Putins dunkler Schatten hängt Thomas Bach auf ewig nach
Nach zwölf Jahren tritt der Herr der Ringe ab: Thomas Bachs Verflechtung mit Wladimir Putin überschattet seine Amtszeit als IOC-Boss. Der Deutsche regiert autokratisch und sendet gefährliche Signale in Doping- und Kriegszeiten.
Schwer zu glauben, aber wirklich wahr: Es gibt in einem obskuren Früher eine Zeit, in der Thomas Bach genau wie der Vorsitzende aussieht, den das Internationale Olympische Komitee braucht. Zu Beginn seiner zwölfjährigen Amtszeit setzt er sich mit überfälligen Reformen etwa für Geschlechtergleichstellung oder die Rechte von Homosexuellen ein.
Nun ist der IOC-Boss weg, auch wenn er Ehrenpräsident bleibt. Ein letztes Mal setzt er auf Pathos und greift sich in Lausanne beim Akt des Machtwechsels auf der größten Bühne gerührt ans Herz: "Ich habe der olympischen Bewegung alles gegeben, was ich hatte." Doch in Erinnerung bleiben Bachs Jahre als Chef der größten und mächtigsten Sportorganisation der Welt vor allem wegen seiner Führungsschwäche und seiner Nähe zu Kriegstreibern und Autokraten.
Sie werden immer im Schatten Russlands stehen. Im dunklen Schatten Wladimir Putins, dem langjährigen Kumpel, dem engen "Männerfreund", dem Thomas Bach niemals die Stirn bot.
Bach schweigt zu Russland-Doping und Krieg
Putin ist der Erste, der Bach 2013 zur Amtsübernahme gratuliert. Schon damals besteht eine enge Verbindung. Im Februar 2014 herzen sie sich bei den Olympischen Winterspielen Sotschi, Bach lobt die mit einer rigorosen Durchsetzungspolitik innerhalb Russlands einhergehenden Spiele als "exzellent".
Einen Monat später besetzt Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim. Bach schweigt. Als das russische Staatsdoping, das mindestens von 2011 bis 2015 andauert, aufgedeckt wird, springt der ehemalige deutsche Fecht-Olympiasieger seinem Kreml-Kumpel zur Seite und schließt Russland nicht von den Olympischen Spielen 2016 in Rio aus.
Dahin ist es mit der Führungsstärke. Dahin die Chance, die große Macht des IOC zu nutzen, um Russland Einhalt zu gebieten. Statt eines deutlichen Zeichens an dreiste Betrüger zu senden, macht Bach sich unglaubwürdig und lächerlich. Noch im Jahr vor Rio predigt er "null Toleranz" gegenüber Doping und Manipulation gepredigt. Zum Vergleich: Der Welt-Leichtathletik-Verband etwa suspendierte den russischen Leichtathletik-Verband bereits im November 2015.
Obwohl Russland mit dem Angriff auf die Ukraine 2022 zum zweiten Mal den Olympischen Frieden verletzt, erlaubt Bach schließlich russischen Athleten unter neutraler Flagge die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Ein Signal dafür, dass das Verflechtungssystem von Sport und Politik, von Bach und Putin, noch immer besteht.
Falsche "Chinesen", keine Transparenz
Auch um die Spiele in Tokio gibt es Wirbel. Bach boxt in Eigenregie durch, dass sie wegen der Pandemie nicht abgesagt, sondern nun um ein Jahr in den Sommer 2021 verschoben werden. Einigen Athletinnen und Athleten erfüllt er damit zwar den Traum von den Olympischen Spielen - wenngleich ohne Fans in den Stadien -, doch die japanischen Bürgerinnen und Bürger wollen das Spektakel mit seinen Gefahren inmitten der immer noch grassierenden Pandemie überhaupt nicht. Als Bach bei einer Pressekonferenz fälschlicherweise die japanische Bevölkerung als "Chinesen" bezeichnet, ist es um seinen Ruf vor Ort endgültig geschehen.
Der deutsche IOC-Präsident greift in seiner Amtszeit gerne die deutsche Regierung an, was gelegentlich durchaus legitim sein mag. Doch gleichzeitig hofiert er Machthaber aus Staaten wie Saudi-Arabien, die ihre Menschenrechtsverbrechen mithilfe des Sports vertuschen wollen. Bach scheint das ebenso egal, wie dass er bei der 144. IOC-Vollversammlung, seinem Abschied im März, wiederholt Pierre de Coubertin zitiert. Den Begründer der modernen Olympischen Spiele, der mittlerweile bekannt ist als Frauen- und Fremdenfeind.
Bach umgibt sich nicht nur gerne mit Menschenfeinden und Diktatoren - er führt das IOC zu seiner Amtszeit ebenfalls autokratisch. Thomas Bach ist das ICO, das IOC ist Thomas Bach. Die Auswahl der Spiele-Ausrichter trifft in seiner Amtszeit ein elitärer Kreis um den Präsidenten. Transparenz? Fehlanzeige! Das ist indiskutabel bei der größten und mächtigsten Sportorganisation der Welt, scheint aber in Mode zu sein, siehe FIFA.
John Lennon hilft nicht gegen Putins Schatten
Die von Bach protegierte Simbabwerin Kirsty Coventry kann das IOC, seine Außenwirkung und seinen Einfluss nun ändern. Als erste Frau an der Macht. Das ist immerhin ein Zeichen für Wandel. Aber auch sie muss sich messen lassen an ihrem Umgang mit Putin; etwa, wenn es um die Frage der Reintegration Russlands in den Weltsport geht. Außerdem muss Coventry sich noch mit Donald Trump herumschlagen, wenn 2028 in Los Angeles die nächsten Sommerspiele anstehen.
Der Schlusspunkt der Zeremonie des Machtwechsels zu Coventry kommt so abstrus daher wie Bachs Fall von einem Reform-Präsidenten hin zu einem russischen Schoßhund mit autokratischen Zügen. Es ist die Friedenshymne "Imagine" von John Lennon, eines von Bachs Lieblingsliedern - das ihn aber auch nicht aus Putins dunklen Schatten befreit.
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