Das bewegte Leben des Luis Díaz
Am Dienstagmorgen landete der Flug NH217 am Münchner Flughafen – an Bord: Luis Fernando „Lucho“ Díaz Marulanda, kolumbianischer Nationalspieler, 28 Jahre alt. Der Flügelspieler wechselt vom FC Liverpool zum FC Bayern München.
Für Diaz ging es direkt zum Medizincheck, dort durfte er bereits auf einige seiner neuen Teamkollegen treffen, die heute mit den Leistungstests in die Saisonvorbereitung starten. Díaz bekommt wohl einen Vierjahresvertrag beim deutschen Rekordmeister. Rund 14 Millionen Euro jährlich soll er verdienen, Liverpool erhält laut Berichten eine Ablöse von 67,5 Millionen Euro, mit möglichen Boni kann die Summe auf 75 Millionen ansteigen. Nach Adolfo „El Tren“ Valencia (1993/94) und James Rodríguez (2017 bis 2019)wird Díaz der dritte Kolumbianer im Bayern-Trikot.
Eine Kindheit in Staub und Armut
Luis Díaz stammt aus Barrancas, einer Gemeinde mit knapp 38.000 Einwohnern im Department La Guajira im Nordosten Kolumbiens. Eine Gegend, die für viele nur wegen „El Cerrejón“ bekannt ist – der größten offenen Kohlemine Lateinamerikas. Die Mine verschlingt gigantische Mengen Wasser, Anwohner nennen sie „das Monster“. Proteste der indigenen Wayuu gegen die Umweltverschmutzung sind häufig. Zwar heißt es in einigen Berichten, Diaz stamme selbst von der indigenen Wayuu-Bevölkerung ab, doch er selbst dementiert das: „Ich habe Wurzeln, ich habe entfernte Verwandte, die Wayuu sind, aber ich bin es nicht. Aber ihre Tradition ist göttlich, genau wie ihre Menschen. Wenn man dort hingeht, verliebt man sich. Die Kultur der Wayuu sollte besser bekannt sein.“
Inmitten von Staub und Armut wuchs Luis Díaz auf. In bescheidenen Verhältnissen, wie seine Familie betont – aber nicht in Elend. Und doch war der junge Luis Díaz laut der südamerikanischen Fußball-Konföderation CONMEBOL als Kind unterernährt. So sehr, dass selbst Fachleute einst Zweifel hegten, ob dieser spindeldürre Junge jemals ein Profifußballer werden könnte. Barrancas steht heute hinter ihm. Nach seinem Wechsel zum FC Liverpool malten die Nachbarn die Wand seines Elternhauses an – in den Farben der Nationalmannschaft. Dazu die Wappen seiner bisherigen Klubs: Cluballer FC, FC Barranquilla, Junior FC, FC Porto, FC Liverpool. Nun dürfte das des FC Bayern dazukommen.
13 Tage Ungewissheit
Im Oktober 2023, zu seiner Zeit beim FC Liverpool unter Jürgen Klopp, ereignete sich das wohl dunkelste Kapitel seines Lebens. Díaz’ Eltern wurden an einer Tankstelle in Barrancas entführt – von bewaffneten Männern auf Motorrädern. Verantwortlich: die marxistische Guerilla-Organisation „Ejército de Liberación Nacional“. Während seine Mutter nach einem Tag freikam, blieb Vater Luis Manuel ganze 13 Tage in Gefangenschaft.
Der Fall erschütterte Kolumbien. Präsident Gustavo Petro schaltete sich ein, das Militär wurde mobilisiert. In England zeigte sich der FC Liverpool solidarisch: Der Klub gab Díaz frei, um sich auf die Angelegenheit zu konzentrieren. Bei einem Spiel gegen Nottingham Forest hob Diogo Jota, sein später bei einem Unfall verstorbener Mitspieler, nach einem Treffer ein Trikot mit Díaz’ Namen in die Höhe. Klopp nannte es eines der schwierigsten Spiele seiner Karriere. Als Díaz dann wieder auf dem Platz stand und traf, zog er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Freiheit für Papa“ hoch. Wenige Tage später kam die erlösende Nachricht: Díaz’ Vater war frei.
Der späte Durchbruch
Luis Díaz war kein Wunderkind, bis 18 spielte er nicht bei einem großen Profiklub. Sein Durchbruch kam erst 2019 im Alter von 23 Jahren mit dem Wechsel zum FC Porto. Zwei Meisterschaften und zwei Pokalsiege folgten – doch der Aufstieg zu größerer Bekanntheit begann erst bei der Copa América 2021 in Brasilien. Dort traf er viermal und wurde geteilter Torschützenkönig mit Lionel Messi. Nur brauchte Díaz dafür 388 Minuten, Messi 630. Die CONMEBOL nahm ihn in die Elf des Turniers auf – in einer Reihe mit Messi und Neymar. Fortan war Díaz auf dem Radar der Topklubs. Im Januar 2022 schlug Liverpool zu: 49 Millionen Euro überwiesen die Reds nach Portugal. „Er ist außergewöhnlich. Wir mögen so ziemlich alles an ihm“, sagte Klopp einmal über ihn.
In Liverpool wurde Díaz zum Weltstar. Mit seinem vertikalen Spiel, der Schnelligkeit und dem Mut zum Eins-gegen-Eins passte er perfekt in Klopps System. Mit den „Reds“ gewann er zweimal den englischen Ligapokal, dazu den FA-Cup. In der abgelaufenen Saison krönte er seine Zeit auf der Insel mit der englischen Meisterschaft unter dem neuen Liverpool-Coach Arne Slot. Doch zuletzt war auch Kritik zu hören. Als Mitspieler Diogo Jota bei einem Autounfall ums Leben kam, erschien Díaz nicht zur Beerdigung. Stattdessen tauchten Fotos auf, die ihn lachend auf einem Influencer-Event in Kolumbien zeigten. Für viele Fans ein Affront.
Nun also München. Diaz ist in der Offensive flexibel einsetzbar, kann neben den Flügelpositionen auch im Sturm-Zentrum agieren. Er kann genau das, was die Bayern gesucht haben. In Kolumbien freuen sie sich, dort wird weiter ihr „Lucho“ angefeuert – Bayern-Fanklubs gibt es längst.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke