Dunkle Wolken ziehen über dem DFB-Team auf: Die Leistung im Halbfinale der Nations League gegen Portugal war alles andere als gut. Das wirft Fragen auf. Deniz Undav liefert Antworten.

Es gab dann doch eine Frage, die Deniz Undav aus dem Konzept gebacht hat. Ob die deutsche Fußball-Nationalmannschaft denn ihrem Torwart vertraut? Schließlich hat Marc-André ter Stegen nach seiner schweren Knieverletzung noch nicht allzu viel Spielzeit wieder sammeln können. Undav schüttelte grinsend den Kopf, leitet mit einem "geile Frage" ein und erklärt, dass die DFB-Elf natürlich ihrer Nummer eins vertraue.

Es ist ein cleverer Schachzug. Ausgerechnet Deniz Undav stellt sich nach der verdienten Halbfinal-Niederlage gegen Portugal in der Nations League den Fragen der Journalistinnen und Journalisten im DFB-Camp. Die ganzen Bedenken, die ganzen Nachfragen, die dunklen Wolken über der Nagelsmannschaft: Wenn das jemand beiseite wischen kann, dann ja wohl Undav.

Denn es gibt viel zu bereden. Noch bevor überhaupt klar war, dass das DFB-Team am Sonntag (15 Uhr/RTL, DAZN und im Liveticker bei ntv.de) gegen die wenig später im zweiten Halbfinale unterlegenen Franzosen und ihr offensives Starensemble ran muss, hatte es im Camp eine längere Krisensitzung gegeben. Davon berichtete Sportdirektor Rudi Völler in der ARD. Man sei vielleicht ein bisschen verwöhnt gewesen, von den guten Leistungen zuletzt. Deshalb die Devise: Ab jetzt wieder eine Schippe drauflegen, sagte Völler.

"Mich juckt's nicht"

Und da machte Undav weiter, auf die ihm eigene Art. Statt zu verkrampfen, lockerte er die Stimmung. Aus Sicht des DFB-Teams zum genau richtigen Zeitpunkt, bevor die Zweifel zu erdrückend sind. Früher übernahm das Thomas Müller, jetzt kümmert sich der Stürmer vom VfB Stuttgart.

Er scherzt über die Plastiktüten, mit denen er immer zu den Lehrgängen kommt. "Ich brauche halt einen Platz für meine Schuhe, deshalb hatte ich beim letzten Mal eine Mülltüte." Die Stars der französischen Nationalelf schlagen derweil in Designerkleidung auf. "Mich juckt's nicht", sagte Undav. "Ich finde, man sollte einfach davon wegkommen, dass man Sachen beurteilt." Er wisse noch, wie das bei Leroy Sané diskutiert wurde, wie teuer dessen Sachen gewesen seien. "Das ist doch seine Sache. Und wenn er nur in Boxershorts hier ankommen möchte, dann soll er das machen. Man sollte nicht darüber diskutieren, ob das cool ist oder nicht. Das ist seine Entscheidung", sagte Undav und ergänzte: "Ich ziehe mich an, wie ich mich anziehen möchte."

Er hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen, auch zum Spiel am Sonntag. "Wir versuchen, das Ding zu holen", sagte er, nur um sich dann selbst schnell zu korrigieren: "Also den dritten Platz." Weil da war ja was: Schließlich hatten sie "das Ding" in München gegen Cristiano Ronaldo und Co. selbst verspielt. Julian Nagelsmann kritisierte im Anschluss seine "schläfrige" Mannschaft, der Bundestrainer selbst war auch nicht ganz fehlerfrei. Nach dem Auftritt stellen sich schon grundsätzliche Fragen. Reicht der Spielerpool qualitativ überhaupt für die Weltmeisterschaft 2026? Wie weit ist das DFB-Team von der Weltspitze entfernt?

Undav selbst ist das beste Beispiel, wie man mit schlechten Leistungen umgeht. Er und sein VfB Stuttgart fielen im Frühjahr in eine Ergebniskrise und hatten auch insgesamt kein leichtes Jahr. Festgemacht wurde das vor allem an einem. "Der Undav läuft nicht, der Undav ist nicht schnell genug, all das", erinnerte sich der 28-Jährige in der "Süddeutschen Zeitung". Die Zeit sei nicht leicht gewesen. "Ich war kein anderer Spieler in dieser Zeit, ich war genauso schnell oder nicht schnell wie immer, ich bin nicht mehr oder weniger gelaufen als sonst."

Aber plötzlich wurde er mit der Lupe kritisch betrachtet. Alles wurde zum Problem: das neue Auto, das er sich schon Wochen vorher gekauft hatte oder der Döner, den er während seiner Torflaute gar nicht gegessen hatte. Für jemanden, der auch von seiner Lockerheit lebt, ist das ein Problem. "Mir ist es wichtig, was die Leute von mir halten, die Fans, die Mitspieler, und wenn da alles gut ist und ich glücklich bin, kann ich der bestmögliche Deniz sein", sagte er der SZ.

"Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen"

Er sei ins Zweifeln geraten, auch an sich selbst. Schließlich ist er ja "eigentlich der Spieler, der gut spielen möchte". Dass er jetzt wieder bei der Nationalmannschaft sitzt, ist ein starkes Indiz dafür, dass er das wieder ist. Und dass er diese schwierige Phase überwunden hat. Der VfB Stuttgart hat über den Titel im DFB-Pokal sogar noch die Qualifikation für die Europa League geschafft. Und wie wurde Undav wieder zu Undav? Nun ja, zuallererst hat er gegen Union Berlin nach mehr als zehn Bundesliga-Spielen wieder ein Tor geschossen. "Und einfach mit guten Leistungen."

Geholfen hat aber auch das DFB-Team. Sportdirektor Völler sprach zuletzt davon, dass das Camp eine Wohlfühloase sei. Aber das gilt offenbar nicht nur für die Länderspiele, sondern auch außerhalb. Undav, das erzählte er nun, habe sich in der schwierigen Phase auch ein paar Tipps von Joshua Kimmich geholt. Wie er sich auf und neben dem Platz verhalten soll. Schließlich ist Kimmich der "Kapitän der Nationalmannschaft und ein Führungsspieler beim FC Bayern". Auch vom scheidenden Co-Trainer Sandro Wagner konnte sich der Stuttgarter Ratschläge abholen.

Diese Phase erklärt auch, wieso Undav das Portugal-Spiel aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Warum seine Sicht auf die energielose Leistung eine andere ist. Klar, man war weit von dem entfernt, wo man eigentlich sein möchte. Aber dennoch, das sagte er nun im Team-Camp in Herzogenaurach, könne man es noch "positiv sehen": Trotzdem war es am Ende auf dem Papier nur ein knappes 1:2.

Am Sonntag wartet mit Frankreich die nächste Top-Mannschaft. Wie das DFB-Team gegen diese bestehen kann? "Einfach eine gute Leistung bringen, Gas geben", sagte Undav. Die Nationalelf habe zuletzt immer gute Chancen gehabt, wenn sie gegen Frankreich gespielt hat. Die jüngsten zwei Testspiele gingen an die deutsche Auswahl, in Pflichtspielen allerdings ist die Elf von Trainer Didier Deschamps seit vier Partien gegen das DFB-Team unbesiegt. "Wir haben eine sehr, sehr gute Mannschaft. Die haben eine sehr, sehr gute Mannschaft", formulierte es Undav. "Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wer den Sieg am Ende mehr haben möchte."

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