Durch die fantastische Welt des Lago Maggiore
Es war im Sommer vor zehn Jahren, als die Isola Bella weltweit in die Klatschpresse geriet. Von „Gala“ bis „Vanity Fair“ – alle bunten Blätter zeigten Bilder von der Traumhochzeit des monegassischen Adelssprosses Pierre Casiraghi und der italienischen Contessa Beatrice Borromeo, die sich am Bootssteg, im Inselgarten und vor der malerischen Seekulisse ebenso lässig wie attraktiv in Pose warfen. Mit dabei: das Who’s who des internationalen Jetsets. Die Prominentendichte auf dem winzigen Eiland dürfte noch nie so hoch gewesen sein.
Tatsächlich kann man sich kaum einen romantischeren Ort für eine Hochzeit, aber auch für eine Reise vorstellen. Die Terrassengärten mit Statuen, Springbrunnen und Blumen wirken wie aus dem Bilderbuch, im Barockpalast sorgen kostbare Tapeten, antikes Mobiliar und opulent ausgestattete Säle für aristokratisches Flair.
Die Isola Bella, zweitgrößte der vier Borromäischen Inseln im See, bietet eine romantische Vorgeschichte: Graf Carlo Borromeo III. soll den Palast im frühen 17. Jahrhundert aus Liebe zu seiner Frau Isabella d’Adda errichten lassen und schließlich die ganze Insel nach ihr benannt haben. Sie ist eine der drei Borromäischen Inseln, die zwischen März und November besichtigt werden kann.
Der See ist fast 65 Kilometer lang und bis zehn Kilometer breit. Er liegt zum Teil in der Schweiz und zum größeren Teil in Italien. Das Westufer, die Sonnenseite, wirkt ausgesprochen mediterran und ist schon seit Langem ein beliebtes Urlaubsziel – einige der schönen alten Grandhotels, die noch heute Gäste empfangen, zeugen davon.
Ein guter Ort für ein freies Leben
In Deutschland wurde zunächst Ascona bekannt, vor allem, als Anfang des 20. Jahrhunderts Aussteiger aus aller Welt auf den Monte Verità pilgerten, um einen naturnahen Lebensstil mit Veganismus und Nacktheit auszuprobieren. Damals gab es noch keine Klatschpresse, aber die „Pazzi“ – die Verrückten, wie die Einheimischen sie nannten – machten den Berg zum Mekka für alternativ denkende Künstler, Tänzer, Schriftsteller und Philosophen und bescherten Ascona den Ruf, ein guter Ort für ein freies Leben zu sein.
Die Künstlerhäuser präsentieren sich heute als Museumskomplex, zu sehen ist dort unter anderem die permanente Ausstellung „Monte Verità. Die Brüste der Wahrheit“, des genialen Kurators Harald Szeemann, der der utopisch-anarchischen Geschichte des Monte Verità und seiner Umgebung nachspürt.
Das Publikum hat sich inzwischen verändert, aber Ascona ist das gesellschaftliche und kulturelle Epizentrum am Lago Maggiore geblieben – allein die Präsenz von drei Fünf-Sterne-Hotels im Ort ist bezeichnend, denn es sind die einzigen überhaupt auf der schweizerischen Seeseite, die nächsten Luxushotels stehen gut 50 Kilometer weiter südlich in Stresa, am italienischen Seeufer.
Ascona gilt schon seit mehr als 100 Jahren als „the place to be“, der Prominenz anlockte – man denke an den Schriftsteller Erich Maria Remarque, die Malerin Marianne von Werefkin, den Schnulzensänger Roy Black oder Kuschelgeiger Helmut Zacharias.
Zwar lockt der Ort auch Hinz und Kunz aus der Nordschweiz an, die den kurzen Weg in die Sonne schätzen und für eine Pizza auf der Piazza gerne 25 Franken ausgeben. Trotzdem hat sich Ascona seine Grandezza bewahrt.
Die schmalen Gassen mit edlen Boutiquen sind architektonisch erfreulich unverschandelt, im kleinen Museo Comunale an der zentralen Via Borgo werden immer wieder tolle Ausstellungen gezeigt, das sommerliche Open-Air-Jazzfestival lockt auch Musikfans aus dem Ausland an und für den Drink zwischendurch stehen die lässige „Bar Mistral“ in der Altstadt oder die schicke „Marina Lounge“ mit hellen Sonnenschirmen direkt am Seeufer bereit.
Gleich nebenan hat sich das mehrfach preisgekrönte Luxushotel „Eden Roc“ gerade einen Umbau für 20 Millionen Franken gegönnt und pünktlich zu Ostern mit neuer Fassade, großen Fensterfronten und modernen Glasbrüstungen auf den Balkonen eröffnet. Auch hinter der Fassade ist vieles neu: Für das Interior Design zeichnet der exzentrische Tessiner Carlo Rampazzi verantwortlich, dessen farbenfroher und leicht überkandidelter Look auch schon vorher das glamouröse Hotel prägte.
Das beste Fritto Misto diesseits von Venedig
Doch Ascona ist nicht allein das Maß aller Dinge, wenn es um die Highlights am Lago Maggiore geht. Auch die Altstadt des benachbarten Locarno punktet mit romantisch verwinkelten Gassen, hübschen Geschäften und dem sympathischen „Ristorante Cittadella“, das das beste Fritto Misto (frittierte Häppchen) nördlich von Venedig serviert.
Im Sommer stehen auf dem kleinen Platz vor der Tür zwei Handvoll weiß gedeckter Tische, die nie für alle reichen, die hier essen wollen. Schon gar nicht im August, wenn Cineasten aus aller Welt zu den Internationalen Filmfestspielen kommen. Für zehn wunderbare Tage verwandelt sich das beschauliche 16.000-Einwohner-Städtchen dann in eine urbane Mini-Metropole mit Hollywood-Prominenz und Partyleben. Innere Einkehr und ein Wow-Panorama auf den See bietet die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso, die malerisch über Locarno auf einem Felssporn thront.
Wer von Locarno und Ascona aus in Richtung Süden fährt, ist schnell in Italien und dann auch gleich im 5000-Einwohner-Dorf Cannobio. Der erste Ort hinter der Grenze ist unspektakulär, beschaulich und postkartenhübsch, mit einer Uferpromenade voller kleiner Cafés und Eisdielen, und einer Hauptgasse mit Feinkostläden wie dem von Pietro Aguiari, der auf wenigen Quadratmetern selbst gebackenes Früchtebrot, erlesene Pasta-Sorten und besten Käse aus der Region verkauft.
In der Bäckerei Zaccheo werden die mit Pistaziencreme gefüllten Croissants von Stammgästen einzeln für später zum Cappuccino vorbestellt, und im „Caffè Verbano“ an der Piazza lohnen die mit Fisch gefüllten Ravioli jeden Umweg. Am entspanntesten ist die Reise hierher mit einem der nostalgischen weißen Dampfer, die am Seeufer entlang tuckern und in fast jedem Dorf anlegen.
Ein paar Kurven hinter Cannobio liegt das idyllische Cannero Riviera, das aus nicht viel mehr als einem verwunschenen Lungolago, der Uferpromenade, mit dem wie aus der Zeit gefallenen „Park Hotel Italy“ und dem „Ristorante Europa“ besteht.
Fast nur Einheimische, Tessiner und gut informierte Urlauber verirren sich hierher, trotzdem ist an sonnigen Tagen kaum ein Tisch auf der über dem See schwebenden Restaurantterrasse frei. Die Teller mit gebratenen Felchenfilets kommen im Akkord über die schmale Uferstraße aus der Restaurantküche, die in einem für Fischer errichteten Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert untergebracht ist und immer wieder kleine Wunder vollbringt.
Kurz vor Intra steht die Villa Taranto mit ihrem berühmten botanischen Garten. Die 1870 von einem italienischen Grafen erbaute Villa beherbergt heute die Präfektur der Provinz und kann nicht besichtigt werden. Macht nichts – die Hauptattraktion ist ohnehin der Garten: Er wurde 1931 von einem Schotten angelegt, der die Villa in einer Zeitungsannonce entdeckt und gekauft hatte.
Natur, Geschichte und mondänes Flair
Dieser Englische Garten sollte ihn an seine Heimat erinnern – also ließ Neil Boyd McEacharn ein Dahlienlabyrinth mit 350 verschiedenen Sorten und insgesamt 1700 Pflanzen anlegen, einen Teich voller Lotusblumen, unzählige Blumenbeete sowie Rasenteppiche, Kanäle, kleine Wasserfälle und Wasserspiele, die zusammen ein bezauberndes Bild aus Formen und Farben ergeben. Im Garten stehen das Mausoleum mit den sterblichen Überresten des einstigen Besitzers, ein neu im Vintage-Stil gestaltetes Bistro mit Terrasse und ein Café.
Villa Taranto verfügt auch über einen eigenen Schiffsanleger, von dem aus die Dampfer entlang der Küste, vorbei an den Borromäischen Inseln und den prächtigen Villen und Jugendstilbauten von Baveno bis nach Stresa fahren, dem elegantesten Städtchen am italienischen Ufer des Lago Maggiore. Schon im 19. Jahrhundert kamen Reisende aus aller Welt hierher, um die einzigartige Mischung aus Natur, Geschichte und mondänem Flair zu genießen.
Entlang der Seepromenade reihen sich prächtige Villen und Grandhotels aus der Belle Epoque, die schon vor Jahrzehnten vom europäischen Hochadel und vom internationalen Geldadel bewohnt wurden, aber auch von Berühmtheiten wie George Bernard Shaw, Clark Gable, Charlie Chaplin und Gina Lollobrigida. Ernest Hemingway logierte bei seinen Besuchen stets im „Grand Hotel des Îles Borromées“, wo eine Suite seinen Namen trägt.
Heute ist Stresa vor allem für sein sommerliches Musikfestival bekannt, das seit 1961 von Juli bis September stattfindet; sowohl Jazzmusik als auch klassische Konzerte stehen auf dem Programm. Zu den Teilnehmern des Musikevents zählten und zählen Größen wie Martha Argerich, Yehudi Menuhin, Gidon Kremer oder Anne-Sophie Mutter, das London Philharmonic Orchestra und die Wiener Philharmoniker sowie Stardirigenten wie Zubin Mehta und Riccardo Muti.
Fast genauso hochkarätig sind die Locations, an denen die Konzerte stattfinden: In der stimmungsvollen Einsiedelei Santa Caterina del Sasso auf der gegenüberliegenden Seeseite werden jedes Jahr Bachs Violoncello-Suiten gespielt, wechselnde Programme finden in der 1855 am Ortsausgang von Stresa errichteten Villa Pallavicino, in der imposanten Burg Rocca di Angera oder in der eklektischen Villa Ponti in Arona statt.
Zu den schönsten Spielstätten zählen allerdings jene auf den eingangs erwähnten Borromäischen Inseln, etwa im wunderbaren Salone degli Arazzi im Palazzo Borromeo auf der Isola Bella oder die Loggia del Cashmere auf der Isola Madre – eine Open-Air-Bühne, die ihren Namen der imposanten Kaschmirzypresse verdankt, die 1862 in Form einer Tüte frischer Samen aus dem Himalaja kam und vor einem Palazzo steht, der ebenfalls der Familie Borromeo gehört.
Keine Konzerte finden auf der Isola die Pescatori statt, der Dritten im Bunde. Die ehemalige Fischerinsel ist eigenständig und besiedelt, knapp 60 Bewohner sorgen für normales Dorfleben mit Läden, Trattorien, Cafés und Hotels.
Insider reservieren einen Tisch auf der Terrasse des „Ristorante Il Verbano“ und genießen bei Seefisch-Risotto und hausgemachter Zitronentorte den Blick auf Isola Bella und Isola Madre. Wer über Nacht bleiben möchte, bucht ein nettes Hotelzimmer. Alle anderen nehmen den Dampfer zurück nach Stresa oder Ascona. Hinüber zum Festland, wie sie hier sagen.
Tipps und Informationen:
Wie kommt man hin? Locarno ist mit dem Zug über Zürich und Bellinzona zu erreichen (bahn.de), die nächstgelegenen Flughäfen sind Zürich und Mailand. Wer mit dem Auto anreist, hat die Wahl zwischen Gotthard- und San-Bernardino-Tunnel als Tor ins Tessin. Das Seeufer erkundet man am besten mit dem Auto oder mit den zahlreichen Dampfern, die an fast jedem Ort an beiden Seiten der Grenze anlegen (navigazionelaghi.it).
Wo wohnt man gut? „Eden Roc“ in Ascona: Das frisch renovierte Hauptgebäude punktet mit neuer Fassade und eklektischem Interieur, es gibt 95 elegante Zimmer und Suiten, einen eigenen Strand, privaten Jachthafen, Pool, einen 2000-Quadratmeter-Spa und das Gourmetrestaurant „La Brezza“ mit zwei Michelin-Sternen, Doppelzimmer ab umgerechnet 695 Euro (edenroc.ch). „Hotel Lago Maggiore“ in Locarno: Polposition an der Uferpromenade – das neue Vier-Sterne-Haus punktet mit 46 hellen Zimmern und Suiten in zeitgenössischem Design, mit Balkonen mit Seeblick und herrlicher Terrasse, Doppelzimmer ab 177 Euro (lagomaggiorehotel.ch). „Hotel Giardino Lago“ in Minusio: Klassische Seevilla, nur durch einen Spazierweg von Liegewiese und Lago getrennt, mit 15 hellen, modern eingerichteten Zimmern; das „Ristorante Lago“ lockt mit sonniger Terrasse, darüber thront die „Roof Lounge“ wie ein am Ufer vertäutes Schiff, Doppezimmer ab 353 Euro, (giardinohotels.ch). „Hotel Cannobio“ in Cannobio: Ochsenblutrot gestrichen und direkt an der Uferpromenade – das 19-Zimmer-Hotel ist nicht zu übersehen, das historische Gebäude mit Stuck und alten Terrakottaböden wurde im Retro-Look gestaltet, vor der Tür wartet eine sonnige Restaurantterrasse, Doppelzimmer ab 180 Euro (hotelcannobio.com). „Hotel Ghiffa“ in Ghiffa: Das Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert liegt direkt am Seeufer, die 39 Zimmer und Suiten sind teilweise mit Jugendstilmöbeln eingerichtet, viele haben Balkon oder Terrasse mit Liegestühlen und Seeblick, dazu Pool, Privatstrand und gepflegtes Restaurant, Doppelzimmer ab 225 Euro (hotelghiffa.it). „Grand Hotel Majestic“ in Pallanza: Alte Pracht und zeitgenössischer Luxus – das 1860 eröffnete Haus gehört zu den Small Luxury Hotels und lockt mit bester Seelage, 80 wunderbar altmodischen Zimmern und Suiten, einem zauberhaften Garten mit Pool, eigenem Steg und Privatstrand, Doppelzimmer ab 241 Euro (grandhotelmajestic.it).
Weitere Infos: Tessin-Tourismus: ticino.ch; Auskünfte zum See: derlagomaggiore.de/de_DE/home, visit-lakemaggiore.com
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