„Gordon Herbert hat mir ein großartiges Erbe hinterlassen“
Zwei Testspiele noch, dann geht es los. Am 27. August startet die deutsche Basketball-Nationalmannschaft in Tampere/Finnland gegen Montenegro in die Europameisterschaft. In der EM-Gruppenphase spielt das Team noch gegen Litauen, Schweden, Großbritannien und den finnischen Gastgeber. Die K.o.-Runde wird dann in der lettischen Hauptstadt Riga ausgetragen.
Bundestrainer Alex Mumbru und der Mannschaft fehlen in Moritz Wagner (Kreuzbandriss) und NBA-Meister Isaiah Hartenstein (Absage nach langer Spielzeit in den USA) allerdings zwei hochklassige Profis. Jetzt steht gegen Mumbrus Heimat Spanien der letzte Form-Check an: am Donnerstag in Madrid (21.00 Uhr) sowie am Samstag in Köln (19.00 Uhr).
Frage: Herr Mumbru – für Sie ist es das erste große Turnier als Bundestrainer. Was ist das Ziel?
Alex Mumbru: Ich will jetzt noch nicht über das Ziel nachdenken. Das wissen auch die Spieler. Es ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Aktuell geht es darum, uns besser kennenzulernen und uns in die beste Form zu bringen, die möglich ist. Bei der EM wollen wir dann in Bestform sein. Das gibt uns die Chance, einige Spiele zu gewinnen. Und dann wollen wir auch so weit wie möglich kommen. Aber das wollen andere Mannschaften auch. Frankreich, Serbien, Griechenland und Spanien – das sind alles sehr gute Teams.
Frage: Werden Sie vor Turnierstart noch mit den Spielern sprechen und ein gemeinsames Ziel festlegen?
Mumbru: Ja, das machen wir. Aber bis dahin steht die Vorbereitung im Vordergrund.
Frage: Sie haben Spanien erwähnt. Die letzten beiden Testspiele gehen diese Woche gegen Ihr Geburtsland. Zu wem hält da Ihre Familie?
Mumbru: Zu Deutschland. Mein Sohn hat sogar ein Trikot von Franz Wagner. Auch meine Freunde sind für Deutschland. Wenn sie uns nicht die Daumen drücken, sind sie nicht meine Freunde (lacht). Alle, die mich kennen, wissen, dass ich der spanischen Nationalmannschaft das Beste wünsche. Außer, sie spielen gegen meine Mannschaft.
Frage: Sie sind Vater von fünf Kindern – inwiefern hilft das bei der Führung einer Mannschaft?
Mumbru: Das ist die beste Vorbereitung! Die Spieler sind besondere Typen, jeder hat seine eigene Psyche, seine eigene Persönlichkeit, sein eigenes Ego. Als Vater lernt man, Geduld zu haben. Und man versucht, wirklich jeden zu verstehen.
Frage: Verstehen Sie auch die Absage von Isaiah Hartenstein, der mit den Oklahoma City Thunder den NBA-Titel geholt hat?
Mumbru: Ja! Ich habe oft mit ihm gesprochen, habe ihn auch in Oklahoma besucht. Und da hatte er mir seine Zusage gegeben, für die Nationalmannschaft zu spielen. Aber in den letzten beiden Finalspielen hat er Probleme mit der Achillessehne bekommen und musste absagen.
Frage: Aber er spielt in Zukunft für Deutschland?
Mumbru: Ganz sicher! Wie gesagt, er wollte schon diesen Sommer kommen.
Frage: Einer, der für Deutschland spielt, ist Dennis Schröder. Wie erleben Sie ihn?
Mumbru: Dennis ist der Kapitän der Mannschaft, ein echter Anführer. Er geht voran, will jedem zeigen, wie hart er arbeitet. Er ist auch ganz wichtig für die Stimmung in der Truppe. Und auf dem Feld gibt er uns viel in der Offense und der Defense. Ein Gewinner-Typ. Es gibt aber auch andere Anführer – jeder, der früh zum Training in die Halle kommt und erst spät wieder geht, ist aus meiner Sicht ein Anführer, an dem sich junge Spieler wie Christian Anderson orientieren können.
Frage: Wie gut ist Ihr Deutsch mittlerweile?
Mumbru: Einer Konversation kann ich noch nicht folgen. Aber wenn die Jungs über Basketball sprechen, verstehe ich das schon. Und wenn nicht, dann übersetzt mir Heikel, unser Betreuer, und sagt, worum es gerade geht.
Frage: Wohnen Sie in Hagen, wie Ihr Vorgänger Gordon Herbert, oder in Spanien?
Mumbru: Irgendwo dazwischen. Manchmal verbringe ich viel Zeit in Hagen, manchmal an anderen Orten. Zum Beispiel war ich in einem Monat in den USA, in Paris, Italien und Serbien. Um die Spieler zu besuchen. Dazu reise ich viel durch Deutschland und schaue mir die Hallen der BBL an. In jeder habe ich mindestens ein Spiel gesehen. Das nutze ich auch, um mit den Vereinen ins Gespräch zu kommen. Ich will den Kontakt zu den Klubs und möglichst vielen Spielern aufrechterhalten.
Frage: Sind Sie mit Herbert noch in Kontakt?
Mumbru: Er hat mir ein großartiges Erbe hinterlassen. Als wir die Nationalmannschaft übernommen haben, haben wir versucht, einige Dinge von ihm weiterzuführen. Wir reden auch jetzt ab und zu.
Frage: Haben Sie alle Spieler für die EM bekommen, die Sie haben wollten?
Mumbru: Ja. Natürlich sind Spieler verletzt, wie Isaiah Hartenstein oder Moe Wagner. Aber sonst sind alle, die wir angerufen haben, auch gekommen. Natürlich haben wir mit mehr Spielern geredet, als jetzt im Kader stehen. Aber dem Rest mussten wir absagen.
Frage: Planen Sie etwas gegen den Lagerkoller für die Zeit in Finnland?
Mumbru: Wir haben dort fünf Spiele innerhalb einer Woche. Da haben wir gar keine Zeit, an etwas anderes zu denken als an Basketball. Darauf konzentrieren wir uns.
Frage: Wollen Sie Dirk Nowitzki in die EM einbeziehen? Vielleicht mit einem Besuch in der Kabine oder einem Motivationsvideo?
Mumbru: Wenn er uns helfen will, ist er herzlich eingeladen. Das wäre toll. Aber aktuell habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht.
Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) geführt und zuerst in „Sport Bild“ veröffentlicht.
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