Urlaub im Land der Stalin-Verehrer
Schon erstaunlich: Es gibt nicht wenige, die ihren Urlaub freiwillig in Moskau, Omsk oder Irkutsk verbringen – trotz des brutalen Angriffskriegs der Russen auf die Ukraine, trotz internationaler Sanktionen, trotz offizieller Warnungen (neben dem Auswärtigen Amt raten zum Beispiel die USA, Großbritannien und Kanada von Russlandreisen ab).
2024 wurden laut offiziellen russischen Quellen landesweit rund 1,8 Millionen internationale Touristen gezählt, darunter 600.000 Chinesen und fast 66.000 Deutsche. Im ersten Quartal 2025 zog es rund 228.000 ausländische Urlauber in Putins Reich.
Einige Airlines verdienen an Moskau-Flügen
Zwar gibt es wegen Sanktionen und Luftraumsperrungen keine Direktflüge aus der EU nach Russland. Aber dank diverser Umsteigeverbindungen kommt man trotzdem bequem hin – Turkish Airlines, Emirates und Air Serbia verdienen ordentlich mit ihren Liniendiensten nach Moskau via Istanbul, Dubai, Belgrad.
Auch machen diverse deutsche Veranstalter Geld mit Russlandreisen, beispielsweise Newa Tours aus Hattingen („Russlands Schönheit entdecken“) oder Baikal Reisen aus Hamburg („atemberaubende Landschaften der Taiga“) oder König Tours aus Brühl („lehnen Sie sich zurück und lassen Sie sich von uns zu den schönsten Sehenswürdigkeiten fahren“).
Auf der Website von König Tours kein Wort zum Ukraine-Krieg, auch nicht dort, wo die Frage beantwortet wird, wie sicher es ist, in Russland unterwegs zu sein: Das Land sei „für Touristen sicher“, heißt es lapidar, man solle aber „auf öffentlichen Plätzen vorsichtig sein“ und „nachts unappetitliche Gegenden meiden“.
Andere Veranstalter haben dagegen nach der russischen Invasion der Ukraine 2022 ihre Russlandreisen bewusst gestrichen, darunter Diamir Erlebnisreisen aus Dresden und Chamäleon Reisen aus Berlin.
Propaganda für Patrioten
Erstaunlicher noch als die Zahl weltweiter Russland-Fans ist allerdings das, was dort in letzter Zeit an Attraktionen eröffnet hat. Da wäre beispielsweise die 2020 eröffnete goldbekuppelte Hauptkirche der Streitkräfte Russlands, die mitten in dem Patriot-Freizeitpark bei Moskau steht und durch ihren tarnfarbengrünen Anstrich besticht.
Weitere Highlights im Park sind ein Partisanendorf, eine Schirmmütze Adolf Hitlers im Museumskomplex „Straße der Erinnerung“ und ein Mini-Panzer-Parcours für Kinder (die die Kettenfahrzeuge selbst steuern dürfen, wenn sie zehn Jahre oder älter sind).
Wer Neuland kennenlernen möchte, ist in der „Rossiya“-Ausstellung in Moskau richtig: Dort werden die ukrainischen Regionen, die Russland 2022 annektiert hat, als urrussisch und als Landstrich mit glänzender Zukunft inszeniert („Donbass, in dem man leben möchte“). Die Propaganda-Show lockt seit Eröffnung Ende 2023 Millionen an, überwiegend russische Staatsbürger. Sie gehört inzwischen zu den meistbesuchten Ausstellungen weltweit.
Kult um Stalin und Lenin
Danach fährt man am besten mit der U-Bahn zur Station Taganskaja, wo im Mai 2025 Russlands neueste Attraktion enthüllt wurde: Eine Skulptur von Josef Stalin, die den Sowjet-Diktator umgeben von glücklichen Arbeitern und Kindern mit Blumen zeigt. Das Denkmal ist eines von russlandweit rund 120 zu Ehren Stalins, mehr als 100 davon wurden in Wladimir Putins Amtszeit errichtet.
Wladimir Lenin steht ebenfalls hoch im Kurs: Laut russischen Quellen gibt es zwischen Kaliningrad und Wladiwostok mehr als 5000 Statuen, Büsten und Reliefs des Urvaters der Sowjetunion.
Sogar ein Verwaltungsbezirk existiert, der bis heute an den Revolutionär erinnert: die Oblast Leningrad. Die behielt ihren Namen zu Ehren Lenins nach Zerfall der UdSSR einfach bei, während sich die Millionenstadt, die vom Leningrader Bezirk umschlossen ist, 1991 von Leningrad in St. Petersburg umbenannte.
Auf einen Höhepunkt müssen Russlandbesucher jedoch seit Juli verzichten: Den Besuch des Lenin-Mausoleums, in dem die einbalsamierte Leiche des Bolschewisten-Führers hinter Glas ausgestellt wird – es bleibt bis Sommer 2027 wegen Renovierung geschlossen.
Bleibt die Frage: Ist Russland in diesen Zeiten ein akzeptables Urlaubsziel, soll man dem Land touristische Einnahmen bescheren? Das muss jeder für sich selbst beantworten. Bei uns gilt Reisefreiheit, und die beinhaltet die Möglichkeit, in schwierige Staaten zu fahren; verboten sind Russlandreisen nicht.
Aber sie sind auch nicht automatisch moralisch angemessen. Weshalb wir den Tipp des oben genannten Veranstalters aufgreifen und in leicht abgewandelter Form empfehlen, unappetitliche Gegenden nicht nur nachts zu meiden, sondern generell.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke