Manchmal genügt eine Wasserrutsche, um seine Lebensphase ehrlich einzuschätzen. Wild rauscht der klare Strom der Waitavala Waterslide eine Felsrinne im Regenwald hinab – eine natürlich entstandene Rutsche von 50 Metern Länge. Was für einen Riesenspaß die Inseljungs dabei haben, sie hinunterzusausen, sieht man als mittelalter Mann sofort.

Aber selbst rutschen? Lieber nicht. Zum Glück gibt es unten schöne Felsbecken, in denen es sich altersgerecht planschen lässt.

Naturpools wie diese veredeln mehrere der malerischen Wasserfälle auf Taveuni, dem drittgrößten Eiland des Fidschi-Archipels. Weiße, feinsandige Südseestrände sind hingegen rar auf der Vulkaninsel. Dafür sind 60 Prozent der Fläche mit Regenwald bedeckt. Es ist das perfekte Eiland für Liebhaber tropischer Natur, für Entdecker, Wanderer, Birdwatcher – und Unterwasserfans. Denn im Wasser rund um Fidschis Garteninsel gedeiht und sprießt es ebenso farbenfroh: in Korallengärten, von denen Taucher auf der ganzen Erde träumen.

Auch für Fidschianer sei Taveuni ein Sehnsuchtsort, sagt Robert Glowatzki, der mit seiner Frau eine Biofarm führt und in den Nullerjahren aus Deutschland hierher auswanderte. Die Insel, Heimat der Nationalblume Tagimaucia, die Fidschis 50-Dollar-Schein ziert, gilt als fruchtbarste der 330 Eilande des Inselstaats.

Warum es so grünt und blüht, sehen Besucher schon beim Anflug: Hoch wölbt sich Taveunis Schildvulkan, verhangen von Wolken. Bis zu zehn Meter Regen pro Jahr fallen auf die fette Erde. „Wer nur am Strand liegen will, kommt nicht hierher“, sagt Glowatzki. Taveunis Küsten sind felsig, Sandstrände selten und meist schwarz. Das Nachtleben endet beim Drink an der Hotelbar. Und in vielen Dörfern gibt es nur Strom, solange der Generator röhrt. Dafür erleben Urlauber hier noch authentische Orte und einsame Pfade durch ursprüngliche Natur.

Einer der schönsten Wanderwege ist der Lavena Coastal Walk im Bouma National Heritage Park. Auf dem Weg dorthin rumpelt der Geländewagen über eine Erdpiste mit Schlaglöchern. Mango- und Brotfruchtbäume wachsen am Straßenrand, Holzhäuser stehen auf Stelzen. Ein Schuljunge auf einem Pferd reitet vorbei, ein Mann trägt seinen Fischfang nach Hause.

Ein Strand, aber kein Hotel

Tarofelder ziehen vorbei, Kavawurzeln trocknen in der Sonne. Die Landwirtschaft sei noch immer die wichtigste Einkommensquelle der Bewohner, sagt der Fahrer. Aber in den vergangenen 15 Jahren sei der Tourismus gewachsen, es gebe neue Resorts und mehr Flüge.

In Lavena, wo die Straße endet, ist davon wenig zu sehen. Es gibt einen langen Sandstrand, aber kein Hotel. Touristen kommen weniger zum Baden hierher, sondern wegen des fünf Kilometer langen Küstenwanderweges. Auf einem sandigen Pfad führt er am Meer entlang, Kinder planschen im seichten Wasser. Baumfarne spreizen ihre Wedel. Zweige knorriger Bäume verschlingen sich zu einem immergrünen Tunnel. Vögel trillern, Eidechsen huschen über den Weg, Schmetterlinge umflattern sich im Paartanz.

Bevor der Pfad verbreitert und zur Touristenattraktion wurde, verband er einfach nur drei Dörfer. Noch immer bietet er Einblicke in den typischen fidschianischen Alltag. An einem klaren Fluss waschen Frauen bunte Kleider, Kinder spielen mit Kokosnüssen.

Von einer Anhöhe aus öffnet sich ein herrlicher Blick auf die steilen Regenwaldhänge des Tals. Das krönende Finale ist ein Naturpool, in den zwei Wasserfälle stürzen. Wäre er auf Hawaii, würden sich hier Massen drängen. Heute aber sitzt nur eine Frau im türkisfarbenen Wasser und fotografiert ihre Kinder beim Planschen.

An manchen Tagen kämen 20 Wanderer, sagt ein alter Mann, zurück in Lavena, an anderen kein einziger. An einem Holzbungalow des Nationalparks bezahlen sie 35 Fidschi-Dollar Eintritt (14 Euro), dafür halten die Bewohner der Dörfer den Küstenwanderweg instand. Wohin das Eintrittsgeld fließt, entscheidet der Dorfrat. „Die Einwohner werden nicht reich dadurch“, sagt Glowatzki, „aber sie haben ein regelmäßiges Einkommen.“

Umdrehen? Ein Fehler

Ähnlich ist die Lage auch bei den anderen drei Ökotourismus-Projekten im Bouma-Nationalpark. Auf dem Vidava Walk beispielsweise wandern Besucher acht Stunden lang mit einem Guide durch den Dschungel. Ein Spaziergang ist dagegen der Tavoro Waterfalls Walk. Zum untersten der drei Wasserfälle schlängelt sich ein Betonpfad durch roten Ingwer und weiß blühenden Hibiskus, dahinter steigt man durch den Regenwald zu Wasserfall Nummer Zwei auf, wo fast alle Touristen umdrehen.

Ein Fehler. Wer den zunehmend engen, schlammigen Pfad weitergeht, wird mit dem schönsten Naturpool der Insel belohnt. Ganz allein schwebt man hier im kühlen Wasser und blinzelt hinauf zu moosüberzogenen Bäumen, hellgrün leuchtenden Farnwedeln und den verästelten Kaskaden, die zwischen Felsen herabrauschen. Im Dörfchen Waitabu wiederum, ein paar Kilometer weiter, entschied man sich, ein Meeresschutzgebiet zu gründen.

Am dortigen Riff darf seit 1998 niemand mehr fischen oder ankern. Stattdessen zeigen Guides Besuchern auf Schnorcheltouren die Korallen und Fische, gefolgt von einem Rundgang durchs Dorf. Projektmanagerin Arieta Divialagi erzählt, dass die Bestände steigen und sich nun regelmäßig Forschende aus den USA hier einquartieren. Backpacker dagegen, früher die Mehrheit der Touristen auf Taveuni, kommen kaum noch. „Die Insel ist zu teuer für sie geworden“, sagt Glowatzki.

Die meisten der rund 20 Hotels liegen an der Westküste, das größte ist das „Garden Island Resort“ mit gerade mal 30 Zimmern. Über dem kleinen Pool hängen hunderte Flughunde in den Seemandelbäumen, zum Sonnenuntergang posieren junge Chinesinnen vor dem glitzernden Meer und der Silhouette der größeren Nachbarinsel Vanua Levu.

Welthauptstadt der Weichkorallen

Es sind Influencerinnen, die mehr Taucher aus Fernost an eines der berühmtesten Riffe der Südsee locken sollen: das Rainbow Reef, das sich 32 Kilometer weit in die Meeresenge Somosomo Strait erstreckt. Es gilt als „Welthauptstadt der Weichkorallen“, die vielfarbigen Wesen sind ein Teil der reichen Unterwasserwelt.

Das Tauchcenter listet 25 Spots auf, ganz oben auf der Wunschliste aber steht immer derselbe: The Great White Wall. Eine kurze Bootsfahrt, dann rollen die Taucher rückwärts über Bord. In zwölf Metern Tiefe öffnet sich ein Tunnel, der schräg nach unten durchs Riff führt. Dahinter darf man sich treiben lassen, schauen und staunen: Mit der Strömung gleitet man eine Steilwand entlang, die dicht mit weißen Weichkorallen überzogen ist.

Die Nesseltiere bräuchten die nährstoffreiche Strömung, erklärt der Tauchguide später. „Sie blühen darin auf wie Blumen.“ Beim zweiten Spot namens Fingers sieht man, was er damit meint. Auf Türmchen von Geweih- und Tischkorallen wachsen purpurne und rote Weichkorallen. Zwischen ihnen dümpeln buntgemusterte Kaiser-, Falter- und Papageienfische. Und über allem schwirren Schwärme orangefarbener Fischchen.

Um den Zauber zu genießen, braucht man nicht zwingend einen Tauchschein. Bei der Rückfahrt erzählt eine Schnorchlerin, dass sie zwei Meeresschildkröten gesehen hat – als einzige an Bord. Das Resort bietet sogar eigene Bootstouren zu Schnorchelspots, wo bunte Hartkorallen in wenigen Metern Tiefe wachsen.

Doch nicht nur die Unterwasserwelt ist unter Kennern weltberühmt. Ein Urlauber im Safari-Outfit entpuppt sich als Birdwatcher aus Colorado, der nur wegen der Vögel angereist ist. Er hat einen Chauffeur mit Geländewagen engagiert, um auf den 1195 Meter hohen Des Voeux Peak zu kommen. Denn nur dort leben die seltene Orangetaube und der endemische Seidenfächerschwanz, der weltweit ausschließlich auf Taveuni vorkommt.

Paradies der Vogelbeobachtung

Prachtvolle Vögel lassen sich aber auch mit weniger Aufwand beobachten. Es genügt, am frühen Morgen zu Bobbys Farm zu fahren, die offiziell Nabogiono Farms heißt. Besitzer Nareshkumar Shankaran, den alle nur Bobby nennen, tritt im zerschlissenen Karohemd aus dem alten Holzhaus, der weiße Bart struppig, seine Augen hellwach.

Zwischen alten Autoreifen, die er in Pflanztröge umgewandelt hat, führt Bobby die Gäste in seinen Garten. „Kommt her!“, sagt er freundlich und zeigt auf einen Pompadoursittich: Dessen Kopf und Bauch sind feuerrot, die Flügel schillern grün, in den Krallen hält er eine Guave.

Wunderschön sind auch die zierlichen Flaumfußtauben mit hellgrünen Flügeln und purpurfarbenen Tupfen auf Stirn und Schultern, die turtelnd in einem kahlen Baum sitzen. Auch einen endemischen Brillenvogel zeigt Bobby seinen Besuchern sowie einen Halsbandliest, eine Eisvogelart. Und als sich seine Gäste gerade zur Teepause auf die Veranda gesetzt haben, landen vier rot-grün gefiederte Einsiedlerloris nebenan in einer Palme.

Seit einiger Zeit bietet Bobby auch Touren durch seinen Agroforst an, wo er ausschließlich heimische Arten pflanzt. Die Kokosplantage, die er von seinem Vater erbte, ließ er 40 Jahre lang verwildern. Entstanden ist ein Dschungel, in dem ein Fernsehteam die Reality-Serie „Survivor“ drehte. Während seiner Führung bietet er den Besuchern immer wieder Früchte wild wachsender Pflanzen an. Mit der Machete schlägt er Kokosnüsse auf, als Strohhalme dienen die Stängel einer Basilikumart.

Als krönendes Finale serviert er das saftige Innere, das er aus gerade ausgetriebenen, ganz jungen Kokosnüssen schneidet, und das nussige Palmherz aus dem Stamm. „Millionärssalat“, sagt Bobby, grinst und lässt sich ein großes Stück der Delikatesse schmecken, die zu den teuersten auf Fidschi zählt.

Tipps und Informationen:

Wie kommt man hin? Etwa von Frankfurt mit Cathay Pacific (cathaypacific.com) oder Singapore Airlines (singaporeair.com) mit einem Zwischenstopp nach Nadi (Dauer: rund 30 Stunden). Von dort fliegt Fiji Airways (fijiairways.com) mehrmals täglich nach Taveuni. Von der Hauptstadt Suva und aus Savusavu auf der Insel Vanua Levu gibt es Fähren nach Taveuni.

Beste Reisezeit: Von Mai bis Oktober ist in Fidschi Trockenzeit, am stabilsten ist das Wetter im August und September. Mantarochen sind im Mai zu sehen, Buckelwale im September. Die Nationalblume Tagimaucia blüht von November bis März.

Wo wohnt man gut? Im „Garden Island Resort“ haben alle Zimmer Meerblick, die Tauchbasis ist professionell, Doppelzimmer ab 168 Euro (gardenislandresort.com). Die „Coconut Grove Beach Cottages“ sind ebenfalls gut geeignet für Taucher und Schnorchler, Doppelzimmer ab 300 Euro (coconutgrovefiji.com). Authentisches Dorfleben erlebt, wer für umgerechnet zwölf Euro ein spartanisches Zimmer im Besucherzentrum in Lavena bucht.

Auskunft: fiji.travel; ilovetaveuni.com

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Tourism Fiji. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit

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