Deutschlands ambitionierte Pläne, die Reservekräfte der Bundeswehr deutlich aufzustocken, werden offenbar durch strikte Datenschutzregelungen behindert. Das Problem betrifft rund eine Million potenzielle Reservisten, darunter viele ehemalige Soldaten mit Auslandseinsatzerfahrung, berichtet die „Financial Times“ und beruft sich auf den Vorsitzenden des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Patrick Sensburg. „Wir haben ihre Kontakte verloren“, sagte Sensburg demnach. „Es ist verrückt.“

„Wir wissen nicht einmal, ob sie körperlich fit sind oder ob sie wieder dienen möchten“, wird Sensburg weiter zitiert. „Selbst wenn nur ein Viertel dieser Million zurückkäme, hätten wir unser Ziel erreicht.“

Seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 fehle eine verlässliche Erfassung ehemaliger Wehrpflichtiger. Hinzu kämen besonders strenge Datenschutzvorgaben, in Deutschland auch aufgrund historischer Erfahrungen aus der NS-Zeit und der DDR. So können laut Sensburg etwa 93.000 Personen, die in Afghanistan im Einsatz waren, nicht kontaktiert werden – eine Gruppe, die er als besonders wertvoll für die Reserve einstuft.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte angekündigt, dass die Bundeswehr die „konventionell stärkste Armee Europas“ werden soll. Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte erklärt, dass die Bundeswehr bis 2029 kriegstüchtig sein müsse. Ab diesem Zeitpunkt halten Nato-Experten einen russischen Angriff auf Bündnisgebiet für möglich. Darum werde angestrebt, dass bis zum Ende des Jahrzehnts 200.000 aktive Soldaten (derzeit ca. 180.000) sowie 260.000 einsatzbereite Reservisten bereitstehen sollen – gegenüber aktuell etwa 60.000.

Pistorius will dabei auch auf die „Reaktivierung“ ehemaliger Soldaten setzen, um die geplante Aufstockung zu erreichen. Außerdem soll ein neues freiwilliges Wehrdienstmodell laut Bundesregierung absehbar 5000 junge Menschen pro Jahr ausbilden. Doch dieser Beitrag reicht bei Weitem nicht aus, um die Personalziele zu erfüllen.

Deshalb kommt dem Reservistenverband eine entscheidende Rolle zu. Er vertritt nicht nur ehemalige Berufssoldaten und Wehrpflichtige, sondern auch zivile Reservisten. Insgesamt verantwortet er laut Sensburg die Betreuung von zehn Millionen Personen mit militärischem Hintergrund – davon sind allerdings rund neun Millionen über 65 Jahre alt.

Sensburg kritisierte zudem, dass Behörden wie der Beitragsservice des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Bürger binnen Wochen nach einem Umzug kontaktieren könnten, während sein Verband keine rechtliche Möglichkeit habe, Personen mit bereits bekannten Daten zu erreichen.

Das Verteidigungsministerium erklärte auf Anfrage der „Financial Times“, der Schutz personenbezogener Daten sei weiterhin wichtig, betonte aber: „Das Ministerium prüft kontinuierlich, wie die geltenden Datenschutzregelungen mit den Anforderungen der Reservistenarbeit und einer neuen Wehrdienstform in Einklang gebracht werden können.“ Seit 2021 würden ausscheidende Soldaten automatisch als Reservisten registriert.

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