Nordirland gewinnt die Team-WM im Darts. In Frankfurt siegen Josh Rock und Daryl Gurney im Finale gegen Wales mit Jonny Clayton und Gerwyn Price, der trotz Niederlage gut lachen hat - wegen Luke Humphries und Luke Littler. Für Deutschland ist im Halbfinale Schluss.

Die Pressekonferenz ist schon fast vorbei, da setzt Gerwyn Price plötzlich zu einer bemerkenswerten Spitze an, an deren Ende er sich vor Lachen kaum halten kann. Der Darts-Weltmeister von 2020 sitzt neben seinem Doppelpartner und guten Freund Jonny Clayton, als er gefragt wird, ob eine gute Beziehung zum Teamkollegen essenziell ist, um bei der Team-Weltmeisterschaft erfolgreich zu sein. "Es braucht eine gute Verbindung zum Partner, es braucht Teamplay bei diesem Turnier", beantwortet Price die Frage von ntv.de. "Es gab genau ein einziges Team, dass hier kein Team war. Sie haben hinter den Kulissen nicht miteinander trainiert, sie saßen nicht zusammen, sie sind nicht aufgetreten wie ein Team", merkt Price an.

Aber wen meint Price? "Das sage ich nicht, aber … sie sind im ersten Spiel ausgeschieden", grinst der "Iceman" verschmitzt und garniert seine Einschätzung mit weiteren Worten, ohne dabei auch nur ein einziges Mal "England" zu sagen. Clayton sitzt die ganze Zeit daneben, drückt ohne eigene Worte seine Zustimmung aus und kann schon ein paar Sekunden später sein Lachen nicht mehr verbergen.

Jeder im Raum weiß längst, dass Price nur das hochgelobte englische Traumduo meinen kann: Weltmeister Luke Littler und der Weltranglistenerste Luke Humphries. Das Wunderkind und sein Weltmeister-Vorgänger waren am Samstagabend sensationell in ihrem ersten gemeinsamen Doppel-Match an Gastgeber Deutschland gescheitert. Hochverdient und hochkant flogen die Engländer raus - und bekommen einen Tag später von Gerwyn Price ihr Fett weg. "Ich hätte gerne gesehen, dass sie gut spielen, aber das haben sie nicht. Sie haben kompletten Müll gespielt, hahaha." Noch ein ordentlicher hämischer Lacher hinterher, fertig ist die Spitze gegen das hochfavorisierte, aber bei diesem Turnier tief gefallene England.

Titel für Nordirland, aber Wales feiert mit

Wer zuletzt lacht, lacht in diesem Fall aber nicht am allerbesten. Denn obwohl die Waliser auf ein starkes Turnier und auch auf eine mehr als ordentliche Leistung im Finale zurückblicken können, geht der Titel überraschend an Nordirland. Der 24-jährige Josh Rock und sein 39-jähriger Teampartner Daryl Gurney gewinnen den World Cup of Darts, die inoffizielle Team-Weltmeisterschaft in der Eissporthalle in Frankfurt.

In einem hochklassigen Endspiel schaffen es Rock und Gurney auf der letzten Rille über die Ziellinie. 10:9 heißt es am Ende für Nordirland. Am späten Sonntagabend wirft der ehemalige Weltranglisten-Dritte Gurney nach einem epischen Duell den entscheidenden Dart in die Doppel 8.

Was danach folgt, ist mindestens so bemerkenswert, wie die spielerische Qualität im Finale oder die verbale Note von Price Richtung der enttäuschenden Engländer: Die unterlegenen Waliser verbrüdern sich vor den 3400 Zuschauern im Frankfurter Ostteil mit ihren Bezwingern: Clayton und Price stehen Arm in Arm mit Gurney und Rock vor der jubelnden Menge, als die Einlaufhymne der siegreichen Nordiren ("Sweet Caroline") nochmals ertönt.

Wenn es einer weiß, wie sich ein Triumph bei der Team-Weltmeisterschaft im Darts anfühlt, dann ist es das walisische Duo: Price und Clayton gewannen das einzige Doppel-Turnier der Profidarts-Organisation PDC bereits zweimal, 2020 und 2023.

Bestes Team-WM-Finale jemals

Den Dreierpack hat Wales dieses Jahr aber noch nicht unter Dach und Fach gebracht. Nordirland kann mit dem überragenden Niveau von Price und Clayton nicht nur mithalten, sondern dieses in Person von Josh Rock sogar noch toppen. "Rocky", so wird der 24-Jährige genannt, spielt sich in einen Rausch. Über die gesamte Partie hinweg ist die Nummer 17 der Welt so sehr im Tunnel, als habe er Magnete im Board versteckt, die seine Pfeile magisch anziehen.

