In der Formel 1 herrscht Unsicherheit. Ausgerechnet in der Rennserie, in der so viele meinen, dass sie alles wüssten, weiß aktuell keiner so genau: Macht er weiter – oder hört er wirklich auf? Fährt er nach 19 Jahren tatsächlich rechts ran und hängt das Lenkrad an die Wand? Gemeint ist kein Geringerer als Lewis Hamilton. Der siebenmalige Weltmeister. Das Idol der Königsklasse des Motorsports.

Ausgerechnet Hamilton selbst war es, der die Spekulationen über seine Zukunft entfachte. Am Rande des Großen Preises von Ungarn gab der Brite vergangene Woche der Weltöffentlichkeit einen Einblick in sein Seelenleben. Nach dem Qualifying, als die Emotionen ihn noch voll im Griff hatten, bröckelte seine sonst so perfekte Fassade.

Hamilton sagte: „Ich bin nutzlos, absolut nutzlos. Das Team hat kein Problem. Das sieht man ja daran, dass das andere Auto auf der Poleposition steht. Es scheint, als wenn wir einfach den Fahrer austauschen müssen.“ Denn während sich Teamkollege Charles Leclerc Startplatz eins gesichert hatte, war der Brite nur auf Rang zwölf gelandet.

Wer auf Besserung beim Rennen gehofft hatte, wurde enttäuscht: Zwölfter im Qualifying, Zwölfter im Rennen – und die nächste emotionale Offenbarung des 40-Jährigen: „Wenn du ein Gefühl hast, hast du ein Gefühl. Im Hintergrund laufen viele Dinge ab, die nicht großartig sind.“

Hamiltons Vertrag ist bis 2026 gültig

Worte, die nach Aufgabe klingen. Es scheint, als wenn Hamilton, der in seiner Karriere alles gewonnen (105 Siege) hat und der erfolgreichste Fahrer in der 75-jährigen Geschichte der Formel 1 ist, langsam aber sicher realisiert, dass er aus diesem Duell mit sich selbst nicht als Sieger hervorgehen wird. Dass er sich ausgerechnet seinen Kindheitstraum, Weltmeister mit Ferrari zu werden, nicht erfüllen wird.

Aufgegeben hat er aber noch nicht. Denn auf sein emotionales Geständnis fügte er an: „Ich bin froh, dass das Wochenende vorbei ist. Ich freue mich darauf wegzufahren. Aber ich freue mich auch darauf wiederzukommen. Hoffentlich bin ich bald wieder dabei.“

Grund zur Hoffnung braucht es nicht. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird Hamilton, aktuell lediglich Sechster der Fahrerwertung und das noch hinter seinem Teamkollegen Leclerc (5.), am 31. August in Zandvoort beim Großen Preis der Niederlande an den Start gehen. Immerhin besitzt der Brite bei Ferrari einen Vertrag bis Ende 2026. Dass sich die Italiener dazu entschließen, den Rekordweltmeister der Formel 1 nach nur 14 Grands Prix zu entlassen, gilt als ausgeschlossen. Dafür gibt es diverse Gründe.

Die Verantwortlichen um Teamchef Fred Vasseur und Ferrari-Präsident John Elkann haben sich zwar mehr von dem Ausnahmepiloten versprochen, aber sie wissen auch, dass Fahrer sechs bis neun Monate Zeit benötigen, um sich bei einem neuen Rennstall einzugewöhnen. Tendenziell länger, wenn sie die Amtssprache des Teams nicht beherrschen – bei Ferrari ist das traditionell Italienisch. Hamilton lernt zwar, kommuniziert mit den Mechanikern und Ingenieuren aber auf Englisch. Das Zusammenspiel verbessert sich mit jedem Rennen. Vasseur und Elkann glauben daran, dass Hamilton bei Ferrari noch durchstarten wird.

Hamilton liefert zwar noch nicht die gewünschten Leistungen, die sein Gehalt von über fünfzig Millionen Euro im Jahr rechtfertigen würden, aber auch wegen des hohen Salärs halten die Verantwortlichen an ihrem Superstar fest. Eine Beurlaubung wäre nicht nur überstürzt, sondern auch extrem kostspielig. Mit den Image-Rechten an seiner Person soll Hamilton über 90 Millionen Euro im Jahr verdienen.

Verstappen wischt alle Spekulationen weg

Lediglich Weltmeister Max Verstappen wird in der Formel 1 besser bezahlt. Der Niederländer erhält bei Red Bull ein Jahresgehalt von über 60 Millionen Euro. Mit Prämien und Marketingrechten soll er jährlich gut 100 Millionen Euro überwiesen bekommen. Bei beiden Fahrern ist es ein Geschäft, das sich für ihre Rennställe lohnt. Sowohl Hamilton als auch Verstappen locken finanzstarke Investoren an. Zudem kurbeln die Merchandise-Absätze kräftig an.

Während die Zukunft von Hamilton offen ist wie nie zuvor, ist die von Verstappen vorerst geregelt. Der Champion wird 2026 seine elfte Saison für Red Bull fahren. Auch er stellte sich – wie Hamilton – vergangene Woche am Rande des Großen Preises von Ungarn den Fragen der Journalisten. Doch anders als sein ehemaliger Erzrivale hielt Verstappen die Fassade aufrecht.

