Deutsches Darts-Doppel lässt Luke Littler wütend zurück
Erstmals seit zwei Jahren verliert das englische Doppel wieder ein Spiel beim World Cup of Darts - erneut besiegt Deutschland den Topfavoriten dank einer starken Teamleistung von Martin Schindler und Ricardo Pietreczko. Im Viertelfinale wartet nun Australien.
Als Ricardo Pietreczko den entscheidenden Dart in die Doppel 16 wirft, sitzt Weltmeister Luke Littler gedanklich schon im Taxi auf dem Weg ins Hotel. Das 18-jährige Wunderkind, der größte Darts-Superstar aller Zeiten (gemessen an seiner Strahlkraft und Popularität), er wird kein Deutschland-Freund mehr. Nach der Pleite im ersten Spiel bei der Team-Weltmeisterschaft wird sich seine Einstellung nicht ändern. Littler verliert an der Seite von Luke Humphries direkt in seinem ersten Spiel beim World Cup - gegen Gastgeber Deutschland.
Schon jetzt reist Littler nur noch dann nach Deutschland, wenn es gar nicht anders geht. Wenn Major-Turniere anstehen oder der Premier-League-Abend in Berlin. Ihn stören Pfiffe und Buhrufe aus dem Publikum so sehr, dass er nur noch das Nötigste auf deutschem Boden spielt. Er hat damit schlechte Erfahrungen gemacht - und daraufhin angekündigt, nur noch die großen Major-Turniere in Deutschland spielen zu wollen.
Eines der prestigeträchtigsten Turniere im Darts-Jahr ist der World Cup of Darts, wie die Team-Weltmeisterschaft offiziell bezeichnet wird. An diesem Samstagabend in Frankfurt war das Publikum ein Vorteil für das deutsche Doppel, für Martin Schindler und Ricardo Pietreczko. Ausschlaggebend war der konstante "Buh"-Klangteppich aber gewiss nicht. Humphries schien zumindest auf der Bühne keine Ausreden in diese Richtung zu suchen. Wie Littler mit der Niederlage umgeht, ist noch nicht bekannt. Auf Littlers Social-Media-Konten gab es bis heute früh jedenfalls keine Regung.
Humphries und Littler dominieren den Sport - aber nicht Deutschland
Der World Cup sollte für das englische Traumdoppel zum Auftakt werden in eine goldene Zukunft. England? Auf Jahre hinaus unschlagbar. Das hatten die meisten Beobachter in den Wochen vor dem Turnier getönt - und für die Aussage wenig Widerspruch geerntet. Zu eindeutig ist die Lage an der Weltspitze des Pfeilesports. Luke Humphries, Weltmeister 2024, ist die Nummer eins der Weltrangliste. Luke Littler, Vize-Weltmeister 2024 und Weltmeister 2025, ist die Nummer zwei. Die Lücke zwischen ihm und dem drittplatzierten Michael van Gerwen ist längst riesengroß. Die meisten wichtigen (Einzel)-Titel machen Humphries und Littler unter sich aus. Umso höher ist der Sieg des deutschen Teams zu bewerten.
Beim World Cup sollten sie eigentlich zusammen triumphieren. Alles war angerichtet. Erst am Freitagabend hatten die Darts-Stars den Titel "Member of the British Empire" von König Charles erhalten. Doch die zu Rittern geschlagenen Lukes hatten die Rechnung ohne den Gastgeber gemacht. England wirkte nicht frei, schien unter der immensen Erwartungslast erdrückt zu werden. Und musste am Ende frustriert die Koffer packen.
Sinnbildlich: Luke Littler stapfte wütend im Eiltempo von der Bühne, nachdem er Schindler und Pietreczko zuvor nur kurz und sichtlich widerwillig die Hand gegeben hatte. Humphries dagegen blieb noch einige Sekunden länger auf der Bühne, gratulierte den deutschen Siegern gebührend und voller Respekt.
Littler verpasst die Doppel
Deutschland gelingt am späten Samstagabend der perfekte Start in das Achtelfinal-Duell. Ricardo Pietrezcko und Martin Schindler kommen besser ins Spiel als die beiden mit Abstand besten Dartspieler der Welt, gehen mit 2:0 in Führung. Doch just in dem Moment, als sich Pietreczko bereit macht, zur 3:0-Führung auszuchecken, hat Littler etwas dagegen. Der Weltmeister bringt 123 Punkte via Bull auf Null. Kurzes, leicht arrogantes wirkendes Nicken in Richtung des deutschen Publikums, dann geht es weiter.
Auch das vierte Leg geht an Littler und Humphries. Das Momentum kippt Richtung des klaren Favoriten. Nach einer 180 im fünften Leg hallen für wenige Sekunden sogar "England"-Anfeuerungsrufe durch die Eissporthalle im Frankfurter Osten, normalerweise Heimat des Eishockey-Zweitligisten Löwen Frankfurt. In diesem Moment spielen nicht Humphries und Littler gegen Schindler und Pietreczko. In diesem Moment spielen nicht vier Dartprofis gegeneinander, sondern England gegen Deutschland.
Und die Heimfans übernehmen rasch wieder die akustische Überhand. Schindler wirft im fünften Leg ebenfalls eine 180, Littler wiederum drei Fahrkarten auf Doppel. Und dann reißt Ricardo Pietreczko mit einem sensationellen 106-Punkte-Checkout den Engländern tatsächlich die sicher geglaubte 3:2-Führung aus den Händen.
Diese Szene lässt die Partie auf die deutsche Seite kippen. Die Gier nach der Sensation, sie ist von der Tribüne aus regelrecht greifbar. Schindler und Pietreczko pushen sich gegenseitig, profitieren vom jeweils anderen und spielen so, wie man bei der Team-Weltmeisterschaft auftreten muss: Überlegt, nicht nur an sich selbst denkend, aufmunternd. All das haben die Nummer 18 und Nummer 28 der Welt offenbar schon während der Gruppenphase verinnerlicht. Beide Spieler haben "ihre" eigenen Momente, keiner muss den anderen mitschleppen.
Sieg gegen die besten Spieler der Welt
Das englische Team spielt dagegen nicht so, wie ein perfektes Team spielen sollte. Humphries und Littler sind die besten Akteure und Botschafter dieser Darts-Generation, aber als Duo haben beide noch Nachholbedarf. Das zeigt der weitere Spielverlauf. Immer, wenn einem der beiden eine gute Aufnahme gelingt, kann der Teampartner daran nicht anknüpfen.
Im sechsten Leg checkt Luke Littler wieder nicht, Pietreczko lässt sich erneut nicht zweimal bitten: 4:2 für Deutschland. Im darauffolgenden Leg, dem letzten vor der Pause, checkt Schindler mit dem letzten Dart in der Hand zur 5:2-Führung.
Littler und Humphries wirken angefressen. Frust macht sich breit. Kurz vor dem 7:2 für Deutschland winkt Humphries ab. In der hitzigen Atmosphäre der Eissporthalle kommen Luke & Luke zwar noch einmal auf 4:7 ran. Immer, wenn eine schnelle Antwort gefordert ist, ist das Gastgeber-Duo jedoch zur Stelle. Pietreczko löscht 62 Punkte. Deutschland gewinnt 8:4 gegen die beiden besten Spieler der Welt. Ein Moment für die deutschen Darts-Geschichtsbücher. "Jeder hat von England erwartet, dass sie gewinnen. Das konnten wir mental als Vorteil nutzen", sagte Schindler nach der Partie auf der Pressekonferenz.
Nächster Gegner Australien
Im Viertelfinale trifft das deutsche Doppel heute Nachmittag auf Australien (ab ca. 14:15 Uhr live bei DAZN). Ein ausgeglichenes Duell auf dem Papier, mit leichten Vorteilen für Deutschland. Spitzenspieler Damon Heta überragt seinen Doppelpartner Simon Whitlock deutlich. Gleichmäßiger besetzt ist definitiv Deutschland. Auf dem Weg ins Finale müssen Schindler und Pietreczko noch zwei Hürden aus dem Weg räumen. Erst Australien am Nachmittag, am frühen Abend (ca. 19:15 Uhr) soll dann der Sieger aus dem irischen Derby zwischen Nordirland und Irland folgen.
Nach dem Sieg über das englische Giganten-Doppel klingt der erstmalige Einzug ins Finale der Team-Weltmeisterschaft nicht unrealistisch. Obwohl Schindler und Pietreczko ziemlich verschiedene Charaktere sind, harmonieren die beiden auf der Bühne wunderbar. Nur bei der Frage nach den weiteren Ambitionen herrschte bei der Pressekonferenz Uneinigkeit. "Ich würde sagen, ja", sagte Pietreczko auf die Frage, ob das deutsche Doppel jetzt den Titel holt. "Wir lassen die Kirche im Dorf und dann gucken wir weiter", bremste Schindler.
Und dann? Könnte es im großen Finale (ca. 22 Uhr) zum Nachbarschaftsduell gegen die Niederlande kommen. Danny Noppert und Gian van Veen spazieren bislang mühelos durch das Turnier, auch gegen Altmeister aus Schottland - Gary Anderson und Peter Wright - siegte "Oranje" zu Null. Von 16 bisher gespielten Legs haben die Niederländer 16 gewonnen.
Im Viertelfinale treffen die Niederländer heute auf Außenseiter Tschechien, im Halbfinale käme es dann zum Duell mit dem neuen Topfavoriten Wales. Jonny Clayton und Gerwyn Price müssen vorher aber noch die Pflichtaufgabe gegen Hongkong lösen. Luke Littler ist dann schon wieder zurück in der Heimat - und will so schnell auch nicht wieder zurückkommen.
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