Verlässlich gleitet der IC Richtung Bern. Präzise folgt er dem Fahrplan, man könnte seine Swatch nach ihm stellen. Seit in Basel SBB der Umstieg vom ICE aus Hamburg in den schweizerischen Zug mit Glück wie vorgesehen klappte, haben sich alle Sorgen um ein Gelingen der Reise in Luft aufgelöst.

Schließlich gibt es kein Land der Welt, außer vielleicht Japan, das den Eidgenossen in puncto Pünktlichkeit der Bahn das Wasser reichen kann. Damit das austarierte System nicht aus dem Takt gerät, lässt die SBB (Schweizerische Bundesbahnen) stark verspätete Fernzüge der Deutschen Bahn gar nicht erst über die Grenze. Passagiere müssen dann in Basel Badischer Bahnhof aussteigen und per S- oder Straßenbahn zum schweizerischen Bahnhof SBB fahren.

Doch diese Hürde ist genommen, der Adrenalinpegel gesunken. Fortan heißt es: Ferien im Land der Pünktlichkeit, im Eichamt der Qualität. Nirgendwo finden Perfektionisten eine bessere Erholung von den unvorhersehbaren Tücken des Alltags als in der Schweiz.

Nicht grundlos gilt „Swiss Made“ als globales Gütezeichen, gehören die berühmten Taschenmesser von Victorinox, die Schokoladen von Lindt & Sprüngli oder die Uhren von Breitling, Patek Philippe oder IWC zu den vertrauenswürdigsten Produkten überhaupt.

Tatsächlich veredelt die sprichwörtliche Schweizer Pünktlichkeit das Transportwesen des Landes vom Postbus im hintersten Alpendorf bis zum Glacier Express der Rhätischen Bahn. Man erlebt sie auch im luxuriösen Golden-Pass-Express der Montreux-Berner Oberland-Bahn, in dessen Panoramawagen es sich beim Apero-Plättli herrlich durch die Alpenkulisse schweben lässt.

Die Zytglogge zählt zuverlässig die Stunden

Und natürlich bei den Uhren. Im Herzen der Unesco-geschützten Altstadt von Bern schlägt seit mehr als 600 Jahren die Zytglogge zuverlässig die Stunden. Die mittelalterliche Technik ist dank hingebungsvoller Pflege weitgehend im Originalzustand.

Das Geheimnis: Einfachheit, Genauigkeit und Disziplin. Täglich sorgen vier Zytglogge-Richter für reibungslose Abläufe, bereits die akkurate Anordnung ihrer Werkzeuge zum Aufziehen der Mechanik beeindruckt bei einer Führung durch den Uhrturm.

Diese nachhaltige Qualität prägt in der Schweiz bis heute den Alltag und findet sich gerade auch im vermeintlich Schlichten. Das zeigt sich beispielsweise bei der Berner Jugendherberge. Direkt unterhalb des Bundeshauses im Marziliquartier an der Aare gelegen, besticht sie mit kühner Architektur, Eleganz und einer Designqualität, wie sie andernorts selbst hochexklusive Hotels nicht vorzuweisen haben.

Freistehend, auf ein transparentes Minimum reduziert, verbindet sich der moderne Bau mit der umgebenden Natur mitten in der Stadt. Bodentiefe Fenster öffnen sich zum Fluss, die Materialien der puristischen Gästezimmer sind Sichtbeton, massives Eichenholz, Linoleum und Keramikplatten. Das 1956 vollendete Gebäude des Architekten Peter Indermühle ist denkmalgeschützt, 2018 eröffnete die Jugendherberge nach umfangreicher Modernisierung wieder ihre Tore.

Am anderen Ende der Bandbreite setzt die Schweiz durch ihre 1893 gegründete Ecole hôtelière de Lausanne weltweit Maßstäbe für Eleganz und Gastlichkeit. Exemplarisch zu erleben während eines Aufenthalts im prestigeträchtigen Fünf-Sterne-Haus „Beau-Rivage Palace“, eröffnet 1861 in Lausanne, dessen Geschäftsführer einst besagte Hotelfachschule gründete.

Wo Weltstars logierten

Das „Beau-Rivage“ ist einer jener Schweizer Hotelpaläste, die die globale Vorstellung von einem Grandhotel nachhaltig geprägt haben: palastartige öffentliche Räume, hochelegante Gästezimmer, ein vier Hektar großer Park am Ufer des Genfersees und eine herausragende Servicequalität auf Schritt und Tritt.

Alain Delon, Vera Michalski, Prinz Albert von Monaco, Paloma Picasso, Richard Gere, Karin Viard, Nelson Mandela, der Dalai Lama waren hier nicht ohne Grund zu Gast. Wer hier eincheckt, kommt auch in den Genuss eines exklusiven Spas – sowie natürlich einer ausgezeichneten Küche, vom traditionsreichen „Café Beau Rivage“ bis zum Sterne-Restaurant von Anne-Sophie Pic.

Überhaupt ist die Schweizer Gastronomie bis heute vorbildlich bei der Pflege emblematischer Klassiker. Die Qualität stimmt quer durchs Land von der letzten Berghütte bis zum ältesten Zunfthaus, egal ob Bündnerfleisch, Rösti, Walliser Raclette oder Zürcher Geschnetzeltes aufgetischt wird. Was freilich nicht heißt, dass die Schweiz als Hort kulinarischen Konservativismus zu belächeln wäre.

Für Innovation und Fortentwicklung stehen klingende Namen wie Andreas Caminada, Tanja Grandits, Sven Wassmer. Sie krönen eine lange Traditionslinie, profitiert die schweizerische Spitzenküche doch dank des Fremdenverkehrs schon seit dem 18. Jahrhundert vom Import kulinarischer Impulse.

Zu beobachten ist dies auch bei Franck Pelux. In seinem Gourmetrestaurant im Hotel „Lausanne Palace“ hoch über dem Genfersee erleben Gäste eine innovative Verbindung von französischer Küche, ultraklassischer Saucenkunst und globalen Aromen – exemplarisch: confierter Kabeljau mit Schweizer Miso oder Taschenkrebs-Wantan mit Krustentier-Bisque. Die zwei Sterne des Guide Michelin sind gerechtfertigt.

Sterne und einfache Küche

Auch die einfachere helvetische Küche überzeugt. So etwa im Restaurant „Freibank“ in Bern. Zur Mittagszeit bietet es einen ausgezeichneten Tagessteller, der mit umgerechnet 23 oder (mit Fleisch) 25 Euro für schweizerische Verhältnisse sehr erschwinglich ist. Der zeitgemäße Clou: Zugunsten von Schmorstücken, Innereien und Wurstwaren wird auf sogenannte „Edelteile“ konsequent verzichtet, um einen ganzheitlichen Fleischkonsum zu stärken.

Dazu liegt der Fokus auf vegetarischen Gerichten wie etwa Schupfnudeln mit Bio-Ziegenkäse, Nuss-Pesto und Ratatouille. Da wird so mancher Steak-Liebhaber schwach. Ebenso modern wie nachhaltig und schmackhaft: Das Gemüse, auch als Beilage des Fleischgerichts, ist selbstverständlich saisonal.

Ob Spitzen- oder Alltagsküche, das Fundament der gastronomischen Schweizer Qualität sind herausragende Produkte. Allen voran der Käse, der zurecht weltberühmt ist. Kulturgeschichte, Tradition und Handwerksstolz spiegeln sich in kaum einem anderen Lebensmittel des Landes so deutlich.

Gemütlichkeit im Fonduestübli

Das zeigt sich zum Beispiel in der Berner Altstadt bei den Gebrüdern Bärfuss. Zum Angebot ihres Ladens „Chäshütte“, der seit 1894 besteht, gehören die großen Klassiker – kräftig-cremiger Appenzeller, nussiger Greyerzer, würziger Tête de Moine. Die Köstlichkeiten werden in Referenzqualität und perfekter Reife angeboten, teils auch im eigenen Sandstein-Gewölbekeller unter dem Geschäft sorgsam gepflegt. Ein gemütliches Fonduestübli bietet Platz für bis zu zehn Personen.

Beim einzigen Produkt, das dem Käse in seiner nationalen Bedeutung gleichkommt, erlaubt sich die Schweiz zuweilen eine geradezu waghalsige Innovationsbereitschaft. Ein paar Häuser die Berner Rathausgasse weiter hinunter, gehört die Cioccolateria Nobile zu den besten Schokoladen-Manufakturen der Welt.

Ihr Erfolg liegt in einer Verbindung von Handwerk und moderner Nachhaltigkeit, Bodenständigkeit und Raffinesse. Keine Zusatz­stoffstoffe, keine Konser­vierungs­mittel, kein Palmöl, dafür regionale Zutaten direkt vom Erzeuger wie Heumilch aus dem lokalen Biosphärenreservat; die Kakaobohnen stammen aus fairem Handel. Neben Klassikern gibt es laktosefreie und vegane Schokolade sowie extravagante Pralinen – „Härdöpfu“ mit Kartoffeln, Honig und Fleur de sel beispielsweise oder „Cironé-Chäs und Rüebli“ mit Karotten-Brand und Rohmilchkäse.

Das einzige Manko der Schweiz

Selbst Lausanne, wo sich französische Gourmandise und schweizerische Kompromisslosigkeit vereinen, überrascht mit aufregenden Schokoladen-Kreationen. Traditions-Chocolatier Durig, der ebenfalls ausschließlich feinste Zutaten in Bio-Qualität sowie Fair-Trade-Produkte verwendet, begeistert mit Balsamico-artigen Schokoladen-Essigen, Gewürzschokoladen und Kakao-Pasta.

Wobei seine klassischen Trüffel und Terroir-Schokoladen zeitlos köstlich sind. „Es muss halt gut sein, die Leute sind hier sehr kritisch“, sagt Dan Durig in eidgenössischer Zurückhaltung dazu – und hat damit den Kern getroffen. Zuverlässigkeit, Qualität und Perfektionsstreben bis ins Detail spielen in der Schweiz kulturell eine wesentliche Rolle.

Offenbar von Kindesbeinen an, wie Urlauber bei einem Besuch des weltberühmten Schweizer National-Circus Knie, so sein offizieller Name, erleben können. Seit über 100 Jahren tourt er mit Artisten, Tieren und Clowns durchs Land und versetzt Groß und Klein mit glänzenden Darbietungen in Staunen.

Dass er ständig ausverkauft ist, verwundert nicht. Bei Shows mit drei Dutzend Hengsten in der Manege, bis zu zehn Motorrädern in einer Stahlkugel oder verblüffenden Tanz-Kunststücken wähnt man sich eher in Las Vegas als in Aarau, Zug oder Luzern.

Nach so viel Aufregung ist die Rückkehr in die verlässliche Realität fast etwas ernüchternd. Erwacht da vielleicht ein Quäntchen Heimweh nach dem Abenteuer Alltag, vor dem man eigentlich Urlaub machen wollte? Das ist wohl das einzige Manko der perfekten Schweiz – sie hat keins.

Tipps und Informationen:

Anreise: am besten mit der Bahn, etwa über Basel nach Bern.

Unterkunft: Die Jugendherberge Bern beeindruckt durch ihre Architektur und bietet neben Mehrbett- auch Doppelzimmer mit eigenem Bad, Doppelzimmer ab 150 Euro (youthhostel.ch/de/hostels/jugendherberge-bern). Im prächtigen 5-Sterne-Hotel „Beau-Rivage Palace“ in Lausanne am Genfersee logierten zahlreiche Weltstars, es beherbergt ein Spa mit zwei Pools und das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurant „Pic“, Doppelzimmer ab 468 Euro (brp.ch)

Essen und Trinken: Das Restaurant „Freibank“ in Bern überrascht mit humanen Preisen für köstliche Gerichte mit regionalen Zutaten, Mittagsteller ab 23 Euro (freibank.ch). Das Gourmetrestaurant „La Table“ im Hotel „Lausanne Palace“ in Lausanne besticht mit kreativer französischer Küche, zwei Michelin-Sternen und einem Ausblick über den See, die Stadt und die Berge, Menü ab 227 Euro (lausanne-palace.ch).

Weitere Infos: myswitzerland.com

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Schweiz Tourismus. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit

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