Nach einer langen Pause dürfen wieder Touristen nach Nordkorea. Der Chef des größten Reiseanbieters für das isolierte Land sagt im stern-Interview, was Urlauber dort erwartet.

Herr Bonner, nach fünf Jahren "offiziellem" Covid-Lockdown können nun die ersten Touristen nach Nordkorea zurückkehren. Was erwartet sie dort?
Nur die Hafenstadt Rasŏn ist vorerst für nicht-russische Touristen geöffnet. Unsere Reisenden erwartet ein Programm, das sich auf Fabrikbesuche, Bildungseinrichtungen und Bauernhöfe konzentriert. Es ist jedoch auch eine gute Einführung in das nordkoreanische Leben und eine Gelegenheit, mit Nordkoreanern in Kontakt zu kommen. Es fehlen zwar die berühmten Denkmäler und Museen von Pjöngjang, aber man kann das Leben in der Stadt und auf dem Land in Nordkorea, umgeben von Bergen und dem Meer, aus erster Hand erleben.

Rasŏn als Reiseziel liegt im Nordosten des Landes an der Grenze zu China und Russland. Ist die Gegend repräsentativ für Nordkorea?
Sie ist repräsentativ für das Leben in Nordkorea. Aber wie in jedem Land gibt es von Region zu Region Unterschiede, insbesondere in Kultur, Sprache und Küche. Rasŏn ist seit 1991 eine Sonderwirtschaftszone. Dort, wie auch in der sie umgebenden Provinz Nord-Hamgyong, sind die Menschen für ihre Gastfreundschaft bekannt, sagen aber von sich, dass sie härter sind, weil sie in den Bergen leben.

Zur Person

Nicholas Bonner ist Gründer von Koryo Tours, dem größten auf Nordkorea spezialisierten Reiseveranstalter. Sitz ist in Peking. Er und seine britischen Mitarbeiter waren bereits mehrere hundert Male in dem isolierten Land. Nach fünf Jahren Unterbrechung dufte jetzt wieder die erste Touristengruppe in das Land einreisen.
Für Interessierte – hier der aktuelle Reiseplan 
 

Besonders an Rasŏn ist, dass die Stadt durch eine Binnengrenze vom Rest des Landes abgeschnitten ist. In dem Ort wurden ausländische Investitionen gefördert, er erhielt als erster ein Mobilfunknetz. Zudem gibt es dort viele chinesische Einwohner und einige russische Arbeiter. Auffällig zudem: Im Gegensatz zum Rest des Landes existieren dort recht viele Banken. Die wenigen neu errichteten Gebäude ähneln eher chinesischen Wohnhäusern als ihren Pendants im Rest Nordkoreas.

Wie kommen Besucher dorthin?
Besucher fliegen nach Peking und nehmen einen Inlandsflug oder Zug in die chinesische Stadt Yanji, von wo aus es noch etwa zwei Stunden Fahrt bis zur Grenze sind. Von dort aus geht es zu Fuß oder mit dem Auto über die Wonjong-Brücke über den Tumen-Fluss und zur nordkoreanischen Einwanderungsbehörde.

Urlaub in Nordkorea? Sonne, Strand und Kriegspropaganda

Urlaub in Nordkorea? Das ist derzeit nur für Russen möglich. Die Fotografin Elena Chernyshova erlebte als Teil einer Touristengruppe eine Reise unter Aufsicht. Hier freut sich ein Mann auf das Fleisch vom selbstgebauten Grill. Viele Familien picknicken am Strand. Die nordkoreanischen Betreuer der Reisegruppe sind allerdings nicht begeistert davon, dass die Fotografin den Ferienalltag am Meer in ihren Bildern festhalten wollte. Ständig lief jemand mit und forderte sie auf, bei ihrer Reisegruppe zu bleiben © Elena Chernyshova / stern
Zurück Weiter

Die Hauptstadt Pjöngjang, früher Hauptattraktion, bleibt vorerst unzugänglich. Warum?
Das wissen wir nicht. Auch russische Touristen wurden ab Februar 2024 zunächst Stück für Stück wieder ins Land gelassen. Damals war Pjöngjang ein erster Zwischenstopp für Skiurlaube. Vielleicht wird der Zugang auch jetzt nach und nach erweitert.

