: Die 20 englischen Vereine haben pro Jahr rund zwei Milliarden Euro mehr zur Verfügung als die deutsche Top-Liga.
Die Premier League hat in den frühen 90er-Jahren mit der professionellen Internationalisierung begonnen und sie immer weiter perfektioniert. In den wichtigen Märkten Asiens und Amerikas ist sie im Fußball ganz klar die Nummer eins. Der Sprachvorteil kommt hinzu. Die großen Firmen wollen profitieren und investieren ihr Geld bevorzugt in England. Adidas, immerhin Anteilseigner des FC Bayern, stieg in dieser Saison beim FC Liverpool ein und zahlt dem englischen Meister über 70 Millionen Euro pro Jahr. Manchester United kassiert von Ausrüster Adidas sogar über 100 Millionen Euro pro Saison. Der FC Bayern bekommt 60 Millionen.
Es steht außer Frage, dass sich das viele Geld auf Dauer auch sportlich immer mehr bemerkbar macht. Im Finale der Europa League traf 2025 der 15. der englischen Liga, Manchester United, auf den 17., Tottenham. Die Spurs siegten 1:0. 2023 gewann Manchester City die Champions League, 2021 Chelsea, 2019 Liverpool. Dazwischen siegten der FC Bayern (2020), Real Madrid (2022 und 2024) sowie Paris Saint-Germain (2025). Die englische Liga wechselte sich also fast mit dem Rest von Europa ab. Die Dominanz wird immer größer. In dieser Saison zählt Liverpool neben PSG, Barcelona und Real zu den Favoriten.
Der FC Bayern ist ein Kandidat für die letzten acht Klubs. Alles darüber hinaus gilt als Überraschung. Selbst beim Rekordmeister intern – was Hoeneß mit seinem Hoffenheim-Vergleich deutlich gemacht hat. Diese Aussage ist noch weitreichender, als sie beim ersten Hören wirkt.
Denn: Ist der FC Bayern nur noch das Hoffenheim der Champions League, wird er immer weniger interessant für Stars. In diesem Sommer kamen mit Luis Díaz (28) vom FC Liverpool und Nicolas Jackson (24) vom FC Chelsea zwei Spieler, die bei Spitzenklubs in England nicht mehr gebraucht wurden. Wer auf diese Spieler setzt, wird es schwer haben, besser zu werden als die Konkurrenz von der Insel.
Olise schon auf dem Radar Liverpools?
Und der nächste Schritt der Entwicklung scheint nicht weit. In den vergangenen Jahren konnten sich die englischen Vereine bei den Bayern-Verfolgern der Bundesliga bedienen: Leverkusen, Dortmund, Frankfurt, Leipzig, Stuttgart. Als Nächstes scheint die Shopping Queen die Säbener Straße in München als Einkaufs-Meile für sich zu entdecken.
Liverpool soll Offensiv-Star Michael Olise (23) für nächsten Sommer auf dem Schirm haben, den herausragenden Spieler der Münchner in der vergangenen Saison. Der Vertrag des Franzosen in München gilt zwar bis 2029. Am Ende könnte es aber von Olises Wunsch abhängen, wo er in Zukunft spielt – und vom Preis, den ein englischer Klub zu zahlen bereit ist.
Die Engländer gehen an die Schmerzgrenze, die sie allein definieren. Und sie zahlen nicht jeden geforderten Preis. Die Klubs arbeiten immer besser. Die Infrastruktur ist führend, das Scouting und die Nachwuchs-Förderung sind top. Vereine wie Liverpool, Manchester City und der FC Arsenal arbeiten auf höchstem Niveau – und in aller Ruhe. Das unterscheidet sie etwa von den Bayern.
Aber auch kleinere Klubs streben durch gute Arbeit auf – Brighton, Crystal Palace, Bournemouth, Brentford, Burnley, Sunderland. Der Aufsteiger aus dem Nordosten des Landes verpflichtete gerade Granit Xhaka (32) – den Anführer des deutschen Vizemeisters Leverkusen.
Das zeigt: In England gibt es aus Sicht der europäischen Konkurrenz keine Kleinen mehr.
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) verfasst und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.
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