Geradeaus schauen, nicht antworten – Fremdscham-Momente bei Donald Trump
Dass Besuche bei Donald Trump im Weißen Haus unerwartete Verläufe nehmen können, wissen wir nicht erst seit Wolodymyr Selenskyj. Die Unberechenbarkeit des amerikanischen Präsidenten hat in den vergangenen Monaten schon so manchen Gast zum Schwitzen gebracht. Inhalte des Gesprächs scheinen bei ihm völlig unvorhersehbar. Es ist ein wenig, wie im Swingerklub: Alles kann, nichts muss.
Warum also sollte es der Delegation von Juventus Turin da anders ergehen? Der italienische Rekordmeister war mit einem halben Dutzend Spieler, darunter Weston McKennie, Klublegende Giorgio Chiellini und Dušan Vlahović, Trainer Igor Tudor und Manager Damien Comolli angereist. Auch Fifa-Präsident Gianni Infantino war im Oval Office zugegen.
Eigentlich sollte es inhaltlich um die laufende Klub-WM in den USA gehen. Doch vor den Medienvertretern beantwortete Trump überwiegend Fragen zum Krieg zwischen Israel und dem Iran sowie der Rolle der Vereinigten Staaten – mit den Juve-Profis in seinem Rücken. Ein durchaus kurioses Bild.
Trump bringt Transgender-Debatte ins Spiel
Einige der Profis schienen vom Ablauf irritiert, wirkten nervös wie in der Schule, wenn der Lehrer die Hausaufgaben abfragt, die man aber leider vergessen hat. Ihre Gedanken waren spürbar: Hoffentlich nimmt er mich nicht dran. US-Nationalspieler Weston McKennie etwa starrte unentwegt geradeaus, möglicherweise ahnend, dass er gleich in eine unangenehme Situation gebracht werden könnte.
Und die folgte dann auch bald, als der Präsident von einer Reporterin nach Trumps Vorgänger gefragt wird: „Wer hat das Weiße Haus unter Ex-Präsident Joe Biden wirklich geführt. Was meinen Sie?“ Trump, der jüngst die Verschwörungstheorie verbreitete, dass Biden 2020 gestorben und durch einen Roboter oder Doppelgänger ersetzt worden sei, antwortet: „Er hat nicht die Entscheidungen getroffen.“
Über einen Umweg und Bidens Position zu Transgender-Athleten im Sport, versuchte Trump dann einen Bogen zum Sport zu schlagen. Der Präsident wandte sich den Fußballprofis zu: „Könnte eine Frau in eurem Team spielen, Jungs?“
McKennie und Landsmann Timothy Weah schauten sich ratlos an. Niemand wagte eine Antwort, ein paar Profis brachten ein unsicheres Lächeln hervor. Ein Fremdscham-Moment. Trump aber blieb hartnäckig und sprach nun Juventus-Manager Damien Comolli direkt an. „Wir haben eine sehr gute Frauenmannschaft“, sagte Comolli maximal diplomatisch.
Vom Haken ließ der Präsident den 52-jährigen Franzosen damit aber noch nicht: „Aber sie sollten mit Frauen spielen, oder?“ Eine Nachfrage, auf die er diesmal auch von Comolli keine Antwort mehr erhielt. „Schaut, sie sind sehr diplomatisch“, befand Trump in Richtung der Reporter und lachte.
Der Präsident will Transmenschen per Dekret von der Teilnahme am Frauensport ausschließen. Generell wurden in vielen US-Bundesstaaten zuletzt Gesetze verabschiedet, die die Rechte von Transmenschen einschränken. Transmenschen oder Transgender sind Personen, die sich dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig fühlen.
Bei Juventus dürften sie am Ende erleichtert gewesen sein, als der Besuch beendet war. „Man geht nicht jeden Tag ins Weiße Haus, deshalb war es eine große Freude, dort zu sein“, so Trainer Tudor. Das sah allerdings anders aus.
Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch Abseitiges wie Fußball.
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