Der Königstransfer hat Großes vor – „Ich möchte beim FC Bayern meinen Traum leben“
Die bis dato letzte Vorstellung eines Kolumbianers war viel pompöser. 2017 präsentierte der FC Bayern seinen Zugang James – im riesigen Pressesaal des Münchner Stadions. Zunächst lief dort auf einer XXL-Videowand ein Film mit den besten Szenen aus der Karriere des Offensivstars, der damalige Trainer Carlo Ancelotti und Karl-Heinz Rummenigge, damals Klubchef, schwärmten von dem einstigen Spieler Real Madrids. Und der neue Star der Münchner strahlte in einem edlen Anzug mit Krawatte, auch die Vereinsverantwortlichen trugen elegante Outfits.
An diesem Donnerstag war alles eine Nummer kleiner und legerer. Aber nicht weniger optimistisch. Der deutsche Fußball-Rekordmeister präsentierte am Nachmittag Luiz Díaz – im „Studio 51“, einem Raum im Untergeschoss der Klubzentrale an der Säbener Straße. Der neue Star trug diesmal T-Shirt, Sportvorstand Max Eberl neben ihm auf dem Podium einen dünnen Pullover. Die Erwartungen an Diaz allerdings sind ähnlich hoch wie die an James damals.
James prägte keine Ära bei den Bayern. Er verließ den Klub nach zwei Jahren wieder. Sein 28-jähriger Landsmann Díaz unterschrieb nun gerade einen Vertrag bis zum 30. Juni 2029 und erhält bei den Bayern die Rückennummer 14. Die Münchner zahlen für ihn bis offenbar zu 75 Millionen Euro, Díaz soll 14 Millionen Euro brutto pro Jahr erhalten. Viel Geld für einen 28-Jährigen.
Díaz, der „Lucho“ genannt wird, ist Bayerns erster großer Transfer nach der Klub-WM. Zuvor hatten die Münchner schon Jonathan Tah von Bayer Leverkusen und Tom Bischof von der TSG 1899 Hoffenheim verpflichtet. Díaz soll nach den Abgängen von Thomas Müller (kein neuer Vertrag), Leroy Sané (Galatasaray Istanbul) und Mathys Tel (Tottenham Hotspur) die Offensive verstärken. Schon länger hatten die Münchner nach einem neuen Spieler für den Angriff Ausschau gehalten.
„Ich bin froh, jetzt Teil dieser Mannschaft, dieser Bayern-Familie zu sein“, sagte Díaz. „Ich erfülle mir hier einen Traum. Ich möchte meinen Traum hier leben.“ Er habe schon immer davon geträumt, für die größten Klubs zu spielen. „Ich möchte dem Team mit Vorlagen, Toren und meinen Charakteristiken helfen. Mit den Dribblings, mit dem Tempo“, so der Zugang. Seine Berater saßen bei der Präsentation ihres Klienten in der ersten Reihe.
Max Eberl: „Er wird sofort einen Impact haben“
Eberl sagte über die Gründe für den Transfer: „Wir wollen Tempo, Assists, Verlässlichkeit. Das heißt im besten Fall viele Einsatzminuten.“ Er und die weiteren Teile der Klubführung seien schnell „einvernehmlich“ der Meinung gewesen, dass Díaz daher der Richtige ist. „Wir waren total fokussiert auf ihn. Er weiß, wie Erfolge gehen.“ Wer den Bayern angeblich alles abgesagt habe, habe ihn amüsiert, so Eberl. „Lucho wird sofort einen Impact haben. Er hat auf allerhöchstem Niveau Großes geleistet.“
Der viel Gelobte ist sich den enormen Erwartungen bewusst. „Das passt mit meinen Zielen“, sagte Díaz. „Die Erwartungshaltung ist groß. Ich wollte zu einer großen Mannschaft. Es ist wichtig, dass ich in den ersten Spielen überzeuge.“
Ein Reporter fragte, ob er die 70 bis 75 Millionen Euro Ablöse wert ist. Díaz antwortete: „Ich bin der Spieler, der ich bin. Ich gebe mein Maximum. Ich kann dir nicht sagen, ob ich 70 Millionen Euro wert bin. Aber ich bin froh, dass so entschieden wurde. Ich mag diesen Verein und möchte mich hier so schnell wie möglich einfinden.“
WELT fragte Díaz und Eberl, für welche Position der Offensivprofi konkret vorgesehen ist. Diaz antwortete: „Ich kann vor allem zwei Positionen spielen: vorn im Sturm und Außenstürmer. Der Trainer hat gesagt, dass er mich bevorzugt auf der linken Seite sieht. Ich will der Mannschaft helfen, das ist die Priorität. Ich spiele dort, wo er mich einsetzt.“
Eberl sagte dazu: „Lucho ist flexibel einsetzbar, außen und um Zentrum.“ Díaz könnte in nächster Zeit zwar den verletzten Jamal Musiala in der Zentrale ersetzen, „geplant ist tatsächlich der Flügel.“ Man werde die Situation mit dem Ausfall Musialas lösen. Musiala sei noch an Krücken, der Genesungsprozess verlaufe bislang aber sehr gut und ohne Komplikationen.
„Froh, dass unser Wunschtransfer geklappt hat“
„Ich bin froh, dass unser Wunschtransfer geklappt hat“, sagte Eberl. „Wir haben keine einfache Transferperiode.“ Der Sportvorstand verwies auf die Verletzungen von Musiala und Alphonso Davies. „Es wird noch was passieren. Das kann sein. Sowohl rein als auch raus“, so Eberl über die Personalplanung.
Verkaufskandidat ist vor allem Mittelfeldprofi João Palhinha, an dem Tottenham Hotspur interessiert sein soll. Nationalspieler Nick Woltemade bleibt trotz schwieriger Verhandlungen Top-Kandidat für einen Transfer nach München.
„Wir haben ein Angebot abgegeben. Das Angebot hat nicht gereicht, dass man an den Tisch kommt. Und das ist gerade der Stand der Dinge“, sagte Eberl. Dem VfB Stuttgart soll ein Betrag von mindestens 65 Millionen Euro vorschweben, der FC Bayern hatte Spekulationen zufolge zuletzt inklusive Bonuszahlungen 55 Millionen Euro geboten.
Eberl äußerte sich Donnerstagnachmittag auch zu der Kritik am Díaz-Transfer. Einige erachten den Deal als sehr kostspielig und thematisieren auf das Alter des neuen Stars. Das Alter sei nur einer von vielen Punkten, die bei der Auswahl eines Spielers eine Rolle spielen, betonte Eberl. Er verwies auf die hohen Ablösen für 20-jährige Spieler.
Und sagte: „Wenn wir Titel holen, das hat mir mal ein alter Kollege gesagt, dann sind Einkaufspreise nicht mehr ganz so relevant. Wenn er nicht funktioniert, dann kommt es auf den Tisch.“
Luis Díaz kennt Nick Woltemade nicht
Eberl berichtete, er habe zuletzt weniger Medienberichte gelesen. Und dass er es despektierlich finde, wenn es heißt, wer konkret für was bei der Abwicklung der Transfers verantwortlich war und war nicht. Hintergrund ist, dass Klubchef Jan-Christian Dreesen bei Transfers offenbar eine entscheidende Rolle einnimmt.
„Es ist die Zeit geworden, dass weniger über die Qualität gesprochen als über die Ablöse. Es geht immer um schneller, höher, weiter und der Erste zu sein. Wir müssen uns davon befreien und unseren Job machen“, so der Sportvorstand. „Ich habe gelernt, dass Fußball ein Mannschaftssport ist – auf und neben dem Platz. Es ist immer ein Werk von mehreren Menschen. Entscheidend ist, dass Lucho hier ist.“
Díaz war 2022 für 54 Millionen Euro Ablöse vom FC Porto zum FC Liverpool gewechselt. Sein Vertrag bei „den Reds“ galt noch bis zum 30. Juni 2027. Er sprach zuletzt auch mit Florian Wirtz über die Bundesliga. Der deutsche Nationalspieler wechselte gerade von Bayer Leverkusen zum FC Liverpool.
„Ich weiß ungefähr, welcher Fußball hier gespielt wird. Flo hat mir gesagt, dass die Intensität sehr hoch ist“, sagte Díaz über die Bundesliga. „Dass sie vergleichbar ist mit der in der englischen Liga. Die Stadien sind gut besucht. Er hat mir gesagt, dass München eine wunderschöne Stadt ist. Und dass ich es genießen werde. Und mir viel Glück gewünscht. Dafür danke ich ihm sehr herzlich.“
Statt mit Wirtz könnte Díaz bald mit Woltemade spielen. Díaz gab lächelnd zu: Er kennt Woltemade nicht.
Mit James, den er aus der kolumbianischen Nationalmannschaft kennt, hat er noch nicht viel über den FC Bayern gesprochen. „Aber ich werde noch mit ihm sprechen, was er mir empfehlen kann. Ich möchte den Fußball genießen, habe immer ein Lächeln auf den Lippen. Ich möchte jeden Moment genießen, den das Leben mir gibt. Ich habe einen starken Charakter auf dem Feld. Ein Lächeln ist immer wichtig.“
Bereits im ersten Vorbereitungsspiel am Samstag gegen den französischen Erstligaklub Olympique Lyon (15.30 Uhr) dürfte der Kolumbianer zum Aufgebot der Bayern gehören. Und im Münchner Stadion sein Debüt geben.
Julien Wolff ist Sportredakteur. Er berichtet für WELT seit vielen Jahren aus München über den FC Bayern und die Nationalmannschaft sowie über Fitness-Themen. Er war bei der Vorstellung von James 2017 und bei der von Diaz.
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