Die seit Monaten anhaltenden Spekulationen über einen Wechsel zu Mercedes wischte er einfach weg. „Ich denke, es ist an der Zeit, all die Gerüchte zu beenden. Für mich war es ohnehin immer ganz klar, dass ich bleibe“, sagte der viermalige Weltmeister, um dann anzufügen: „Mein Fokus lag immer darauf, unsere Leistung zu verbessern und mit dem Team an Ideen für das nächste Jahr zu arbeiten.“

Die Wahrheit ist eine andere: Verstappen kokettierte sehr wohl mit einem Wechsel zu den Silberpfeilen. Die seit rund 18 Monaten anhaltende Formkrise von Red Bull frustrierte den 27-Jährigen sehr. Hat er keine Chance, um Siege und vor allem weitere Weltmeisterschaften zu fahren, sieht er keinen Sinn darin, weiterhin Teil der Formel 1 zu sein. Verstappen geht es nicht um Rekorde, sondern um den reinen Spaß. Den sah er bei Red Bull auf Dauer in Gefahr.

Warum Mintzlaff Teamchef Horner beurlaubte

Um ihren wichtigsten Mitarbeiter in der Welt des Motorsports nicht zu verlieren, reagierten die Konzernbosse. Oliver Mintzlaff, der früher Vorstandsvorsitzender des Fußball-Bundesligavereins RB Leipzig war und nach dem Tod von Konzerngründer Dietrich Mateschitz im November 2022 die Verantwortung für die Sportsparte übernahm, beurlaubte Teamchef Christian Horner am 7. Juli.

Der Brite hatte seit dem Ableben von Mateschitz immer mehr Macht an sich gerissen, nahm gleich vier Führungspositionen im Rennstall ein. Horner war so einflussreich, dass er trotz der anhaltenden sportlichen Krise und einer internen Untersuchung (in der er freigesprochen wurde) wegen „grenzüberschreitendem Verhalten“ seiner Assistentin gegenüber im Amt blieb. Erst als mit Verstappen das Aushängeschild des Formel-1-Teams zu gehen drohte, konnte Mintzlaff die Anteilseigner Mark Mateschitz, Sohn von Dietrich Mateschitz, und Chalerm Yoovidhya endgültig von der Beurlaubung Horners überzeugen.

Verstappen spielte dabei nur eine passive Rolle. Intern forderte der Niederländer das Aus seines Teamchefs nie. Auch öffentlich äußerte er sich nicht zu dem Thema, sagte lediglich, dass das Team zurück in die Spur finden müsse und dafür Veränderungen nötig seien. Wie genau die aussehen könnte, ließ er stets offen. Die Nachricht kam trotzdem bei den Verantwortlichen um Mintzlaff an. Die sehen ihre Arbeit in Hinsicht auf den Rennstall mit der Installation von Laurent Mekies als Teamchef und dem Verstappen-Verbleib vorerst als erledigt an.

So steht es um die Zukunft von Mercedes

Bei Mercedes ist die Welt eine andere. Nachdem Verstappen dem deutschen Rennstall nach 2024 erneut eine Absage erteilte, wird Toto Wolff, der nicht nur Teamchef, sondern mit 33 Prozent neben Daimler und dem Chemie-Unternehmen Ineos auch Miteigentümer ist, die Verträge mit seinen Fahrern verlängern. George Russell und Kimi Antonelli, deren Arbeitspapiere jeweils am Saisonende auslaufen, werden 2026 für Mercedes starten.

Insbesondere für den erst 18-jährigen Italiener eine enorme Erleichterung. Nach einem guten Saisonstart baute Antonelli zuletzt ab. Bei den vergangenen acht Grands Prix fuhr er nur zweimal (Dritter in Kanada, Zehnter in Ungarn) in die Top Ten. Eine ausbaufähige Bilanz, die sich auch durch zwei technische Defekte nicht wesentlich besser liest.

Das haben auch die Verantwortlichen realisiert. Wolff & Co. glauben zwar nach wie vor an ihren Jungfahrer, doch ob Antonelli wirklich der Ausnahmepilot und künftige Weltmeister ist, daran gibt es mittlerweile erste kleinere Zweifel. Für den Italiener geht es in der Saison 2026 um seine Zukunft. Denn schon jetzt scheint klar: Mercedes wird erneut probieren, Verstappen zu sich zu lotsen. Der Weltmeister hat erneut eine Ausstiegsklausel in seinem bis Ende 2028 laufenden Vertrag. Antonelli muss beweisen, dass er in Zukunft zu den besten Piloten in der Formel 1 zählen kann.

Gleiches gilt für Hamilton. Der hat zwar als erfolgreichster Fahrer der Formel-1-Geschichte bereits seit Langem nichts mehr zu beweisen. Doch will er, dass sein Kindheitstraum nicht zu einem Alptraum mutiert, muss er endlich das wilde (Ferrari-)Pferd zügeln – oder aus dem Sattel steigen. Er hat es selbst in der Hand.

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