Weil sich Doppelpartner Gurney, 25. der Weltrangliste, zeitweise vom unfassbaren Niveau "Rockys" anstecken lässt und auch Price und Clayton ihre starken Momente haben, entwickelt sich das beste und spektakulärste World-Cup-Endspiel aller Zeiten. Und eines der spannendsten.

Nordirland legt einen guten Start hin, geht mit 3:1 in Führung. Dann erleben die Waliser ihre beste Phase. Clayton und Price drehen die Partie, führen plötzlich 7:5. Dann allerdings vergeben die beiden ehemaligen Rugbyspieler mehrere Chancen, um zu erhöhen. Statt 8:5 für Wales, schöpfen die Nordiren beim Stand von 6:7 aus ihrer Sicht neue Hoffnung. Drei weitere Legs gehen an Gurney und Rock. Beim Stand von 9:8 gibt es sogar die ersten Matchdarts. Diese überlebt Wales zwar allesamt, im Entscheidungsleg ist Gurney aber schließlich nervenstark zur Stelle.

"Wir haben für Nordirland Geschichte geschrieben", jubelte ein emotionaler und vollkommen ergriffener Rock. Sein 15 Jahre älterer Teampartner konnte sein Glück auch eine Stunde nach Ende des Finals noch kaum fassen. "Ich glaubte, ich sei am Ende", gab Gurney zu und sprach auf seinen heftigen Absturz in der Weltrangliste an. In den vergangenen Jahren ist der 39-Jährige von Platz 3 bis auf Platz 25 gerutscht. "Ich war überzeugt, dass ich kein Sieger mehr bin", so Gurney, der 2017 den World Grand Prix und 2018 die Players Championship Finals gewonnen hatte. "Aber dann kam Josh und hat mir den Glauben zurückgegeben. Und kurz vor dem Turnier hatte ich plötzlich die Überzeugung in meinem Kopf, dass wir das Turnier gewinnen können."

Pietreczko nach Deutschlands Aus: "Habe zu heulen angefangen"

Derartige Überzeugung hat auch das deutsche Doppel weit gebracht. Martin Schindler und Ricardo Pietreczko scheiterten erst im Halbfinale am frühen Sonntagabend dem späteren Sieger Nordirland glatt mit 1:8. Nach der heftigen Halbfinal-Klatsche liegen beim deutschen Team Enttäuschung und Stolz nah beieinander.

"Als wir von der Bühne gegangen sind, habe ich zu heulen angefangen", sagt Pietreczko nach dem Halbfinal-Aus zu ntv.de. "Es war eine Mischung aus Stolz und Enttäuschung. Stolz, weil wir das Halbfinale erreicht haben. Enttäuschung, weil wir das Halbfinale so knallhart verloren haben."

Auch aus Martin Schindler, der in den vergangenen beiden Jahren den Durchbruch in die erweiterte Weltspitze geschafft hat, spricht Enttäuschung. Aber genauso wie bei Pietreczko ohne jede Verbitterung. Und das, obwohl Deutschland bei seiner dritten Halbfinal-Teilnahme zum dritten Mal verloren hat. "Klar, ich hätte gerne den Pokal mitgenommen. Aber es war trotzdem ein geiles Turnier von uns beiden. Wir haben uns gut ergänzt. Wir haben gut funktioniert, das zählt."

Riesensieg gegen England, kampfstark gegen Australien

Das sind Fakten, die Schindler am Ende von vier ereignisreichen Tagen am Main ausspricht. So ist zwar durchaus offensichtlich, dass die beiden Deutschen - vorsichtig gesagt - keine innige Männerfreundschaft pflegen. So offensichtlich ist aber auch, dass Schindler und Pietreczko am Dartboard durchweg harmoniert haben. "Martin ist der beste Teampartner, den ich mir vorstellen kann", sagte Pietreczko und legte seine Hand über Schindlers Schulter.

Am Sonntagnachmittag hatte Deutschland im Viertelfinale ein umkämpftes Spiel gegen Australien etwas glücklich, aber nicht unverdient gewonnen. Mit 8:7 setzten sich Schindler und Pietreczko gegen Damon Heta und Simon Whitlock durch. Trotz eines zwischenzeitlichen 5:7-Rückstands, trotz eines Matchdarts für Australien. "Das war Kampf bis zum Gehtnichtmehr", bilanzierte Schindler im Anschluss an die Partie.

Das Husarenstück schlechthin war dem deutschen Doppel aber bekanntlich bereits am Samstagabend gelungen. Die vom britischen König Charles zum Ritter ernannten Luke Humphries und Luke Littler scheitern sang- und klanglos an Schindler und Pietreczko. Die Deutschen haben damit erst möglich gemacht, dass Gerwyn Price die Engländer trotz Finalpleite so richtig in den Senkel stellen konnte.

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