Nordkorea ist ein sehr spezielles Reiseziel. Wer reist mit Ihnen dorthin?
Nordkorea ist eines der abgeschiedensten Länder der Welt und Rasŏn ist einer der abgeschiedensten Orte in Nordkorea. Es gibt viele verschiedene Menschen, die an einem Besuch interessiert sind. Viele der ersten Touristen waren Menschen, die einfach jedes Land der Welt abhaken wollen und seit fünf Jahren darauf warten, ihre Sammlung von bereisten Ländern der Welt zu vervollständigen. Andere sind schlicht von dem Land fasziniert. Aber eine Reise nach Rasŏn lässt mit Sicherheit viele Touristen mit vielen Fragen zurück. Es ist eine Gelegenheit, etwas Einzigartiges zu sehen, etwas, das an den Kalten Krieg erinnert. Und es ist eine Möglichkeit, mit nordkoreanischen Menschen zu kommunizieren –  wenn auch nur in geringem Umfang.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Datawrapper GmbH integriert. Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Gibt es Menschen, denen Sie von einer Reise abraten würden?
Wenn Sie nicht bereit sind, unvoreingenommen zu sein und zu beobachten, dann ist dies nicht das richtige Land für Sie.

Wie viel kostet derzeit ein Platz in einer Reisegruppe?
Das hängt von der Länge der Reise ab und davon, ob sie in Yanji oder Peking beginnt. Unsere kürzeste Tour (drei Nächte, vier Tage) ab Yanji kostet 625 Euro, einschließlich zwei Übernachtungen in Yanji, während die gleiche Option ab Peking mit zwei zusätzlichen Übernachtungen in der chinesischen Hauptstadt und einem Inlandsflug zwischen Peking und Yanji 1345 Euro kostet.

Reporterin Jelena reiste nach Nordkorea. Auf den ersten Blick wirkte das Leben dort schön, schnell zeigte sich aber die Armut und Überwachung innerhalb des Landes.
 
So urlauben russische Touristen in Nordkorea


Welchen Komfort können Touristen erwarten?
Es ist nicht luxuriös, aber auf jeden Fall sauber und gemütlich, das Essen ist gut, und man wird von seinen nordkoreanischen Gastgebern gut versorgt.

Worauf müssen Reisende verzichten?
Touristen erwartet eine "Internet-Entgiftungs-Schocktherapie", da sie während der gesamten Reise keinen Internetzugang haben. Anders als in Pjöngjang können Ausländer mit einem Touristenvisum auch keine lokale Daten-SIM-Karte kaufen. Übrigens ein anderes System als das, das Nordkoreaner verwenden. Es gibt zwei Hotels mit WLAN, aber die Registrierung ist langwierig, und man muss die Sitzungen im Voraus minutengenau kaufen und jedes Mal einen neuen Benutzernamen und ein neues Passwort erwerben.

Wie laufen Ihre Buchungen an?
Es besteht großes Interesse an unseren Rasŏn-Touren, und wenn man bedenkt, dass unsere erste Tour innerhalb von nur zwei Tagen zusammengestellt werden musste, können wir sagen, dass es sich um eine ziemlich große Reisegruppe handelt. Und wir haben Buchungen für die nächsten Monate.

Ihre Einschätzung: Werden die für den Tourismus zuständigen Behörden das Land wieder ein wenig mehr öffnen?
Nordkorea ist bereits isoliert – wir glauben nicht, dass eine weitere Isolation irgendjemandem hilft. Unser Unternehmen ist nicht nur im Tourismus tätig, sondern auch an verschiedenen Projekten beteiligt – von humanitärer Arbeit bis hin zur Produktion von Dokumentarfilmen für die BBC. Wir hoffen also, dass sich das Land allmählich öffnet und wir unsere Kollegen in Pjöngjang besuchen können – fünf Jahre sind eine lange Wartezeit!

  • Nordkorea
  • Pjöngjang
  • Peking

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke