Deutschland hat beim Welterbe aus Fehlern gelernt
Beim jährlichen Unesco-Welterbe-Rennen ist es letztlich so ähnlich wie bei Fußball-Weltmeisterschaften. Am Ende zählen nur errungene Titel, Pokale, Ehrungen. Welche Stätten sind so universell einzigartig, dass sie zum Erbe der Menschheit gekürt werden?
Es sind freilich bei der Unesco nur Ehrentitel, also viel Ehr’ und noch mehr Müh’: Es gibt keinen Geldregen, kaum Förderung, keinen echten Schutz, viele Auflagen und noch mehr Kontrolle – aber dafür sind die Titel erstklassig für den Tourismus.
Und da räumt Deutschland regelmäßig ab, das muss man anerkennen. Angefangen hat es 1978 mit dem Aachener Dom, der gleich bei der ersten Welterbe-Kür unter anderem neben den Galápagos-Inseln, Krakau und dem Yellowstone-Nationalpark geehrt wurde.
47 Jahre später, im Juli 2025, wurden als 55. Welterbestätte in Deutschland die Schlösser Neuschwanstein, Herrenchiemsee, Linderhof und das Königshaus am Schachen in den schönsten bayerischen Ausflugsregionen geehrt. Streng genommen wäre das Quartett sogar das 56., wenn nicht 2009 peinlicherweise der Welterbetitel für das Dresdner Elbtal flöten gegangen wäre.
Ranking: Deutschland auf Platz drei
Bei der Unesco ist zwar ein Ranking nach Ländern im Sinne einer Weltrangliste verpönt, welche Regionen und Staaten führen, wird aber dann doch ganz genau im Tourismus ausgewertet. Damit liegt Deutschland mit seinen 55 Welterbestätten im Gesamtklassement auf dem dritten Platz. Italien hat mit 61 Stätten die meisten weltweit, gefolgt von China mit 60 Stätten.
Auch im Schmäh-Ranking ist Deutschland neben Großbritannien und dem Oman prominent vertreten. Es gibt bisher weltweit nur drei aberkannte Welterbetitel: für das Hafenviertel von Liverpool wegen Neubauten, für das verkleinerte Oryx-Antilopen-Schutzgebiet im Oman, und eben für das Dresdner Elbtal wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke. Eine Blamage für Sachsen.
Exklusivität statt Remmidemmi
Nun haben die Bayern abgesahnt: Welterbe für die Schlösserpracht! Dabei hätten eigentlich die vier Traumschlösschen des bayerischen Königs Ludwig II. zwischen Allgäu, Voralpen und Wettersteingebirge solch eine Ehrung gar nicht nötig gehabt, so bekannt wie sie sind. Obendrein wurden sie, pünktlich zur Ernennung, weitestgehend fertig saniert; schwer denkmalgeschützt sind sie ohnehin. Was also hat man von dem Titel?
Neben Reputation und ein bisschen Regionalstolz verweist die Bayerische Schlösserverwaltung auch darauf, dass sie mit dem Welterbetitel die Besuchermassen besser steuern kann. Exklusivität statt Remmidemmi.
So werden etwa im überlaufenen Neuschwanstein die Gruppengrößen bei Führungen künftig auf 45 Personen (bisher waren es 65) und auch die Höchstzahl der Besucher reduziert (bisher etwa 6000 pro Tag).
Wer unterwegs im Allgäu ist und das berühmte Schloss bei Schwangau spontan besuchen will, hat in der Hochsaison Pech gehabt: Man sollte normalerweise mindestens sechs Wochen im Voraus online ein Zeitfenster für eine Führung buchen.
Linderhof: Venusgrotte wieder eröffnet
Auch Linderhof im Ettal mit gut 350.000 jährlichen Besuchern arbeitet an neuen Gästekonzepten. Im Mai, also pünktlich kurz vor Welterbe-Ehrung, wurde die für 60 Millionen Euro restaurierte Venusgrotte im Schloßpark nach knapp zehn Jahren Bauarbeiten wieder eröffnet; seither ist der Besucherandrang zu groß.
Die Venusgrotte ist noch bis 15. Oktober geöffnet, im Winterhalbjahr bleibt sie bis April geschlossen.
Die 90 Meter große künstliche Tropfsteinhöhle mit See, Muschelkahn und dem Gemälde „Tannhäuser bei Frau Venus“ von August von Heckel ist zwar nicht jedermanns Geschmack, Kini-Kitsch eben, zeugt aber von der Fantasiekraft des eigenwilligen Bayern-Königs. Dort glitzern Hunderte große Stalagmiten und Stalaktiten aus Gips und Draht.
Nur das Bergschlösschen am Schachen bei Garmisch-Partenkirchen, von außen ein eher ein schlichtes Alpenchalet, innen prächtig mit seinem „Türkischen Saal“, in dem sich Ludwig II. von orientalisch verkleidetem Personal bedienen ließ, bleibt ein Kleinod.
Das Schachenhaus braucht sich um zu viele Touristen keine Sorgen zu machen: Es gibt nämlich keine Seilbahn. Auf einer Höhe von 1866 Metern thronend, ist es nur nach einem mehrstündigen, ziemlich anstrengenden Fußmarsch zu erreichen, etwa über den Königsweg bei Elmau. Und das auch nur im Sommerhalbjahr, von Juni bis 5. Oktober, es gibt tägliche Gruppen-Besichtigungen um 11, 13, 14 und 15 Uhr.
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