Ein erster Blick auf die Speisekarte zeigt, dass Urlauber hier richtig sind. „Meine Küche ist eine Reise durch Brasilien“, sagt Danilo Parah, Chefkoch im „Rudä“ in Rio de Janeiros Stadtteil Ipanema. Das bedeutende brasilianische Magazin „Veja“ kürte es zum besten brasilianischen Restaurant der Stadt. Parah verbindet Einflüsse aus dem ganzen südamerikanischen Land. Inklusive Acarajé, einem frittierten Snack mit Würzpaste, den er liebt.

Traditionelle Gerichte des Landes, zubereitet mit regionalen Zutaten – damit ist der afro-brasilianische Koch Teil eines Trends, der Rio auch kulinarisch zu einem Top-Ziel werden lässt. Die Atlantikmetropole ist auf dem besten Wege, dem peruanischen Lima als Gastro-Kapitale Südamerikas die Stirn zu bieten.

Auch wenn einige Top-Hotels wie das „Copacabana Palace“, dessen „Ristorante Cipriani“ einen Michelin-Stern trägt, noch immer exzellente internationale Lokale beherbergen: Vorbei sind die Zeiten, in denen das Image eines Restaurants umso besser war, je mehr importierte Produkte zum Einsatz kamen. Heute setzt man verstärkt auf lokale Leckereien, etwa aus dem Amazonasgebiet.

So servierte die brasilianische Star-Köchin Morena Leite beim G-20-Gipfel im November 2024 in Rio den verwöhnten Gästen den Amazonas-Fisch Pirarucu mit Tucupi, einer Soße, die nach indigener Tradition aus Bittermaniok-Saft zubereitet wird. Dem damaligen US-Präsidenten Joe Biden soll es so gut geschmeckt haben, dass er die Köchin rufen ließ und um Beifall bat.

Das Schlichte veredeln, das Raffinierte vereinfachen

Auch Danilo Parah ist Teil einer Bewegung, die sich auf den eigenen Erfahrungsschatz und eine reiche gastronomische Geschichte zurückbesinnt. Und damit selbstbewusst eine zeitgenössische brasilianische Spitzengastronomie vertritt. Bei ihm genießen Gäste die ganze Vielfalt des Landes. Etwa Carne de Onça (eine Art Steak Tartar), das offizielle Gericht der südbrasilianischen Stadt Curitiba. Oder Pastel de Feira, eine gefüllte Teigtasche, die typisch ist für die vielen Straßenmärkte in Rio und anderen Städten Brasiliens.

Im „Rudä“ in der Rua Garcia d’Avila, einer der schickesten Straßen von Ipanema, gibt es natürlich eine verfeinerte Version der Marktleckerei. „Das Schlichte zu veredeln und etwas Raffiniertes zu vereinfachen“, sei seine Philosophie, sagt Parah. „Das ist ein Weg, den ich in der brasilianischen Küche mag, die sehr reichhaltig ist und manchmal als simpel angesehen wird.“

Einmal das Nationalgericht Feijoada essen und eine traditionelle Churrascaria besuchen – das gehört weiterhin zu einer Reise nach Rio de Janeiro. Doch eine größere Vielfalt an kulinarischen Highlights ist auch das Ziel des Tourismus-Sekretariats der Stadt am Zuckerhut. Das Vorhaben, sich nach dem Vorbild Limas als Gourmet-Hub zu positionieren, trägt bereits Früchte.

„Die Gastronomie in Rio hat sich sehr entwickelt“, sagt auch die deutsche Event-Managerin Martina Barth d’Avila, bei deren Veranstaltungen gutes Essen und Top-Weine eine zentrale Rolle spielen. „Der Kulinarik-Tourismus entdeckt langsam, aber sicher auch Rio de Janeiro.“

Die Verschmelzung der Regionen (wie Küste, Hochland und Regenwald), der indigenen, europäischen und asiatischen Kulturen, verbunden mit Kreativität, Experimentierfreude und Unternehmergeist – all diese Zutaten, die Lima zur kulinarischen Hauptstadt Südamerikas werden ließ, bietet Rio ebenfalls. Schon jetzt lohnt sich eine Reise dorthin nicht nur wegen Zuckerhut, Copacabana und Ipanema.

Lässigen Genuss bieten die „Pé Sujo“ genannten zwanglosen Bars, in denen man nach dem Strandbesuch in Flip-Flops etwas essen kann. Auf den Märkten in den Stadtvierteln lohnt es sich, das dort angebotene Streetfood zu probieren. Traditionelle Churrascarias tischen Grillspezialitäten auf.

Die Bandbreite reicht bis zu Sterne-Restaurants wie dem „Oteque“ und dem „Lasai“. Im letzteren empfängt Chefkoch Rafael Costa e Silva an einer langen Theke nur zehn Gäste pro Abend. Im November 2024 gelang ihm eine Sensation: Mit dem „Lasai“ wurde erstmals ein Restaurant aus Rio bei „Latin America’s 50 Best“ als bestes Restaurant Brasiliens ausgezeichnet – und nicht, wie seit 2013, als die Liste erstmals erstellt wurde, eines aus São Paulo. Dort hatte schon länger eine modern interpretierte brasilianische Küche internationale Aufmerksamkeit erregt.

Die „coolste Straße der Welt“ in Rio de Janeiro

Die dynamische Gastro-Szene am Zuckerhut erlebt derzeit also eine gute Phase. Wer in Rio de Janeiro unterwegs ist, dem fällt auch auf, dass an vielen Ecken gebaut wird, allerorts eröffnen neue Lokale, Kneipen und Bistros. Eingangstüren und Fassaden bekommen ein neues Aussehen, plötzlich stehen Tische und Stühle auf dem Gehweg.

Das Leben in Rio spielt sich viel in den Straßen und auf Plätzen ab, die Treffen sind oft von Musik begleitet. Die Rua do Senado im Zentrum ist von der britischen Zeitschrift „Time Out“ gerade erst (im November 2025) zur coolsten Straße der Welt gewählt worden. Und die Rua Arnaldo Quintela im Viertel Botafogo, auch „Brooklyn Carioca“ genannt, lockt ebenfalls ein hippes lokales und internationales Publikum an.

Früher reihten sich hier Kfz-Werkstätten aneinander, heute füllen sich fast jeden Abend die Bürgersteige. Gruppen treffen sich in traditionellen Bars oder davor, man geht in trendige Lokale, um zu sehen und gesehen zu werden. Auch die Feira da Glória, der Sonntagsmarkt im Viertel Glória, der „Time Out“ zufolge eines der zehn coolsten Viertel der Welt, ist ein Hotspot der Stadt für Einheimische und Besucher geworden. Am Stand von Latifa, die nigerianischen Jollof-Reis anbietet, bildet sich regelmäßig eine lange Schlange.

Das lebendige afrikanische Erbe prägt bis heute Kulinarik, Musik und Lebensart der Stadt. Nach Brasilien wurden mehr Menschen aus Afrika verschleppt als in die USA, nach aktuellen Forschungen über 5,5 Millionen. Mehr als zwei Millionen von ihnen kamen einst im Hafen von Rio an.

Ein Teil der Gegend ist heute als „Pequena África“ bekannt, ein geführter Rundgang führt unter anderem zum Cais do Valongo, wo versklavte Afrikaner verkauft und getauscht wurden, sowie zur Pedra do Sal. Wo die ersten Sambarunden stattfanden, treffen sich heute Einheimische, Expats und Touristen immer montags auf ein Bier oder eine Caipirinha, zum Musik hören und Tanzen.

Rückbesinnung auf die heimische Küche

Man sieht und schmeckt es überall: In der Gastronomie von Rio de Janeiro, wo fast alles, was aus Europa kommt, lange als schick gegolten hat, findet eine erfreuliche Rückbesinnung auf die heimische Küche statt – wie in anderen Städten Lateinamerikas auch, allen voran Lima und Bogotá. Die lokalen Gerichte sind geprägt durch indigene, europäische, afrikanische, asiatische und arabische Einflüsse und wurden weiterentwickelt.

Der Erfahrungsschatz von „Rudä“-Chefkoch Danilo Parahs reicht von der Kochkunst seiner Mutter über Rios Organisation Gastromotiva bis zum Drei-Sterne-Restaurant „Mirazur“ mit Chefkoch Mauro Colagreco in Südfrankreich. Er sagt: „Mir ist klar geworden, dass ich eine bestimmte Art von Essen zubereite. Es geht viel ums Würzen, um die Arbeit mit der Hand. Das ist etwas Ursprüngliches, etwas, das ich von meiner Mutter habe.“

Ausgerechnet im Ausland habe er gelernt, wie wichtig es ist, die kulinarische Vergangenheit eines Ortes zu kennen, nach innen zu schauen. „Welche Produkte haben wir, wie benutzen wir sie, was sind unsere Gerichte? Das macht den Unterschied.“ Parah und die neue Generation der Köche in Rio legen zudem Wert auf frische, saisonale Lebensmittel, eigenen Anbau und die nachhaltige Nutzung von Lebensmitteln.

So stammt ein Großteil des Gemüses, das Rafa Costa e Silva im „Lasai“ verwendet, wo die Hightech-Küche die Hälfte des Raumes einnimmt, aus seinen Gärten im Westen von Rio de Janeiro und in den Bergen hinter der Stadt. Bei Andoni Aduriz im legendären baskischen „Mugaritz“ hat er gelernt, wie wichtig es ist, einen eigenen Stil zu entwickeln, der auf regionalen Produkten gründet.

João Paulo Frankenfeld, dessen Vorfahren aus Deutschland einwanderten, stellt in der „Casa 201“ mit seinem Team fast alles selbst her: Brot, Käse, sogar Schokolade – und „Senf“, sagt er auf Deutsch. „Nach bayerischer Art, das schmeckt mir.“ Der bayerische Senf ist ein fester Bestandteil der wechselnden Speisekarte in der „Casa 201“, die von der Zeitschrift „Veja“ zum besten französischen Restaurant Rios gewählt wurde.

Frankenfeld sagt: „Die Basis ist französisch, mit einem Touch meiner eigenen Erfahrungen.“ Dazu gehört natürlich eine brasilianische Note, etwa in Form des Manioks. Alles zusammen ergibt eine Komposition, die es so nirgends sonst auf der Welt gibt.

Tipps und Informationen:

Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa (lufthansa.com) oder Air France (airfrance.de) nach Rio de Janeiro.

Unterkunft: Das „Fairmont Rio“ bietet ein Restô mit Veranda und Blick über die gesamte Copacabana. Die von dem französischen Koch Jérôme Dardillac kreierten Speisen sind brasilianisch geprägt, Doppelzimmer ab 300 Euro (fairmontrio.com). 

Zum Boutique-Hotel „Modernistas Hospedagem e Arte“ im Künstlerviertel Santa Teresa gehören eine Galerie und ein Bistro, das ganztags Frühstück mit Maniok-Brei, Mini-Açai und Kochbananen serviert. Doppelzimmer ab 50 Euro (instagram.com/modernistasgaleria/?hl=de)  

Im „Ipanema Inn“ unweit des Strandes serviert das Restaurant „Quitéria“ kreative brasilianische Gerichte auf Basis alter Familienrezepte; die Zutaten stammen von kleinen Produzenten, Doppelzimmer ab 220 Euro (ipanemainn.com.br) 

Kulinarische Touren: Free Walkers (freewalkertours.com) biete eine interessante Food-Führung an, unter anderem mit Amazonas-Küche, dem Nationalgericht Feijoada und „Little Africa“, Bezahlung nach eigenem Ermessen. GetYourGuide hat eine dreistündige Kulinarik-Tour mit 33 Kostproben im Programm, ab 81,20 Euro. Den Spuren des afrikanischen Erbes einschließlich des Essens folgt der Rundgang „Pequena África“ (riotur.rio/que_fazer/pequena-africa), unter der Webadresse sind auch Gastro-Adressen zu finden.

Auskunft: visitbrasil.com/de/location/rio-de-janeiro

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