Stalker-Gefahr: Emma Raducanu geht "nicht mehr allein raus"
2021 gelingt Emma Raducanu als 18-Jähriger bei den US Open eine der größten Tennis-Sensationen. Doch anschließend geht es bergab: Stalker verfolgen die Britin, Körper und Kopf geben nach. Die Angst regiert immer noch - aber Raducanu kämpft sich zurück.
Emma Raducanu bricht zusammen. Auf dem Tenniscourt. Tränen fließen, sie versteckt sich hinter dem Schiedsrichterstuhl. Diese bedrückenden Szenen spielen sich im Februar beim Turnier in Dubai ab, als die britische Tennis-Queen in den ersten Reihen einen Stalker entdeckt. Der Mann, der ihr über vier Kontinente folgte und sie bereits vorher bedrängte, wird von der Tribüne verbannt und verhaftet.
Doch die gefährliche Situation wirkt nach, Raducana fürchtet bis heute um ihre Sicherheit. "Ich erinnere mich, dass es mir direkt danach sehr schwerfiel, auszugehen", sagt die 22-Jährige im Vorlauf der am Nachmittag (deutsche Zeit) beginnenden US Open in einem Interview mit dem britischen "Guardian". "Ich bin viel vorsichtiger geworden." Sie achte mehr auf ihre Sicherheit und habe immer jemanden, der sie begleitet. "Ich gehe nicht mehr so oft alleine raus. Keine Spaziergänge alleine. Ich habe immer jemanden, der auf mich aufpasst."
Vor diesem dunklen Kapitel erhellte Emma Raducanu als 18-Jährige die Tenniswelt mit ihrem Sensationssieg bei den US Open 2021. Als erste Qualifikantin seit Beginn der Open Era 1968 gewann sie ein Grand-Slam-Turnier. Und das komplett ohne Satzverlust. Der Tenniszirkus spielte verrückt, die Teenagerin wurde vor allem von der Presse in England auf Schritt und Tritt verfolgt.
Raducanu fühlt "große Angst"
Alles in Raducanus Karriere führt zurück zu diesen drei schicksalhaften Sommerwochen in New York. Kurz darauf muss sie sich gegen den ersten Stalker wehren. Er versetzt sie Ende jenes Jahres in Angst und Schrecken, indem er ihren Wohnort ausfindig macht. Zunächst hinterlässt er Blumen und Briefe, dann klaut er Gegenstände. Wenig später wird der Mann verhaftet und mit einer fünfjährigen einstweiligen Verfügung belegt.
"Seit das alles passiert ist, fühle ich große Angst", sagt Raducanu damals. "Ich habe das Gefühl, dass mir meine Freiheit genommen wurde. Ich schaue ständig über meine Schulter."
Neben der Gefahr durch den nächsten Stalker von Anfang 2025 zeichnen auch körperliche und mentale Hindernisse den Weg der Britin seit jenen US Open. Mitglieder aus ihrem Team halten sie nicht für "tough", nicht für robust und widerstandsfähig genug. "Das war nicht schön zu hören, denn ich war immer stolz darauf, hart zu arbeiten und stark zu sein", erzählt sie dem "Guardian". Weil sie es ihren Gegensprechern beweisen will, hört sie nicht auf die Signale und Schmerzen ihres Körpers, trainiert zu viel und hart. Eine doppelte Handgelenksoperation und drei weitere Eingriffe sind die Folgen.
Raducanu kämpft sich zurück
Mittlerweile hat Raducanu ihren Körper zwar etwas besser kennengelernt, doch neben der von ihren Stalkern verursachten Angst bleibt eine weitere psychische Schwierigkeit. Sportlich kann sie bisher nicht an ihren Erfolg von 2021 anknüpfen, auch weil sie ihren Triumph bei den US Open zu einer negativen Erinnerung verzerrte. Als Quelle ihrer Schwierigkeiten statt als Inspiration und Ursprung für ein großes Selbstvertrauen. "Das lässt einen nie ganz los", sagt Raducanu dazu im "Guardian". "Es ist jetzt vier Jahre her, aber ich glaube nicht, dass es ganz verschwunden ist. Vielleicht in ein paar Jahren, vielleicht wenn ich älter und reifer bin, aber es ist schwer, das komplett beiseitezuschieben."
Doch laut eigener Aussage schafft Raducanu es seit diesem Jahr immer besser, sich von diesen komplizierten Gedanken nicht das Tennis und ihre viele Arbeit, die sie täglich investiert, ruinieren zu lassen. Trotz Stalkern, trotz Verletzungen, trotz Dämonen im Kopf und trotz sportlicher Misserfolge - die heute 22-Jährige hat sich zurück in ein besseres Leben gekämpft. Zurück zur Freude am Tennis.
Daran ändern auch konstante Übergriffe in ihre Privatsphäre nichts, die mittlerweile sogar von Reportern stammen. Denn seit ihrem Sieg in New York wird nicht nur Raducanus Karriere analysiert, sondern auch ihr Privat- und Liebesleben auseinandergenommen und in Schlagzeilen breitgetreten.
Die Britin muss sich derlei Arten von Fragen gefallen lassen, die männliche Kollegen fast nie zu hören bekommen. Und zwar nonstop. So etwa im Juni in Wimbledon, wo Raducanu starke Leistungen zeigt. Dennoch will die Presse vor allem wissen, ob sie denn diesen oder jenen Spieler date. "Das war schrecklich", gibt die 22-Jährige im "Guardian" zu. Allerdings mit einem Lachen.
Alcaraz-Fantasien, Eingriffe in Privatsphäre
Hauptsächlich geht es bei den Gerüchten um French-Open-Sieger Carlos Alcaraz, mit dem Raducanu in der vergangenen Woche beim Mixed-Doppel der US Open antrat. "Alcaranu" nennen Fans der fantasiebasierten Romanze das fiktive Pärchen. In den sozialen Medien finden sich schier unendlich viele Videos, die sich als "Beweis" der angeblichen Beziehung verkaufen. Auf Reddit gibt es ein Raducanu-Forum, das mehr als 13.000 Mitglieder hat und in dem sich etwa drei Viertel aller Beiträge um "Alcaranu" drehen.
Doch Emma Raducanu kann den ohrenbetäubenden Lärm um ihre Person mittlerweile ausblenden, was für sich schon eine Meisterleistung ist. Zusätzlich hat sie in ihrem jungen Alter bereits mehr Gefahren und Hindernisse gemeistert als die meisten Tennis-Profis in ihren gesamten Karrieren.
Nun greift sie neu justiert und mit zurückeroberter Freude wieder an. Bei den US Open in New York. Am Ort ihres größten Triumphs, der gleichzeitig auch ihr größtes Hindernis ist.
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