Als die Bayern die Königsblauen zum "FC Schalke 02" schossen
Vor zwanzig Jahren sind die Schalker drauf und dran den FC Bayern München zu überholen. Doch am Ende müssen sie sich nach einem Einbruch in der Liga und einer Niederlage im DFB-Pokalfinale doppelt geschlagen geben. Die Presse verpasst den Königsblauen daraufhin einen neuen Namen.
"Wir sind die klare Nummer zwei in Deutschland und werden es auch die nächsten Jahre sein", hatte Schalker-Manager Rudi Assauer nach der bitteren Niederlage im DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern München gesagt und eigentlich sollten die Worte des königsblauen Urgesteins positiv klingen. Doch Fußball-Deutschland, ein großer Teil der Schalker Fans und nicht wenige Spieler schüttelten nur mit dem Kopf. Stellvertretend für seine Kameraden meinte ein enttäuschter Marcelo Bordon: "Ich bin nach Schalke gekommen, um mit diesem Verein einen Titel zu gewinnen. So aber haben wir keine Chance."
Was Bordon trotz des zweiten Platzes in der Liga so sauer machte, war der riesige Abstand zu den Bayern. Vierzehn Punkte Vorsprung hatte der Rekordmeister am Ende der Saison 2004/05 auf die Schalker gehabt - und das, obwohl die Königsblauen nach einem Sieg im direkten Duell gegen den FC Bayern München nach dem 25. Spieltag sogar kurzzeitig Tabellenführer in der Bundesliga war. Doch dann zogen die Bayern während einer Schwächephase der Schalke schnell davon und bauten ihren Vorsprung rasant und imponierend aus. Die Medien schrieben von "Rissen im Team" und prangerten die "verstolperte" Titelchance an.
"Dafür haben wir uns aber den Arsch aufgerissen"
Auch die S04-Legende Heiner Kördell, der 1958 mit seinen Mitspielern die letzte Meisterschaft nach Gelsenkirchen gebracht hatte, zeigte sich sichtlich enttäuscht von seinen Nachfolgern: "Wir haben für unseren Titel damals nur einen Siegelring und 1000 Mark bekommen. Dafür haben wir uns aber den Arsch aufgerissen. Diese Leidenschaft hat unsere heutige Truppe doch schon seit Wochen vermissen lassen." Anders als Rudi Assauer sah er den errungenen zweiten Platz nicht positiv, sondern trauerte vielmehr der verpassten Gelegenheit hinterher. Denn die Bayern spielten bis kurz vor Ende der Saison eine eher durchschnittliche Spielzeit und waren spätestens nach der Niederlage im direkten Duell sichtlich angezählt. Doch die Schalker konnten die sich ihnen bietende Chance nicht nutzen.
Während sich die Gelsenkirchener aufgrund der deprimierenden Entwicklung in der Liga also schon vor dem Finale untereinander in die Haare gekriegt hatten, herrschte beim FC Bayern München eitel Sonnenschein. Zwei Tage vor dem Finale war die Mannschaft bereits nach Berlin gereist - und hatte tüchtig Spaß miteinander. Bei hochsommerlichen Temperaturen von 35 Grad hatte das Team eine Bootstour unweit ihres Hotels in Potsdam unternommen und dabei wie eine "Gruppe von Touristen" gewirkt, wie Oliver Kahn später erzählte. Sogar ihre T-Shirts zogen die Spieler im Wald auf dem Rückweg zu ihrer Unterkunft zur unerwarteten Freude und Unterhaltung anderer Wanderer aus, wie der Torwart gut gelaunt und schmunzelnd berichtete.
Willy Sagnols Fehde mit Oliver Kahn
Noch einige Wochen zuvor hatte es da bei den Bayern noch ganz anders ausgesehen. Kahn lieferte sich über die Medien ein Duell mit seinem Mitspieler Willy Sagnol. Nachdem der Keeper der deutschen Nationalmannschaft einen Fehler des Franzosen in einem Spiel gegen Chelsea angeprangert hatte, hatte sich Sagnol mit deftigen Worten gegenüber Journalisten verbal gewehrt, als er meinte: "Ich kann jetzt nicht Kahns Fehler der letzten zwei, drei Jahre analysieren. Da bräuchte ich zehn Tage." Doch all das war nach dem doppelten Titelgewinn schnell vergessen und so freute sich Kahn über den neuen Zusammenhalt im Team: "Das ist unsere Stärke in dieser Saison. Dass da nicht nur 25 Einzelspieler rumlaufen, sondern dass da wirklich eine echte Mannschaft für den FC Bayern spielt und kämpft."
Anders hingegen war die Stimmung nach dem Novum, dass erstmals der Meister und der Vizemeister auch das Pokalendspiel bestritten, beim FC Schalke 04. Die erneute Schlappe gegen den FC Bayern ließ die Königsblauen verzweifeln. Und obwohl es mit Experten wie Lothar Matthäus ("Ich bin mir sicher, dass der FC Schalke 04 in den nächsten Jahren Deutscher Meister wird") noch Stimmen gab, die dem doppelt geschlagenen Klub Hoffnung für die nahe Zukunft machten, schrieb eine große deutsche Sportillustrierte bereits spöttisch vom "FC Schalke 02". Und Marcelo Bordon? Der forderte vehement einige größere Veränderungen im Verein und vor allem Verstärkungen für die Mannschaft: "Sonst macht das alles keinen Sinn!"
Doch obwohl in den nächsten Jahren weiter massiv in den Kader investiert wurde, reichte es für den Brasilianer im Trikot der Königsblauen nur zu zwei weiteren Vizemeisterschaften mit dem FC Schalke 04. Nach seinem Abgang im Sommer 2010 sollte es danach nur noch in der Saison 2017/18 zu einem zweiten Platz in der Bundesliga langen. Heutzutage würde wohl jeder Schalker gerne die Worte von Rudi Assauer unterschreiben. Doch damals, Ende Mai vor zwanzig Jahren, fühlte es sich nach der dramatischen Doppel-Schmach gegen die Bayern einfach nicht gut an, der "FC Schalke 02" zu sein.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke