Tennismärchen einer 22-Jährigen lässt Paris fassungslos zurück
Das Märchen geht einfach weiter, ganz Paris schüttelt fassungslos den Kopf: Bei den French Open kämpft sich Loïs Boisson völlig überraschend und historisch als Wildcard-Starterin in das Halbfinale. Dort wartet auf die Lokalmatadorin die Nummer zwei der Welt.
Loïs Boisson plumpste rücklings auf Frankreichs heilige Asche, streckte alle Viere von sich und badete im ohrenbetäubenden Jubel von Tausenden Landsleuten: Boisson hat das nächste Kapitel des großen französischen Tennis-Märchens von Roland Garros geschrieben, die Nummer 361 der Welt steht unter den letzten vier der French Open - und ganz Paris feiert völlig verzückt mit.
"Es ist ein unglaubliches Gefühl", sagte die 22-Jährige, nachdem sie auf dem riesigen Court Philippe Chatrier nach der Weltranglistendritten Jessica Pegula nun auch im Viertelfinale das russische Supertalent Mirra Andrejewa mit ihrer immens physischen und reichlich unorthodoxen Spielweise entzaubert hatte. "Es ist unbeschreiblich, letztlich habe ich es irgendwie geschafft, es zu Ende zu bringen. Es war extrem intensiv", sagte sie.
Der 7:6 (8:6), 6:3-Erfolg, der ihr als erste Französin seit Marion Bartoli 2011 ein Halbfinalticket in Paris bescherte, ist schon jetzt ein historischer Erfolg. Als erste Wildcard-Spielerin der Open Era seit 1968 erreichte Boisson die Runde der besten vier, ins Halbfinale waren beim Grand-Slam-Debüt vorher überhaupt erst zwei Spielerinnen eingezogen: Die 15-jährige Monica Seles 1989 und die 14-Jährige Jennifer Capriati 1990, beide ebenfalls in Paris - nicht die schlechtesten Vorbilder.
"Boisson sans moderation" titelte L'Equipe sogleich in wundervoller Ablehnung der Journalisten-Maxime "No jokes with names". Boisson ohne jede Zurückhaltung - kann das heißen. Aber auch so viel wie: Getränke bis zum Abwinken. Der Champagner-Stand vor Philippe Chatrier war danach dann auch trotz sündhafter Preise auffallend gut besucht.
Gauff ringt Keys doch noch nieder
Und die Party könnte weitergehen: Boisson trifft nun am Freitag auf Coco Gauff aus den USA. Die Weltranglistenzweite besiegte zwar ihre Landsfrau Madison Keys mit 6:7 (6:8), 6:4, 6:1, zeigte dabei aber reichlich Schwächen. "Ich bin bereit", sagte Boisson. Im Finale würde dann Titelverteidigerin Iga Swiatek oder die Weltranglistenerste Aryna Sabalenka warten.
Boisson befindet sich in einem schwindelerregenden Höhenflug. In der Weltrangliste wird sie auch bei einem Halbfinal-Aus um fast 300 Plätze auf Rang 65 klettern und urplötzlich beste Französin sein - die Grande Nation hatte zu Beginn der French Open gerade eine einzige Spielerin unter den Top 100. Nun lässt Boisson das Land von Suzanne Lenglen und Amélie Mauresmo wieder von ganz großen Titeln träumen.
Im Frühjahr 2024 war die Tochter des früheren Basketball-Europapokalsiegers Yann Boisson ganz unten angekommen, ihr Grand-Slam-Debüt wegen eines Kreuzbandrisses geplatzt. Damals lag sie am Boden. Nun lag sie wieder am Boden. Und weinte Freudentränen.
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